Die Zeiten ändern sich

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Die Zeiten, wo Bäckereien von einem Mann, seiner Frau und einem Gehilfen betrieben wurden, sind endgültig vorbei. Die Handwerksbetriebe entwickeln sich zu richtigen mittelständischen Unternehmen. Das wurde am Mittwoch auf einer Pressekonferenz der Luxemburger Handwerkskammer in Bascharage deutlich.

Christian Muller
 

Die Zahlen der Handwerkskammer zeichnen ein klares Bild: Wo die im Lebensmittelbereich tätigen Handwerksbetriebe im Jahr 1970 im Durchschnitt vier Beschäftigte in Luxemburg hatten, waren es im Jahr 2009 insgesamt 22 Mitarbeiter. „Die Handwerksbetriebe entwickeln sich zu richtigen kleinen und mittleren Unternehmen“, so Roland Kuhn, Präsident der Handwerkskammer.

Dabei sind es jedoch nur wenige Unternehmen, die gewachsen sind. Die meisten Betriebe haben ihre Tore geschlossen. Heute zählt die Handwerkskammer 257 Betriebe im Lebensmittelbereich, wo es vor 40 Jahren noch 887 waren. Die Anzahl der Angestellten ist im gleichen Zeitraum dennoch von 3.726 auf 5.648 angestiegen. Und diese Entwicklung ist, laut der Handwerkskammer, noch nicht vorbei.
Zu den Lebensmittel-Unternehmen, die in den Einflussbereich der Handwerkskammer fallen, zählen Bäckereien, Metzgereien, das Catering und die Müller.

Gründe für den Konzentrationsprozess in dem Lebensmittelbereich gibt es mehrere. So hat sich beispielsweise die Konkurrenz verschärft. Discounter, Tankstellen und große Supermärkte haben längere Öffnungszeiten und Parkplätze vor dem Geschäft. In Zukunft werde dann noch der Lebensmittelverkauf über das Internet hinzukommen, sagt Jeannette Muller, Lebensmitteltechnikerin bei der Handwerkskammer.

Auch die neuen Regeln – vor allem um die Lebensmittelsicherheit zu garantieren – machen den kleinen Betrieben das Überleben schwer. So dürfen Gemüse und Frischfleisch nicht in einem Kühlschrank liegen. Auch muss in der Verkaufsvitrine das Geflügel von anderen Fleischsorten getrennt sein. Und warme und kalte Gerichte müssen entweder in verschiedenen Räumen oder nacheinander zubereitet werden.

Daneben gibt es noch Vorschriften, was die Verpackung und was die Angaben auf den Verpackungen angeht. „Um all diese Normen respektieren zu können, muss ein Unternehmer richtig viel investieren“, so Jeannette Muller.

Weitere Gründe sind die Schwierigkeiten, einen Nachfolger für den Firmengründer und ganz allgemein um qualifiziertes Personal zu finden. Daneben müssen die Firmen genügend Kunden finden, damit Gewinne erwirtschaftet werden.
Auch mit Platzproblemen hat dieser Bereich des Handwerks zu kämpfen.

Ein Beispiel ist das Unternehmen Peporté, das 1934 in Esch/Alzette gegründet wurde. Es handelt sich um einen Metzgerbetrieb, der ebenfalls einen Partyservice und eine Brasserie im Angebot hat. Als Patrick Peporté und seine Frau Patricia das Geschäft mit den etwa 14 Mitarbeitern übernahmen, mussten sie schwierige Entscheidungen treffen.
„Es war uns nicht möglich, in Esch zu bleiben“, so Patrick Peporté. Heute hat der Betrieb seine Produktionsstätte in einer Gewerbezone in Bascharage und ein Geschäft in Esch. In Bascharage „können die Kunden jetzt gratis vor der Tür parken, die Zulieferer können ihre Waren abliefern – und niemand erhält einen Strafzettel“.

Dieses Problem mit dem Platz gibt es jedoch nicht nur in Städten. Ganz allgemein beschwert sich Roland Kuhn: „In der Stadt sind die Betriebe nicht mehr geduldet, aber in den Gewerbegebieten gibt es nicht genügend Platz.“ Überdies seien die Gewerbegebiete zu teuer, so der Präsident der Handwerkskammer.

Zu den weiteren Herausforderungen, vor der die Branche steht, zählt die Veränderung des Konsumverhaltens der Verbraucher. So gibt es immer mehr Ein-Personen-Haushalte, immer mehr Frauen, die berufstätig sind, und die Bevölkerung wird immer älter.