Der Zucker als nächster Tabak

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Mit dem Thema sozial verantwortliches Investieren beschäftigte sich die Konferenz der Vermögensverwaltungsgesellschaft Schroders in London.

Wohlstand ist mehr als Wirtschaftswachstum. Zum Wohlstand gehört neben dem inklusiven Wachstum auch die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens. Mit dem Thema sozial verantwortli- ches Investieren beschäftigte sich auch die Konferenz der Vermögensverwaltungs- gesellschaft Schroders in London.

„Es geht um die Frage, wie wir künftigen Wohlstand schaffen“, so Jessica Ground von Schroders. „Denn Investoren wollen heute in der Regel mehr als einfach nur einen finanziellen Gewinn.“ Es gehe heute auch darum, das größere Bild zu sehen. Auch die wachsende Ungleichheit von Vermögen und Einkommen werde heute nicht mehr einfach hingenommen. Das Wachstum müsse inklusiv sein, sprich, vom Wirtschaftswachstum sollen alle profitieren können.

Dazu gehören für Jessica Ground neben den Arbeitnehmern auch die Umwelt. „Die globalen Temperaturen werden weiter steigen“, so die Managerin. „Das ist eine große Herausforderung, wenn wir von künftigem Wohlstand sprechen.“ Denn immerhin müssten althergebrachte Gewohnheiten umgestellt werden, um dem Klimawandel zu begegnen.
Aber auch die Geschwindigkeiten in der Wirtschaft haben sich verändert. „Vor 20 Jahren gab es weder Facebook noch Smartphones“, so Ground weiter. Neue Firmen sind innerhalb weniger Jahre zu Giganten aufgestiegen. „Früher blieben Unternehmen im Durchschnitt 50 Jahre im S&P 500, heute ist das auf zehn Jahre gefallen.“

Auch deswegen sind Investitionsentscheidungen komplexer geworden. „Uns stellt sich die Frage, wer die Verlierer und wer die Gewinner der Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien sind“, so Ground. So werden Kohle- und Ölproduzenten zu den Verlierern gehören, ebenso wie Fluggesellschaften oder die chemische Industrie. Andere hingegen werden auf der Gewinnerseite stehen – vor allem Firmen, die rechtzeitig auf CO2-arme oder -freie Produktion umsteigen. So ist China zwar noch das Land mit den höchsten CO2-Emissionen, aber die Regierung unternehme große Anstrengungen, um den Kohlendioxidausstoß zu verringern. „Und auch US-Firmen, die weltweit ihre Produkte verkaufen möchten, versuchen ihren Verbrauch an fossilen Brennstoffen zu reduzieren, egal, was Donald Trump darüber denkt.“

Kohlendioxid und Arbeitnehmerrechte

Aber Investoren seien sich auch anderer Trends, zum Beispiel im Bereich gesunder Ernährung bewusst. „Es gibt immer mehr Menschen mit Übergewicht und Diabetes“, so Ground weiter. Über kurz oder lang werden sich die Ernährungsgewohnheiten ändern.
„Zucker ist eine weltweite Epidemie. Und Zucker könnte zur nächsten Gesundheitskrise führen, wie der Tabak. Wir sehen, dass der Verbrauch von Fertiggerichten und anderen stark zuckerhaltigen Lebensmitteln zurückgeht“, erklärt Ground, „und auch darauf achten die Investoren heute.“

Außerdem interessieren sich Anleger verstärkt für Asien, aber auch Lateinamerika. „Indien, aber auch Indonesien und Argentinien haben Strukturreformen eingeleitet, die zu niedrigeren Zinsen und damit zu höheren Wachstumsraten führen werden“, erklärt Abdallah Guezour, Fund Manager für Emerging Market Debt bei Schroders. Aber auch Brasilien sei wieder auf einem guten Weg. Venezuela habe hingegen ein Problem bei der Legitimität der Regierung, so Guezour.

Auch Angus Hui, Fund Manager bei Schroders, sieht in Asien weiterhin großes Wachstumspotenzial. „Gerade vielen Technologiefirmen in China geht es extrem gut“, so Hui. „Allerdings muss man auch sagen, dass der Onlinehandel in China nicht so gut funktioniert, wie er könnte, denn der traditionelle Einzelhandel ist immer noch sehr stark.“ Hui geht davon aus, dass in den kommenden Jahren noch sehr viele Technologie-Firmen in China an die Börse gehen werden. Und es sind gerade die Technologiefirmen, die aufgrund starker Produktitivätszuwächse die Kosten senken. Das wirkt sich letztendlich deflationär aus.

Da diese Firmen ein wachsendes Gewicht in der Volkswirtschaft Chinas haben, dürfte sich das künftig positiv auf die Zinssätze und damit auch auf das generelle Wirtschaftswachstum auswirken. Auch Tom Wilson, Head of Emerging Market Equities bei Schroders, ist zuversichtlich für die wirtschaftliche Entwicklung in Asien. „Asien ist ein junger Markt“, so Wilson, „er ist zwar stark Retail-orientiert und volatil, hat aber eine starke Wachstumsbasis.“

Ähnlich sieht das auch Angus Hui. „China ist in einer frühen Phase seiner Wirtschaftsentwicklung“, so Hui. „Der Markt ist sehr groß, aber vor allem durch Binnenkonsum geprägt.“ Und die Regierung sei gewillt, schrittweise den Markt auch für ausländische Investoren zu öffnen. Insofern erhofft man sich bei Schroders auch künftig gute Investitionsmöglichkeiten in China.


Das Amazon-Paradoxon

Niedrigzinspolitik und Geldschwemme sollen zu steigenden Preisen, sprich höherer Inflation führen – so zumindest die gängige Vorstellung. Das Beispiel Amazon zeigt, dass auch genau das Gegenteil der Fall sein kann – ein klarer Hinweis auf die Schwächen der monetaristischen Theorie.

„Amazon macht seit Jahren vergleichsweise geringe Gewinne und schüttet kaum Dividende aus“, erklärt James Sym von Schroders. Dennoch geben Investoren bereitwillig Geld in der Hoffnung auf künftige kräftige Dividenden. Doch der Umfang, in dem das geschieht, ist nur möglich, da es gegenwärtig für Liquidität so gut wie keine Rendite gibt. Deswegen investieren Anleger in Amazon, obwohl es auch da kaum Rendite gibt – aber vielleicht in Zukunft geben wird.

Auch dank der Investoren ist Amazon mittlerweile zum größten Einzelhändler der Welt aufgestiegen und drückt kräftig die Preise im Einzelhandel. Die Geldschwemme der Zentralbanken führt auf diese Weise zumindest im Bereich Retail zu deflationären Bewegungen – also genau zum Gegenteil der Intention von EZB, Fed & Co.
Nebenbei vernichtet die aggressive Expansionspolitik von Amazon wesentlich mehr Arbeitsplätze im klassischen Einzelhandel, als durch den Onlinehandel – im Niedriglohnsektor – geschaffen werden. Die schwindende Kaufkraft durch Jobabbau und Niedriglöhne wirkst sich ebenfalls deflationistisch aus.