/ Der Besuch der Präsidenten

Christian Muller
Tageblatt: Was ist das Ziel dieses Treffens?
Philippe Maystadt: „Die Präsidenten dieser multilateralen Entwicklungsbanken treffen sich regelmäßig, zweimal im Jahr. Untereinander diskutieren wir dann über unsere Funktionsweise und wie wir uns besser untereinander abstimmen können.
Traditionell beginnt das Treffen mit einem Vortrag des Internationalen Währungsfonds über die aktuelle wirtschaftliche Lage und einem Bericht der verschiedenen Banken über die Entwicklung ihres Eigenkapitals.
Danach wird über drei Themenfelder diskutiert werden: die Finanzierung der Bekämpfung des Klimawandels, den Kampf gegen Korruption und Geldwäsche sowie über eine Verbesserung der Zusammenarbeit der multilateralen Entwicklungsbanken.“
„T“: Warum findet das Treffen in Luxemburg statt?
P.M.: „Die Treffen finden abwechselnd bei den verschiedenen Banken statt. Luxemburg war heute zum ersten Mal an der Reihe.
Die EIB ist jedoch noch nicht so lange Mitglied in dieser Gruppe, da wir eigentlich keine richtige multilaterale Entwicklungsbank sind. Unser Aktionariat ist nämlich nicht allumfassend – allein die Mitgliedsländer der Europäischen Union sind unsere Aktionäre.
Nach einem Gespräch mit dem früheren Präsidenten der Weltbank sind wir dann doch, seit dem Jahr 2000, Mitglied im Klub.
Als der Weltbank bewusst wurde, welche finanzielle Macht die EIB hat – etwa dass die EIB doppelt so viele Finanzierungen außerhalb der Europäischen Union durchführt wie die Afrikanische Entwicklungsbank insgesamt –, wollten sie uns mit dabei haben.“
„T“: Wie soll die Zusammenarbeit zwischen den multilateralen Entwicklungsbanken verbessert werden?
P.M.: „Die Zusammenarbeit besteht schon heute. Aber wir wollen sie systematischer gestalten – vor allem bei Projekten, die von mehreren Entwicklungsbanken gemeinsam finanziert werden.
Was die EIB angeht, so waren von den 8,8 Milliarden Euro an Darlehen, die wir 2009 außerhalb Europas vergeben hatten, 53 Prozent für Projekte bestimmt, an denen mehrere Entwicklungsbanken beteiligt waren.
Wenn nun jede Institution, die an einem co-finanzierten Projekt beteiligt ist, ihre eigene Analyse und ihre eigene Projektverfolgung macht, dann wird viel Zeit und Geld verschwendet. Warum sollen wir mehrmals die gleiche Arbeit machen und die Initiatoren des Projekts verpflichten, mehrmals die gleichen Dokumente einzureichen?
Die Idee wäre, bei jedem Projekt einen ’Leader‘ zu bestimmen.“
„T“: Können Sie den anderen denn vertrauen?
P.M.: „All denen, die heute am Tisch sitzen, kann man vertrauen. Schlussendlich hängt auch viel davon ab, um welche Bereiche es sich bei den Projekten handelt. Als EIB haben wir beispielsweise hoch spezialisierte Teams, die sich um Energie- und Wasser-Projekte kümmern können. Die Weltbank hingegen hat größeres Fachwissen in den Bereichen Gesundheit und Ausbildung.“
„T“: Warum beteiligt sich die EIB nicht direkt an der gemeinsamen Korruptionsliste, über die beim Treffen diskutiert wurde?
P.M.: „Es handelt sich eher um einen Austausch von Informationen als um eine gemeinsame Liste. Jede Entwicklungsbank führt ihre eigene ’schwarze Liste‘ von Unternehmen, die bei Korruption erwischt wurden und mit denen einige Jahre – je nach Schwere des Vergehens – keine Geschäfte mehr gemacht werden. Jetzt sollen diese Listen untereinander ausgetauscht werden, so dass ein Unternehmen, das von einer Bank ausgeschlossen wurde, auch mit den anderen keine Geschäfte mehr tätigen kann.
Die EIB hat jedoch ein juristisches Problem. Wir unterliegen dem EU-Recht, der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofs und müssen uns an die europäischen Datenschutzbestimmungen halten.
Derzeit führt die EU-Kommission ihre eigene ’schwarze Liste‘ – deren Inhalt jedoch nicht publik gemacht werden darf. Dementsprechend können wir das Abkommen nicht unterzeichnen, wir müssen die Vertraulichkeit der Daten respektieren. Wir werden uns jedoch freiwillig an die Entscheidungen der anderen Banken halten und mit den betreffenden Unternehmen auch keine Geschäfte mehr tätigen. Nur können wir nichts zu diesem System selber hinzufügen.“
„T“: Wie viel Geld wollen Sie alle zusammen ausgeben, um den Kampf gegen den Klimawandel zu finanzieren?
P.M.: „Es ist schwierig, eine genaue Zahl zu nennen. Letztes Jahr hatte die EIB rund 17 Milliarden Euro in Projekte gesteckt, um CO2 einzusparen. Dieses Jahr soll die Zahl auf über 20 Milliarden ansteigen.
Der Großteil dieser Gelder wurde jedoch innerhalb Europas ausgegeben. In Kopenhagen wurde entschieden, dass die alten Industrienationen zusätzliche Gelder in Höhe von 30 Milliarden Euro aufbringen sollen, um Klimaschutz-Projekte in Entwicklungsländern zu finanzieren. Die Banken wollen nun ihr Kapital nutzen, um mit günstigen Krediten, die die staatliche Hilfsgelder ergänzen, eine Hebelwirkung zu erzielen.“
„T“: Haben Ihre Besucher noch weitere Verpflichtungen in Luxemburg?
P.M.: „Das weiß ich nicht. Wir werden sie hier empfangen – aber die haben eine sehr enge Terminplanung.
Ich weiß nur, dass einige von ihnen den Besuch in Luxemburg mit dem Besuch von anderen europäischen Hauptstädten verbinden.“
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