EU hält Rettungsschirm für klamme Iren bereit

EU hält Rettungsschirm für klamme Iren bereit

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In der Schuldenkrise Irlands macht sich Europa vorsorglich auf einen baldigen Hilferuf gefasst: Trotz offizieller Dementis laufen hinter den Kulissen offenbar Vorbereitungen für Nothilfen auf Hochtouren. Die "Irish Times" berichtete am Freitag, es gebe informelle Kontakte zwischen Brüssel, Berlin und anderen europäischen Regierungen zu Hilfen für Irland.

Die dortige Regierung dementierte umgehend, dass ein Rettungspaket geschnürt werde. An den Märkten machten jedoch Spekulationen die Runde, Irland werde nächste Woche oder spätestens Anfang 2011 die Reißleine ziehen. Dann könnte das klamme Land den Gerüchten zufolge rund 80 Milliarden aus dem mit 750 Milliarden Euro bestückten Rettungsfonds von EU und IWF abrufen.

Gerüchte, Dementis

Die Risikoaufschläge für irische Staatsanleihen waren zuletzt auf immer neue Rekordhöhen gestiegen, gaben nach den Berichten über eine mögliche Nothilfe aber leicht nach. Die Gemengelage aus Gerüchten und offiziellen Dementis erinnert an die politisch turbulenten Wochen, bevor sich der Pleitekandidat Griechenland Anfang April in die Arme von EU und IWF flüchtete. Siehe auch:
Irland muss drastischen Sparkurs erneut verschärfen

„Wir haben keine Bitte der irischen Regierung nach Unterstützung erhalten“, teilte die EU-Kommission mit. Das Finanzministerium in Dublin betonte, das Land sei nicht in einer Zwangslage, in der es um Hilfe bitten müsse. Irland braucht vor Mitte 2011 kein frisches Geld. Deutschland setzt daher darauf, dass die Inselrepublik die Krise aus eigener Kraft meistert: „Die Bundesregierung hat nicht den geringsten Anlass, daran zu zweifeln“, teilte das Finanzministerium mit.

Iren verärgert

Die Nervosität am Markt hatte zuletzt nach dem Vorstoß von Frankreich und Deutschland zugenommen, eine Insolvenzordnung für EU-Staaten auf den Weg zu bringen. Deutschland steht unter Zeitdruck, weil die Modalitäten des neuen Euro-Rettungsschirms auf dem EU-Gipfel Mitte Dezember festgezurrt werden sollen. Nach deutschen Planspielen würden nach dem Auslaufen des jetzigen Rettungsfonds ab Mitte 2013 auch private Gläubiger zur Kassen gebeten, wenn Länder ihre Schuldenlast nicht mehr schultern können. Dabei könnten die Laufzeiten der Anleihen verlängert oder aber die Renditen gekürzt werden.

Irland reagierte verärgert auf die Überlegungen des deutsch-französischen Tandems: Diese hätten nicht vorhersehbare Auswirkungen auf die Finanzmärkte, sagte Regierungschef Brian Cowen: „Das war nicht hilfreich.“

Der Hintergrund: Die Aussicht auf potenzielle Verluste treibt die Renditen von schwachen Ländern wie Irland und Portugal in die Höhe. Für Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer drängt sich die Parallele zu Griechenland auf: Er verweist darauf, dass die Rendite zehnjähriger irischer Staatsanleihen auf über acht Prozent gestiegen ist und Papiere Portugals mit sieben Prozent kaum niedriger gehandelt werden.

Wogen glätten

„Bei diesem Zinsniveau hatte Griechenland die weiße Fahne gehisst und das Hilfsprogramm von EU und IWF aktiviert.“ Die Vertreter der Europäischen Union (EU) versuchten angesichts der zuletzt gestiegenen Renditen der Schuldenländer, die Wogen zu glätten. Die Pläne für eine Insolvenzordnung beträfen nur neue Anleihen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Finanzminister von Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien am Rande des G20-Gipfels in Seoul. Bereits ausgegebene Schulden seien nicht betroffen.

Die Regelungen, die eine Beteiligung der Anleger vorsehen, treten demnach erst nach Mitte 2013 in Kraft. Für Irland könnten der geplante Rettungsschirm II zu spät kommen, denn in dem Land türmen sich die Probleme: Es ächzt unter den Folgen der Finanzkrise, die den Bankensektor in Schieflage gebracht hat.

Der Staat musste Nothelfer spielen und Milliarden zur Stützung der Banken investieren, während die Wirtschaft auf Talfahrt ging. In der Folge ist das Staatsdefizit explodiert. Dieses Jahr wird der Fehlbetrag die EU-Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts wohl um mehr als das Zehnfache übersteigen. Die Schuldenkrise auf der grünen Insel hat die Finanzmärkte daher gehörig aufgeschreckt, die Irland nun in einem Atemzug mit Griechenland nennen.

Ein Händler bringt die Stimmungslage auf den Punkt: „Der Markt hat den Glauben verloren, dass es Irland ohne den Rettungsschirm schafft.“

Reuters