Die Achterbahnfahrt an den Finanzmärkten

Die Achterbahnfahrt an den Finanzmärkten
(dpa-Archiv)

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Auf der Schueberfouer können die Besucher erst seit dem vergangenen Freitag das tun, was die Börsen weltweit schon seit Anfang des Monats taten: Achterbahnfahren.

Doch was auf dem Glacis den Besuchern Vergnügen bereitet, verursacht bei den Börsianern allenfalls ein Schwindelgefühl bis hin zu schweren Magenverstimmungen. So rauschten an manchen Tagen die Börsenkurse, samt ihrer Leitindizes mit schwindelerregender Geschwindigkeit in die Tiefe, nur um dann am Folgetag wieder steil in die Höhe zu klettern.

Nimmt man einmal die technischen Effekte weg, wie beispielsweise automatische Verkäufe, wenn Papiere unter einen bestimmten Wert, beziehungsweise um einen bestimmten Prozentsatz fallen, so ist es vor allem die Angst der Anleger, die dazu führt, dass sie plötzlich in Scharen Papiere abstoßen. Diese Panikverkäufe lösen weitere Panik aus, was zu weiteren Verkäufen und purzelnden Kursen führt.

Grund für Schwankungen: Psychologie

Durch was dieses Auf und Ab an den Finanzmärkten bedingt ist, lässt sich im Prinzip auf ein einziges Wort reduzieren: Psychologie.

Doch wie steht es um die wirtschaftlich fundamentalen Daten? Rechtfertigen diese die Verlustangst?

Dabei muss man zwei aktuelle Situationen unterscheiden: Das Wirtschaftswachstum und die Schulden öffentlicher Haushalte.

Was vielen Europäern in ihren Ländern mit relativ schwachem Wirtschaftswachstum nicht bewusst ist: Noch nie wuchs die Weltwirtschaft mit einem derart rasanten Tempo wie heute.
Schätzungen zufolge wird das „Welt-BIP“ in diesem Jahr zwischen 3,5 und 5,5 Prozent zulegen – ein noch nie da gewesener Wert.

Global agierende Unternehmen – und diese dominieren die großen Börsen dieser Welt – orientieren sich weniger an den (schwachen) Wachstumsraten einiger europäischer Länder. Für sie ist es vielmehr von Bedeutung, mit welcher Geschwindigkeit die Weltwirtschaft insgesamt wächst.

So viel Wachstum war noch nie

Die Aufsteiger China, Indien, Brasilien und Russland sind eifrige Konsumenten und importieren kräftig Waren. China hat in den vergangenen Monaten sogar immer wieder den Geldhahn seiner Banken etwas mehr zugedreht, um eine Überhitzung der Wirtschaft zu vermeiden.

Natürlich spielt bei diesen Schwellenländern ein Basiseffekt eine wichtige Rolle. Das heißt, da sie von einer niedrigeren Grundlage starten, können ihre relativen, sprich prozentualen Zuwächse wesentlich stärker ausfallen, als das bei den hoch entwickelten Industrienationen der Fall ist.

Doch genau dieses Wachstum ist es, das die Weltwirtschaft gegenwärtig, und sicher auch noch die nächsten Jahre über, befeuern wird. Insofern sind die fundamentalen Daten gut.

Staatsverschuldung in Europa und den USA

Auf der anderen Seite gibt es aber auch den Bremsklotz Staatsverschuldung, vor allem in Europa und in den USA.

Die Höhe der jeweiligen Schulden ist dabei jedoch nicht ausschlaggebend, sondern vielmehr die Relation der Schulden zum Inlandsprodukt.

Einem Gutverdiener mit 150.000 Euro Jahresgehalt werden Schulden von 75.000 Euro weniger ausmachen, als einem Geringverdiener mit 20.000 Euro, der 30.000 Euro Schulden hat. Im ersten Fall beträgt die Verschuldung 50, im zweiten 150 Prozent. Die Rückzahlung der Schulden wird dem Zweiten schwerer fallen als dem Ersten. In der Situation des zweiten Schuldner ist zum Beispiel Griechenland. Will man eine Bankrotterklärung vermeiden, muss man die Schulden irgendwann zurückzahlen.
Tut man das aber zu schnell, bleibt einem kein Geld mehr für andere wichtige Ausgaben.

Angstmacher: Zu strenge Sparprogramme

Und genau davor haben auch die Börsen Angst. Ein zu strenges Sparprogramm der Regierungen Europas und der USA könnte auf der einen Seite direkt in eine Rezession oder zumindest in ein stagnierendes Wirtschaftswachstum führen. Auch der anderen Seite könnte durch die Einsparungen wichtige Ausgaben, wie für Infrastrukturen oder Bildung nicht im ausreichenden Maße getätigt werden, was langfristig unweigerlich zu geringeren Wachstumsraten führen würde.

Schulden lassen sich immer am einfachsten zurückzahlen, wenn die Wirtschaft boomt. Zu strenge Sparmaßnahmen der Regierungen würgen das Wachstum ab und erschweren somit die Schuldenrückzahlungen.

Und dies könnte dann effektiv das langfristige Weltwirtschaftswachstum und somit die Börsen negativ beeinflussen.