Das Ende des Tunnels ist in Sicht

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Die europäischen Telefonriesen sehen wieder Land: Die Umsätze schrumpfen nicht mehr ganz so stark, die Deutsche Telekom wächst sogar wieder. Lange fühlten sie sich gegängelt. Nun finden die Konzerne selbst bei Politik und Wettbewerbshütern mehr Gehör.

Lange waren die vierteljährlichen Berichte der europäischen Telefonriesen ein Krampf. Den Investoren schrumpfende Umsätze und Gewinne schmackhaft zu machen – das war mühsam. Die Europäer drohten den Anschluss an die US-Rivalen zu verlieren, bei den Netzen, bei der mobilen Datennutzung, und nicht zuletzt beim Geld. In der Branche malten Manager schon Schreckgespenste an die Wand: Etwa das vom US-Telefonriesen AT&T, der mit gut gefüllten Taschen über den Atlantik kommen könnte und sich einen Konzern wie Vodafone einfach einverleiben könnte.

Dazu ist es nicht gekommen. Gespräche gab es Gerüchten zufolge aber sehr wohl. Zwar soll das Szenario der übermächtigen Konkurrenz aus Übersee vor allem Regulierer und Politiker aufscheuchen, deren Einfluss auf die großen Vorzeigeunternehmen dann schwände. Aber unrealistisch ist es nicht: Der mexikanische Milliardär Carlos Slim und seine in Lateinamerika mächtige America Movil haben kürzlich bei der Telekom Austria mit ihren rund 23 Millionen Kunden in Österreich und Osteuropa die Kontrolle übernommen. Bei der niederländischen KPN war er im vergangenen Jahr mit Plänen zur Komplettübernahme noch gescheitert.

Firmen fassen wieder Tritt

Da kommt es gerade recht, dass die Großen aus Europa, die britische Vodafone, die spanische Telefonica, die französische Orange und allen voran die Deutsche Telekom wieder Tritt fassen. Die Telekom wächst bereits wieder, weil die Bonner kräftig in den US-Markt investiert haben. Vodafone schickt sich an, bald erstmals seit dem Frühjahr 2012 konzernweit aus eigener Kraft mehr für Telefonie und Daten in Rechnung zu stellen. Die Trendwende bei den Briten sei beeindruckend, konstatieren Analysten wie Akhil Dattani von der US-Investmentbank JPMorgan. Auch bei Orange und Telefonica sah es wieder besser aus.

Die Ratingagentur Moody’s rechnet auch im kommenden Jahr weiter mit Fortschritten – wenn auch kleinen. «Wir erwarten, dass die Umsätze im Sektor in den kommenden 12 bis 18 Monaten zwischen 2 und 0,5 Prozent zurückgehen – nach 4 Prozent im vergangenen Jahr», sagt Moody’s-Branchenexperte Carlos Winzer.

Der Wettbewerb bleibt hart

Rosig dürften die Zeiten zwar noch lange nicht werden. Harter Wettbewerb und die schwächelnde Konjunktur in Europa sind weiter ein Klotz am Bein. Aber – so heißt es bei Moody’s – die Regulierer dürften dem Sektor nicht mehr arg so zusetzen, nachdem den Unternehmen aus den Kabelnetzen und dem Internet neue Konkurrenz erwachsen ist.

Zum einen erlaubte die EU-Kommission im Sommer die deutsche Fusion zwischen Telefonica Deutschland und E-Plus. Das könnte Signalcharakter haben. Telekom-Chef Tim Höttges trommelt zudem schon länger gegen die Googles, Facebooks und Skypes dieser Welt, die mit ihren Dienstleistungen zu direkten Rivalen der Telekom geworden sind, aber keine eigenen Netze unterhalten müssen.

Der Chef schwärmt

Beim neuen EU-Digitalkommissar Günther Oettinger scheint er Gehör zu finden. Zwar sitze die Frustration über manche Dinge weiter tief, verriet Höttges bei der Vorlage der Quartalszahlen. Aber: „In meinen 14 Jahren bei der Telekom habe ich noch nie eine so positive Haltung deutscher Politiker erlebt, auch von den Aussagen europäischer Politiker wie Präsident Juncker und Herrn Oettinger“, schwärmte er in Richtung der neuen EU-Kommission.

Es gehe darum, Fusionen kleinerer und regionaler IT- und Telekomanbieter auf europäischer Ebene zu fördern, hatte Oettinger zuletzt in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ gesagt. „Der europäische Telekommarkt ist im Vergleich zum amerikanischen zu fragmentiert und zu ertragsschwach.“ Experten wie Dominik Klarmann von der britischen Investmentbank HSBC sehen darin eine klar branchenfreundliche Ausrichtung. Auch Kanzlerin Angela Merkel hatte sich für eine Reform des Wettbewerbsrechts im Telekomsektor ausgesprochen.

Die Stoßrichtung ist klar: Investitionen für schnelles Internet brauchen Geld, eigenständige Unternehmen aber auch. Die Manager denken aber wohl kaum nur defensiv: Wer am sichersten auf eigenen Füßen steht, der kann sich auch innerhalb Europas die Sahnestücke für Übernahmen raussuchen.