Eine Vitrine für das Land

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Am Dienstag hat die zweitägige Konferenz „ICT Spring“ ihre Tore auf Kirchberg geöffnet. Es ist bereits die neunte Ausgabe der Veranstaltung, die vor allem den Luxemburger IT-Sektor in den Vordergrund stellt. Und in den Jahren hat sich die „ICT Spring“ zu einem großen Happening gemausert: Fast 5.000 Teilnehmer aus aller Welt kommen für die zwei Tage ins Land.

Der Andrang auf der „ICT Spring“ war derart groß, dass noch eine halbe Stunde nach ihrem Beginn immer noch eine Menschenschlange von mehr als 100 Metern auf Einlass wartete. Das kommt bei Wirtschaftskonferenzen eher selten vor.

Doch auch das Event an sich ist eher ungewöhnlich aufgebaut. Bei ihrer Gründung vor neun Jahren wurde der Akzent vor allem auf den IT-Bereich im Allgemeinen und den Fintech-Bereich im Speziellen gelegt. Die Idee war, dass sich Menschen aus diesen Sektoren treffen, kennenlernen und dann gemeinsam neue Projekte entwerfen.
Im Jahre 2015 kam ein dritter großer Bereich hinzu: der Weltraum.

Weltraum, Digitales, Fintech und Start-ups

An den zwei Tagen können die 4.600 eingeschriebenen Besucher zu fast jedem Moment auswählen, ob sie sich lieber ein Seminar im Bereich Fintech, eines über Weltraumthemen oder eines über die Digitalisierung anhören wollen. Ein besonderer Akzent wird dieses Jahr auf die Themen „künstliche Intelligenz“ und „E-Skills“ gelegt.

Insgesamt zeigt Luxemburg in diesen zwei Tagen, was sein IT-Sektor, aber auch der Wirtschaftsstandort im Allgemeinen zu bieten hat. Dies wird gemischt mit hochkarätigen Rednern aus dem Ausland, wie etwa einem Direktor der US-Raumfahrtbehörde NASA, der über die Zukunft der bemannten Raumfahrt referieren wird. Rick Tumlison von „Star Century Partners“ redet über die Besiedlung des Weltraums. Auch andere Reiz-Themen wie etwa Kryptowährungen stehen auf dem Programm.

„Die Konferenz ist eine Vitrine für Luxemburg“, so eine Sprecherin der Organisatoren von Farvest. Finanziert wird die Veranstaltung größtenteils von Sponsoren, zu denen auch der Luxemburger Staat zählt. Die Gelegenheit wird ebenfalls genutzt, um Luxemburg als „Start-up-Nation“ zu zeigen. So fand am Dienstag Abend der Wettbewerb „Pitch your Start-up“ statt. Zu gewinnen gab es Preise in Höhe von 100.000 Euro. „Es ist bereits die vierte Ausgabe des Wettbewerbs“, so ein Sprecher des Sponsors Docler Holding. Insgesamt habe es dieses Jahr 180 Bewerbungen aus 35 Ländern gegeben, 16 wurden ausgewählt. Fünf der Mitbewerber stammen aus Luxemburg.

Sehen und gesehen werden

Gastredner Dienstag Morgen war Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel. Er erklärte, dass sowohl Luxemburg als auch die Internetunternehmen „Grenzen und Mauern“ zum Feind haben. Er plädiert für Offenheit und gegenseitigen Respekt. Als Gründe für den wirtschaftlichen Erfolg Luxemburgs zählt er das „auf die nächste große Sache vorbereitet sein“. Daher versuche man die Themen frühzeitig anzugehen. „Die Digitalisierung endet im Chaos, wenn man nicht vorbereitet ist.“

Nicht gut weg bei seiner Rede kam der europäische digitale Binnenmarkt: „Es ist wie beim Monster von Loch Ness“, so Bettel. „Jeder redet darüber, doch niemand hat es gesehen.“ Für große Konzerne sei das nicht so schlimm – für einen kleinen Betrieb sei das Einstellen von Rechtsexperten aus 28 Ländern jedoch ein Albtraum. Bettel ist aber zuversichtlich, dass der Binnenmarkt in Zukunft weiter voranschreiten wird.

Auf der Konferenz musste sich der Premierminister fast wie bei einem Regierungstreffen fühlen. Innenminister Dan Kersch referierte über die Digitalisierung des öffentlichen Dienstes. Finanzminister Pierre Gramegna steht am Mittwoch auf dem Programm.


Mondlandung als Dienstleistung

„Die Zukunft der bemannten Raumfahrt“, so lautete der Titel eines Vortrages von Jason Crusan, Direktor für Advanced Exploration Systems bei der amerikanischen Weltraumbehörde NASA.

Die Raumfahrt sei „heute eine bedeutend größere Industrie“ als noch vor ein paar Jahren und mache im Moment zwei wichtige Entwicklungen durch: das Aufkommen von privaten Unternehmen, wie z.B. SpaceX, und die Fertigstellung neuer nationaler Systeme.
Beide Seiten seien im Begriff, neue Schwerlast-Trägerraketen zu entwickeln, die weiter reichen als nur die erdnahe Umlaufbahn. SpaceX plant sogar eine Reise zum Mars.
Doch als Konkurrenten sieht der NASA-Mann die „New Space“-Unternehmen nicht. Eher als Partner.

„Wir kehren zum Mond zurück“, so Crusan. Doch die NASA wird kein neues Apollo-Programm auflegen, sondern eine Roboter-Mission zum Mond kaufen. „Mondlandung als Dienstleistung“, nannte es Crusan. „Eine große Chance für uns.“

Doch ehe in wenigen Jahren Reisen zum Mond in Mode kommen, wird die NASA mit dem „Deep Space Gateway“ eine Raumstation in die Umlaufbahn des Mondes bringen. „Im Jahr 2022 soll das erste Bauteil seine Reise antreten.“ „Sie wird nur ein Fünftel so groß sein wie die ISS“, sagte Crusan. „In etwa die Größe eines amerikanischen Schulbusses.“ Diese Station wird als Zwischenstation für Mondreisen genutzt werden. So können die Kosten deutlich gesenkt werden.

„Um ein Kilogramm Masse von der Mondoberfläche zur Erde zu bringen, brauchen wir 120 kg Treibstoff“, so Crusan. „Von der Mondumlaufbahn bis zur Erde sind es nur neun Kilogramm.“ Zusätzlich kann vom „Deep Space Gateway“ auch die Erde beobachtet werden. Die Station dient dann auch als Ausgangsbasis für weitere Reisen in die Tiefen des Weltalls.


100 Ideen

Der Platz zwischen den drei Sälen im „Nouveau centre des conférences“ auf Kirchberg war gefüllt mit 100 unterschiedlichen Ständen. Hier stellten junge und alte Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen vor. Die einen auf der Suche nach Kunden, die anderen auf der Suche nach Investoren oder neuen Partnern. Mit dabei etwa die Digital Devotion Group, die ihr Projekt (mit dem Bus durch das Pfaffenthal fahren und durch eine 3D-Brille sehen, wie das Viertel im Jahr 1867 ausgesehen hat) vorstellt.

Mit dabei auch das Unternehmen MuDesign aus dem Technoport in Esch. Es hat eine mit dem Internet verbundene Kamera (für im Haus) in Form einer Eule entwickelt. Die Augen der Eule können Bewegungen folgen. Das Konzept sieht vor, dass die Kamera als Dekoration dient, wenn sie nicht benutzt wird. 12.000 Stück hat das junge Unternehmen mit drei Mitarbeitern bereits verkauft.

„War Gaming“

Mit dabei auch Scanovate aus Israel. Das Unternehmen hat eine Software entwickelt, die Ausweise erkennt und den Inhalt einscannt. „Innerhalb von Minuten können die vom Smartphone eingescannten Daten dann überprüft werden“, so eine Sprecherin. „Und beispielsweise ein Kredit kann schnell gewährt werden.“

Mit dabei auch das Unternehmen GCoreLabs aus Luxemburg und Weißrussland. Es verfügt weltweit über Datenzentren und bietet „ein sehr effizientes Netzwerk, um Inhalte zu liefern“. Ein Kunde ist „War Gaming“. „Gerade für Spieler ist es wichtig, Millisekunden schneller zu sein“, so ein Sprecher. „Und wir bieten die Infrastruktur.“

Mit dabei auch das Projekt ViViBox. Es handelt sich um eine mobile und virtuelle Ausstellung über die Burg Vianden. Wer mit einem Tablett auf ein Bild oder Gegenstand im Raum zeigt, der bekommt mehr Informationen geboten oder eine 3D-Darstellung des Raumes, oder Bilder vom gleichen Gebäude aus unterschiedlichen Epochen. Gleichzeitig wird auch ein virtueller Rundgang angeboten.

Mit Ständen vertreten waren aber auch Beratungsunternehmen, die Luxemburger Handelskammer, der Datenzentrum-Betreiber Ebrc, der Technologiekonzern IEE, die Agentur Luxinnovation, das House of FinTech und noch viel mehr Start-ups.