Euro-Staaten streiten über Taktik in Schuldenkrise

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Nach öffentlichem Schlagabtausch über den richtigen Weg im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise haben die Finanzminister der Euro-Länder am Montag in Brüssel ihre Beratungen begonnen.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble plädierte dafür, nach den jüngsten Beschlüssen zur Hilfe an Irland und einem dauerhaften Euro-Schutzschirm nicht schon wieder eine neue Debatte zu beginnen.

Italien und Luxemburg hatten über einen Zeitungsbeitrag die Einführung gemeinsamer Euro-Staatsanleihen gefordert. Belgien sprach sich dafür aus, den bestehenden Euro-Schutzschirm mit mehr Geld auszustatten. Die deutsche Bundesregierung lehnte beides umgehend ab. Die Regierungen sollten die Finanzmärkte zunächst realisieren lassen, welche Entscheidungen die Euro-Staaten getroffen hätten, statt schon wieder die nächste Diskussion zu eröffnen, sagte Schäuble. „Dann braucht man sich nicht zu wundern, dass die Finanzmärkte nicht mehr verstehen, was wir machen.“

Kritik an Junckers Idee

Der österreichische Finanzminister Josef Pröll kritisierte, dass Luxemburgs Premier und Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker seine Idee zu Eurobonds über die Medien „ventiliert“ habe, statt sie am Verhandlungstisch zu besprechen. Er stehe der Sache sehr kritisch gegenüber. „Ich kann nicht akzeptieren, dass Ideen, die gewälzt werden auf europäischer Ebene auf dem Rücken jener ausgetragen werden, die zur Stabilität Europas ganz besonders beigetragen haben“, sagte Pröll und nannte neben Österreich explizit auch Deutschland. Österreich ist ebenso so wie Deutschland dagegen, den Euro-Schutzschirm nach seiner ersten Inanspruchnahme durch Irland aufzustocken. Das will der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, den Euro-Finanzministern raten, wenn er am Abend die Einschätzung des IWF zur wirtschaftlichen Lage der Euro-Zone vorträgt.

Auch Belgien, das derzeit den EU-Vorsitz inne hat, spricht sich dafür aus, den Garantieschirm zu vergrößern. An den Finanzmärkten wird spekuliert, der Bürgschaftsrahmen von noch knapp 700 Milliarden Euro der EU, der Euro-Staaten und des IWF werde nicht ausreichen, wenn nach Irland auch große Euro-Staaten – vor allem Spanien – noch in eine Finanzklemme gerät. Auch für die hoch verschuldeten Euro-Mitglieder Italien und Belgien verteuerte sich die Schuldenfinanzierung über die Märkte bereits.

Euro-Anleihe alt aber interessant

Der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, hat seine Sympathie für gemeinsame Anleihen der Eurozone-Staaten bekundet. „Jacques Delors, der frühere Kommissionspräsident, hat diesen Vorschlag vor vielen Jahren gemacht“, sagte Barroso am Montag am Rande des Treffens der Eurogruppe und fügte hinzu: „Es war nie möglich, zu einer Einigung zu kommen.“ Er sei nicht sicher, ob dieses Projekt heute eine Mehrheit finden würde.

Berlin hat den Vorstoß von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker abgeschmettert, mit gemeinsamen Euro-Anleihen die Schuldenkrise zu überwinden. Der EU-Vertrag lasse dies nicht zu, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin. Außerdem könnten gerade höhere Zinsen die Wackelkandidaten zum Sparen bringen.

Juncker für Euro-Bonds

Juncker fordert eine Aufteilung der Schulden von Sorgenkindern wie Irland und Portugal unter den Euro-Staaten. Nur durch den Aufbau einer gemeinsamen Schuldenagentur, die europäische Anleihen (Euro-Bonds) ausgebe, könne die Krise beendet werden, schrieb der luxemburgische Regierungschef vor einem Treffen der Finanzminister der 16 Euro-Staaten in der „Financial Times“. Co-Autor des Artikels ist der italienische Finanzminister Giulio Tremonti. Ihr Argument: Wenn die Euro-Staaten gemeinsame Anleihen ausgeben, können schwächelnde Staaten nicht durch extrem hoher Risikoaufschläge für nationale Anleihen in die Pleite getrieben werden.

EU-Währungskommissar Olli Rehn bezeichnete die Idee als „intellektuell interessant“ und sagte, sie werde geprüft. Merkel warnte dagegen, eine Nivellierung des Zinssatzes führe zu Wettbewerbsverzerrungen.
„Wir können nicht jede Woche eine neue Debatte beginnen“, kritisierte der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Brüssel. Man müsse den Märkten die Chance geben, erstmal zu realisieren, was vorvergangenen Sonntag in Brüssel entschieden worden sei: eine begrenzte Gläubigerbeteiligung in der Zukunft und das Rettungspaket für Irland.

Merkel gegen Aufstockung des Euro-Schutzschirms

Der Druck der Märkte auf die Euro-Zone hatte sich am Freitag leicht entspannt, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) verstärkt Staatsanleihen von Sorgenkindern wie Irland und Portugal gekauft hatte. Doch am Montag zogen die Zinsen für Staatsanleihen bereits wieder leicht an.
Für eine Aufstockung des Euro-Rettungsschirm gebe es „keine Notwendigkeit“, sagte Merkel. Aus Sicht der Bundesregierung reiche das beschlossene Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung „mehr als aus“.

Die Finanzminister wollten in Brüssel auch weiter an einem permanenten Rettungsnetz arbeiten, das ab 2013 die befristeten Abwehrschirme für Griechenland und den Euroraum ersetzen soll. Die Einzelheiten – darunter die Mithaftung von Banken und Privatinvestoren bei künftigen Staatspleiten – sollen dann auf dem EU-Gipfel Ende kommender Woche beschlossen werden.

Reuters/Dow Jones/dapd