Bissen: Hundert Jahre Eisen und Stahl

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ArcelorMittal mit einer Fabrik im Norden des Landes: Das ist eher ungewöhnlich und doch, in Bissen wird seit dem 18. Jahrhundert Eisen gekocht und Metall verarbeitet. Aber: Seit 100 Jahren ist dort die Metallindustrie in den Arbed-Konzern eingebunden, danach in den Arcelor-Konzern, und nun ist sie Bestandteil des globalen Stahlkonzerns ArcelorMittal.

Helmut Wyrwich

Wer meint, dass Draht gleich Draht ist, der muss nach Bissen fahren und dort die in den Wäldern des Tals versteckte Fabrik besuchen. Gut 1.000 Meter lang ist sie und man muss gut zu Fuß sein, um zu begreifen, was mit Draht alles gemacht wird.

Bissen ist ein Sonderfall, der in der Stahlindustrie von heute überlebt hat. Hier steht eine Fabrik, die wie vor 100 Jahren in Mengen jeder Größe für den Verbraucher fabriziert. Wenn in Frankreich Point Vert 300 Rollen zu je 20 Metern eines grün beschichteten Drahtgitters benötigt, dann kann in Bissen das Tor hochgefahren werden, der Lastwagen in die Halle rollen und beladen werden. „Das ist der Kundendienst, mit dem wir auch in Luxemburg noch konkurrenzfähig sind. Denn wir haben das Produkt und wir sind auf den Kunden eingestellt, obwohl eine Produktionsstunde uns 35 Euro pro Mann kostet“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung des Geschäftsfeldes „Wire solutions“ (Draht), Jos Jaqué, im Gespräch mit dem Tageblatt.

Der Ruf der Nagelfabrik

In Bissen wurden im 19. Jahrhundert Nägel hergestellt und bis in unsere Tage hinein immer wieder große Chargen „in einer Qualität, die auch ein heftiges Draufhauen verträgt“, sagt Jaqué. Der letzte große Auftrag über Nägel wurde mit einem Volumen von 30.000 Tonnen abgewickelt. Danach übertrug Jaqué die Nagel-Produktion nach Tschechien. Der Ruf einer Nagelfabrik hängt Bissen aber bis heute an. Ansonsten gibt es in Périgueux in Frankreich noch eine Nagelfabrik, in der 10.000 Tonnen pro Jahr hergestellt werden.

In Bissen wird sei Langem Draht verarbeitet. Und dieser Draht, der von dort zu den Kunden geht, hat es in sich. Die abgeschiedene Fabrik mitten im landwirtschaftlichen Raum mit ihren heute noch 350 Mitarbeitern und ihren Ingenieuren hat irgendwie immer ein offenes Ohr für ihre Kundschaft gehabt. So wird heutzutage in Bissen ein speziell beschichteter Draht für Weinberge hergestellt. ArcelorMittal garantiert den Winzern, dass dieser Draht länger lebt als ein Rebstock. Es gibt auch einen mit speziellem Puderlack beschichteten Draht, der freundlich grün Grundstücke abtrennt. Zu versuchen, diese Beschichtung abzukratzen, lohnt sich gar nicht erst. Auch den „bösen“ Draht, den Stacheldraht, stellt ArcelorMittal dort her. Und wer geflochtene Drahtzäune benötigt, findet sie ebenfalls in Bissen.

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