„Findel ist prädestiniert für die Fracht“

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Mit der aufstrebenden Konjunktur geht es auch der Luftfracht wieder besser. Die Erste, die es merkt, ist Hjoerdis Stahl, stellvertretende Generaldirektorin der Luxair-Gruppe und „Miss Cargo“ im Unternehmen.

Helmut Wyrwich

Hjoerdis Stahl findet es schön in Luxemburg. Sie fühlt sich wohl hierzulande und wird hier wohl auch ein Haus bauen. Das Sprichwort „Immobilien machen immobil“ stört sie nicht. Denn sie will hier nicht wieder weg, sagt sie locker.

Dabei hat die tatkräftige Fachfrau in Sachen Fracht in den vergangenen zwei Jahren alles andere als einen leichten Job gehabt. Mit der Krise nämlich brach die Konjunktur ein. Und die Ersten, die so etwas merken, sind immer die Logistiker. Denn wenn es in der Wirtschaft nicht mehr läuft, dann wird auch weniger transportiert.

Hjoerdis Stahl hat das erlebt. Sie, die vom Frachtzentrum auf dem Frankfurter Flughafen nach Luxemburg wechselte, um ein Frachtzentrum zu übernehmen, das ihrer Meinung nach herausragend ist, musste sich 2008 und 2009 damit auseinandersetzen, dass die Fracht fehlte.

„Wir sind ein Flughafen für die Fracht“

Das waren zwei Jahre, in denen die ganze Frau von Hjoerdis Stahl verlangt wurde. Die Frachtmanagerin fand sich auf einmal vor der Tatsache, dass Frachtfluggesellschaften Luxemburg nicht mehr anflogen, dass es Konkurse gab und dass auch nicht mehr genügend Fracht vorhanden war.

Da gab es plötzlich für 158 Mitarbeiter keine Arbeit mehr. „Ich habe damals gelernt, welch ein Sozialverbund ein Unternehmen wie die Luxair ist“, sagt sie im Gespräch mit dem Tageblatt.

„Die 158 Mitarbeiter wurden über alle Abteilungen der Luxair verteilt“, erzählt sie. Sogar in der Finanzabteilung fanden sie sich wieder. In dieser Zeit wurden Wände gestrichen, Wartungsarbeiten vorgenommen, Veränderungen ausprobiert. Die Frachtfrau der Luxair hat die Gabe, Menschen in ihre Idee mitzunehmen. Sie kommuniziert offen mit ihren Mitarbeitern und lässt keine Zweideutigkeiten aufkommen. Als die 158 Arbeitsplätze überflüssig waren, kommunizierte sie das offen und redete in einer Belegschaftsversammlung darüber.

Eine vertikale Hierarchie mag sie nicht. Sie richtete Arbeitsgruppen ein, lud die Cargo-Mitarbeiter ein, daran teilzunehmen. Gute zehn Gruppen haben in der Zwischenzeit Probleme des Frachtbereiches diskutiert und gelöst. Dabei lässt „Miss Cargo“ gleichzeitig keinen Zweifel daran, dass sie die Chefin ist und auch die Entscheidungen trifft. Aber: Sie tut dies ohne Arroganz und aus der Kompetenz heraus, die sie aus ihrem Fachwissen schöpft.

Zu den Neuerungen, die sie 2008 und 2009 eingeführt hat, gehören die Veränderung und bessere Auslastung des Lastwagenparkplatzes, gehört die Parksituation der Flugzeuge, von denen nun insgesamt acht Boeing 747 vor dem Frachtzentrum Platz haben.

Das Jahr 2009 war kein schlechtes Jahr für die Fracht. 672.000 Tonnen fertigte die Luxair ab. Aber das ist noch weit entfernt von dem Jahr 2007, als im Frachtzentrum 900.000 Tonnen umgeschlagen wurden.

Die Krise hat im Personalbereich noch eine andere Auswirkung gehabt. Luxair Cargo beschäftigt 1.135 Mitarbeiter. Als die Fracht ausblieb, verloren die Leiharbeiter ihre Arbeit. „Ich weise im Unternehmen schon darauf hin, dass es dann diese Zeitarbeiter sind, die die eigentlichen Leidtragenden der Konjunktur sind und für die anderen Kollegen die Arbeitsplätze sichern“, meint sie.

Derzeit sind wieder Zeitarbeitnehmer eingestellt. Sie helfen, die wöchentlichen Spitzen zu überbrücken. Für die Luftfracht ist das Wochenende die wichtigste Arbeitszeit. Von Mittwochabend an fahren die Lastwagen am Cargocenter des Findel vor und laden ihre Ware ab. Bis zum Wochenende steigt diese Anlieferung an. Am Wochenende gibt es den meisten Warenumschlag bei den Frachtflugzeugen, deren Waren zum Wochenbeginn auf anderen Erdteilen erwartet wird. Je größer der Stau, desto mehr wird der Einsatz von Leiharbeitern nötig.

Unter der Leitung der Cargo-Chefin sind insbesondere in diesen Bereichen in Arbeitsgruppen Arbeitsabläufe verändert worden, um effizienter zu arbeiten. „Wir haben heute in allen Abfertigungsbereichen Mannschaften, die die Grundauslastung garantieren. Wenn die Belastung größer wird, dann müssen Leiharbeiter helfen“, sagt sie und betont, dass sie den Mannschaften der Grundauslastung auch vor Augen hält, dass deren Arbeitsplätze durch die Leiharbeiter gesichert werden. „Leiharbeit ist eine schwierige Schere“, sagt sie und lässt erkennen, dass ihr die soziale Komponente darin sehr wohl bewusst ist.

„Der Frachtbereich auf dem Flughafen ist fantastisch konzipiert“, sagt sie. „Mein Vorgänger hat hier geniale Arbeit geleistet“, fügt sie an und macht dem heutigen Flughafenchef Brisbois damit ein großes Kompliment. „Nur reicht es nicht, ein so großartiges Werkzeug zu besitzen und dann zu hoffen, dass die Leute automatisch mit ihrer Fracht und mit ihren Flugzeugen kommen. Wir müssen den Frachtbereich bekannt machen und müssen für ihn werben.“ Das geschieht nach und nach.

Das Cargo-Management wird noch in diesem Jahr auf der Welt-Expo in Schanghai für den Frachtbereich werben und auch in Amsterdam bei der dreitägigen Fracht-Tagung zugegen sein. „Wir sind ein reiner Fracht-Flughafen. Die Fluggesellschaften sollten wissen, was für ein Juwel in Luxemburg gebaut worden ist“, meint sie.

Werbung für Findel in der Welt

Sie will sich dabei nicht darauf verlassen, dass die Gesellschaften wie Jade Cargo International, China Cargo oder China Airlines oder auch Cargolux Werbung für Findel machen. „Luxemburg ist prädestiniert für die Luftfracht. Und das müssen wir in der Welt bekannt machen“, meint sie entschlossen. Wobei sie darauf verweist, dass das Nacht-Landeverbot kein gravierender Nachteil mehr ist.

Auf die Konkurrenz rund um Luxemburg angesprochen, wird sie eher nachdenklich. „Ich weiß nicht, wie viele Flughäfen mit Fracht die Region vertragen kann. Hahn vermarktet sich mit den beiden Fracht-Geschäftsführern ganz gut“, gibt sie zu. Bei Bitburg müsse man sehen, was sich ergebe, und dann gebe es noch Lüttich, Maastricht und Amsterdam. „Die Situation für den Cargobereich wird nicht einfacher, wenn Findel nicht für sich wirbt.“