Cattenom-Chef: „Kernkraft ist saubere Energie“

Cattenom-Chef: „Kernkraft ist saubere Energie“

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Den vier Kernkraftwerken in Cattenom hinter der luxemburgisch-französischen Grenze in Lothringen geht es gut. Dort wurde 2017 mehr Strom produziert, wurden neue Arbeitsplätze geschaffen und es wurde kräftig investiert.

Thierry Rosso ist der neue Chef der Atomkraftwerke in Cattenom. Früher hat er Frankreichs ältestes Kernkraftwerk am Rhein, Fessenheim, geleitet. Von daher sollte er wissen, wie man mit internationalen Medien umgeht. Denn in Fessenheim wehte ihm der Wind aus Deutschland und aus der Schweiz ins Gesicht. In Cattenom sind es Luxemburger und Deutsche aus dem Saarland und aus Rheinland-Pfalz, die seine Kernkraftwerke nicht mögen. Thierry Rosso ist überzeugt von der Kernkraft. Das muss er in seinem Job. Aber Thierry Rosso kann mehr. Er ist ein exzellenter Verkäufer der Kernkraft.

Er bringt früh am Dienstag seine vier Kraftwerke wie ein routinierter Verkäufer an den Mann. Rosso kann überzeugen, geht während der Jahrespressekonferenz routiniert und auch autoritär mit den Journalisten um. Sein Credo ist, dass Atomenergie sauber und ohne Risiko ist. „Sie erzeugt kein Kohlenstoffdioxid wie die deutschen Kohlekraftwerke“, sagt er. Andererseits geht Rosso mit Tatsachen auch ehrlich um. „Das Jahr 2017 war schlecht“, sagt er. Es gab zu viele Pannen. Im Bereich der Sicherheit waren es alleine 52, davon vier auf dem Niveau 1, das Anomalien beschreibt.

Es gab vier sicherheitsrelevante Pannen, die strukturell den gesamten französischen Kernkraftpark mit 58 Reaktoren betrafen. In der Strahlungssicherheit gab es acht Vorfälle, sieben Mal war die Umwelt betroffen und einen Transport-Zwischenfall gab es auch. Für Rosso ist das nicht hinnehmbar, macht er kurz deutlich. Zumal er 25 Besuche von der Atomaufsicht erhielt, davon sieben unangemeldet. Das zeugt nicht von besonderem Vertrauen.

Import aus dem Ausland

Aber das ist eigentlich weniger wichtig. Rosso will die guten Seiten „seiner“ Kernkraftwerke hervorheben. Die haben im vergangenen Jahr 36,73 Milliarden Kilowattstunden produziert. Das sind zehn Prozent der gesamten französischen Stromleistung. Die aber war 2017 immer noch nicht groß genug, um damit Frankreich zu versorgen. Im Winter importierte Frankreich Strom aus Spanien und Deutschland. Und irgendwann blieben die Züge hinter Thionville wegen Strommangels stehen.

Es gibt auch Widersprüche. Während bei der Darstellung des Kraftwerkschefs deutlich wird, dass man in Mainz, Luxemburg und in Saarbrücken auch mit Kopfständen an der Situation nichts wird, hört man im morgendlichen Interview auf dem Radiosender France Inter ganz andere Töne. Er habe noch nie einen Hehl aus seiner Überzeugung gemacht, dass die Atomenergie kein Zukunftsmodell sei, sagt der für die Kernkraft zuständige Umweltminister Nicolas Hulot. Frankreich will ja auch seine Kernkraft um 50 Prozent reduzieren. Nur: „Wann“ ist die große Frage, auf die Hulot auch keine Antwort gibt.

Cattenom wird nicht geschlossen werden

Cattenom wird sicher nicht zu den Atomparks gehören, die in absehbarer Zeit geschlossen werden. Dazu ist die Anlage wirtschaftlich zu wichtig. Immerhin arbeiten 1.360 Menschen an Ort und Stelle. In die Wartung der Anlage wurden im vergangenen Jahr 93 Millionen Euro gesteckt. Wirtschaftsfaktor ist die Anlage auch in anderer Hinsicht. Aus den Kraftwerken fließen 104,7 Millionen Steuern in die Kassen des Dorfes, des Kommunalverbandes und des Départements. Da verblasst jedes Gegenargument. Zumal sich der Atompark dann auch noch gesellschaftlich engagiert: im Sport, bei der Bildung und den Vereinen.

Zusätzlich kann er vermelden, dass neue letzte Dieselaggregate gebaut werden. Jeder Reaktor besitzt bisher fünf Energiequellen. Das reicht nicht, befindet die Aufsicht. Jetzt wird – entfernt von allen Stromquellen – ein sogenannter „letzter Dieselmotor“ in einem eigenen Haus gebaut, der dann anspringen soll, wenn alle anderen Anlagen versagen. Jede Installation kostet 30 Millionen Euro. Handel, Industrie und Gewerbe jenseits der Grenze freuen sich über solche Auflagen, die Geld in die Kassen spülen und Arbeitsplätze sichern.

Geplante Wartungsarbeiten

Das gilt auch für die jährlichen Wartungsarbeiten. Reaktor zwei stand im vergangenen Jahr von Mitte Februar bis Mitte Mai still. In den 88 Tagen wurde er teilüberholt. 1.800 Arbeiter machten sich an dem Reaktor zu schaffen. Sie tauschten u.a. ein Drittel der 92 Brennstäbe aus oder reinigten chemisch den Dampfgenerator. Der Austausch eines Drittels der Brennstäbe wurde 45 Tage lang von 1.000 Kraftwerkern ebenfalls zu Wartungsarbeiten genutzt.

„Arbeiten in einem Atomkraftwerk ist sicher“, sagt Thierry Rosso und führt die Unfallstatistik an. „Wir haben 1,9 Unfälle pro eine Million Arbeitsstunden.“ Und um zu zeigen, wie gut man sei, führt er gleich die Unfallstatistiken anderer Berufszweige an, wie im Bau oder Servicebereich. Der Vergleich soll zeigen, wie gut Cattenom dasteht. Selbst in der Irradiation ist die Anlage „natürlich“, meint er.

Wer in Cattenom arbeitet, der erhält nur eine Verstrahlung von 0,278 Millisievert. Und dann kommt gleich der Vergleich: Zugelassen seien 20 Millisievert, die aber von keinem EDF-Mitarbeiter überschritten würden. Wer dagegen seinen Darm scannen lasse, der erhielte gleich eine Dosis von zehn Millisievert.

Der Atompark wird im gerade begonnenen Jahr ein Großinvestor werden. Bei Reaktor eins und drei werden die Brennstäbe ausgetauscht. Ab Mai wird Reaktor drei seine Zehn-Jahres-Revision beginnen, nach der sich entscheidet, ob er auch die nächsten zehn Jahre noch arbeiten darf. Dass die Reaktoren länger als 40 Jahre arbeiten, ist bei EDF bereits ausgemachte Sache. In Cattenom ist von einer Lebenszeit von 60 Jahren die Rede. Für die lothringischen Kommunalkassen wird das Füllhorn Atomreaktoren lange nicht leer werden.

Irma
14. März 2018 - 15.30

So sauber, dass keine Versicherung auf der Welt sie versichern will. Ein kleiner Unfall und halb Luxemburg muss für 184000 Jahren in Belgien in Zelten hausen. Genau so lange muss man die Asche mit bewaffneten Sicherheitsleuten vor Terroristen schützen. Das ist leider im Preis nicht mit drin.

Nomi
14. März 2018 - 11.36

"""„Kernkraft ist saubere Energie""" De Mann huet vergiess datt et och nach gefei'erlechen Atom-Muell get deen nach iwert 1000 Johr (zeg Generatio'unen) gefei'erlech strahlt !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Jacques Zeyen
13. März 2018 - 22.57

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