Das Festival der Fonds

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Die europäische Hauptstadt für Investmentfonds heißt Luxemburg. Das Festival
der europäischen Fonds aber findet in Paris statt. Für einen Abend exportiert sich Luxemburgs wichtigste Finanzbranche nach Paris. Und das hat seinen Grund.

Ende der 1990er-Jahre waren Journalisten europäischer Zeitungen der Meinung, dass man eine Branche, die grenzüberschreitend ihre Produkte verkauft, auch grenzüberschreitend darstellen muss. Wer weiß schon, dass er, wenn er in Deutschland einen Fonds kauft, dann in der Regel ein Depot in Luxemburg oder in der Schweiz öffnet? Sichtbar ist das nicht.

Denn in Luxemburg werden die Kontoauszüge für Depots rund um die Welt erstellt. So erhält der deutsche Kunde Post von seiner Bank, inhaltlich aber wird der Depot-Auszug mit der steuerlichen Komponente in Luxemburg geschrieben. Sie stützten sich bei der Realisierung ihrer Idee auf eine Methode, APT, und einen Mann, François Chauvet.

Factsheets für über 22.000 europäische Fonds

Steve Ross hatte 1976 in den USA mit dem „Average Pricing System“ eine Bewertungsmethode entwickelt, die allgemein anwendbar war. Die Datenbasis des Systems deckt alle Anlageklassen ab. Es gibt keine Begrenzung etwa zur Größe der Fondsgesellschaft oder ihrer Zugehörigkeit zu irgendwelchen Indices. Die mathematischen und statistischen Entwicklungen des Systems erlauben, Arbitrage-Faktoren eines zu verwaltenden Fonds-Universums herauszuziehen und systematische Faktoren zu erkennen.
Das Modell APT erlaubt es Fondsverwaltern, Risiken zu erkennen und ein Depot nach vielen Variablen zusammenzustellen.

Das können ökonomische, regionale, monetäre oder auch sektorielle sein. Chauvet verfügt über weit mehr als 180 Variablen. Die Berechnungen erlauben es, die Risiken herauszuarbeiten und Indikatoren zu entwickeln, die vertrauenswürdige Aussagen über die eine Fondsentwicklung zulassen. In seiner Datenbank verzeichnet Chauvet heutzutage Daten von mehr als 22.000 europäischen Fonds.

Der Ingenieur und Wirtschaftswissenschaftler François Chauvet sah sich in den Diskussionen häufig seltsamen Vergleichen ausgesetzt. So steht ein Anleger vor der Welt der Fonds wie der Käufer einer Flasche Wein vor dem riesigen Weinregal des Hypermarkts Auchan. Was ist gut? Welches Risiko gehe ich beim Kauf ein?, lauteten die Fragen.
In der technischen Umsetzung ergab sich daraus bereits Anfang dieses Jahrhunderts ein Factsheet jedes einzelnen bewerteten Fonds, lange bevor die europäische Fonds-Vereinigung Efama ihr Factsheet KIT schuf. Bei Fundclass in Paris, wie die Gesellschaft heute heißt, gibt es Factsheets für über 22.000 europäische Fonds.

Auch negative Bewertungen möglich

Das heute angewendete System zur Vergabe der europäischen Preise fasst zunächst gleichartige Fonds in Gruppen zusammen. Es kann sein, dass eine Gruppe nur aus drei oder vier Fonds besteht. Es kann aber auch sein, dass sich in einer europäischen Gruppe mehrere Tausend Fonds befinden. Innerhalb der Gruppe wird dann der Risikofaktor mit der Performance berechnet.

Die Zuordnung von Investmentfonds zu einer Gruppe erfolgt nach der Prüfung des Fonds. Dabei gab es durchaus Schwierigkeiten. So hätte eine Fondsgesellschaft einen Fonds mit mehrheitlichen Japan-Investments gerne in der asiatischen Gruppe gesehen, weil der Fonds dort mit „sehr gut“ beurteilt worden wäre. In der Japan-Gruppe aber, in die er hineingehörte und in die er eingeordnet wurde, war er nicht so gut.

Zur Beurteilung der Fonds entschied sich die journalistische Arbeitsgruppe für das Sterne-Prinzip. Allerdings: Wo das Sterne-Prinzip im positiven Bereich aufhört, geht Eurofonds den Schritt in die negative Beurteilung weiter. Eurofonds kennt auch Fonds, die nicht gut sind und beurteilt sie entsprechend mit „-1“ und „-2“. Die Fondsgesellschaften schätzen das nicht. Eurofonds macht damit aber auch keine Reklame. Schwierig wird die Berechnung der Güte der Managementgesellschaften. Kann man ernsthaft eine Gesellschaft, die vier bis sieben Fonds für den öffentlichen Verkauf verwaltet, mit einer vergleichen, die über 100 Fonds aufgelegt hat?

Luxemburg ist Pate der Veranstaltung

Auch das geht nicht. Chauvet, Absolvent der Stanford University, entwickelte ein System der Punktvergabe pro Fonds, um die Vergleichbarkeit der Managementgesellschaften herzustellen. Heutzutage werden diese Gesellschaften in gleichartige Gruppe eingeordnet. Damit werden kleine Gesellschaften mit kleinen und große mit großen verglichen.
Die Arbeiten zwischen Journalisten und François Chauvet wurden 2006 im Eesentlichen abgeschlossen. Der „European Fund Award“ wurde als Folge der Arbeiten eingerichtet. Er feierte im vergangenen Jahr seinen zehnten Geburtstag.

Der Ort der Preisvergabe ist ein europäischer Kompromiss. Paris als Veranstaltungsort bot sich an, weil alle Entwicklungsarbeiten dort stattfanden, Luxemburg Europas Hauptstadt der Investmentfonds ist und das Tageblatt die Entwicklung wesentlich beeinflusst hat.
Verändert haben sich allerdings die Medien, die den Award heutzutage tragen: Le Monde ist ausgeschieden, der Nachrichtensender LCI dafür als Partner eingestiegen. Luxemburg als größter europäischer Fonds-Standort ist Pate der Veranstaltung. Ein Mitglied der luxemburgischen Regierung ist stets ihr Schirmherr. In der Auflage 2018 hat Finanzminister Gramegna diese Aufgabe übernommen.

Die Auflage 2018 findet am 8. März in Paris statt. Das Tageblatt wird in einer späteren Ausgabe auf die Veranstaltung zurückkommen.