ArbeitsrechtAmazon entschuldigt sich für „Pinkeln in Flaschen“-Tweet

Arbeitsrecht / Amazon entschuldigt sich für „Pinkeln in Flaschen“-Tweet
Gewerkschaftsvertreter hatten in den vergangenen fünf Monaten täglich vor dem Logistikzentrum in Bessemer für ihre Initiative geworben Foto: AFP/Patrick T. Fallon

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Der weltgrößte Onlinehändler Amazon hat sich nach einer Twitter-Auseinandersetzung darüber, wo und wie Beschäftigte ihre Notdurft verrichten, bei einem US-Abgeordneten entschuldigt. Am Osterwochenende räumte der Konzern von Multimilliardär Jeff Bezos in einer Mitteilung ein, dass Lieferfahrer mitunter keine Toiletten fänden und bestätigte somit erstmals Berichte, wonach Mitarbeiter unter hohem Zeitdruck im stressigen Arbeitsalltag in Flaschen urinieren. Dass dies zunächst über einen offiziellen Twitter-Account von Amazon abgestritten wurde, sei ein „Eigentor“ gewesen, so der Konzern. 

Der Konflikt hatte vorletzte Woche mit einem kritischen Tweet des Abgeordneten Marc Pocan von der demokratischen Partei begonnen: „Mitarbeitern 15 Dollar Stundenlohn zu zahlen, macht einen nicht zu einem ‚fortschrittlichen Arbeitsplatz’, wenn man gegen Gewerkschaften vorgeht und Beschäftigte in Wasserflaschen urinieren.“ Amazon hatte zunächst in ungewöhnlich scharfem Ton bei Twitter gekontert: „Sie glauben nicht wirklich die Sache mit dem Pinkeln in Flaschen?“ Und weiter: „Wenn das wahr wäre, würde niemand für uns arbeiten.“

Nun zeigte sich der Bezos-Konzern zwar einsichtig: „Wir entschuldigen uns beim Abgeordneten Pocan.“ Eine Entschuldigung an die betroffenen Mitarbeiter enthält das Statement zwar nicht, allerdings kündigte Amazon an, das Pinkelproblem in Angriff nehmen zu wollen. „Wir wissen bislang noch nicht wie, aber wir werden nach Lösungen suchen.“ Das Unternehmen betonte jedoch auch, dass es sich um ein branchenweites Problem handele, das sich nicht auf Amazon beschränke und sich durch die Schließung öffentlicher WCs in der Corona-Krise verschärft habe.

Amazon war in den vergangenen Wochen sogar noch stärker unter Druck geraten. Kurz nach dem Disput mit dem Politiker Pocan hatte das Investigativportal „The Intercept“ geleakte Dokumente einer Amazonlogistics-Managerin veröffentlicht, in denen unter anderem klargestellt wird, dass keine Tüten mit „menschlichen Fäkalien“ in den Lieferzentren geduldet werden. Amazon äußerte sich dazu auf Nachfrage zunächst nicht und ging auch in der aktuellen Stellungnahme nicht darauf ein.

Die Arbeitsbedingungen des Konzerns standen zuletzt besonders stark im Fokus, da durch eine Abstimmung in Alabama erstmals eine US-Gewerkschaft bei Amazon Einzug erhalten könnte. Sollten die Gewerkschaften Erfolg haben, könnte dies einen Dominoeffekt in den Amazon-Standorten in den USA auslösen und auch bei anderen Unternehmen die gewerkschaftliche Organisierung vorantreiben, schreibt die Nachrichtenagentur AFP. Dabei können sie auf Rückendeckung von US-Präsident Joe Biden hoffen, der eine Stärkung der Gewerkschaften befürwortet.

Gewerkschaften und Politiker beklagen aber seit langem, dass die Beschäftigen bei Amazon einem hohen Arbeitsdruck und einer permanenten Kontrolle ausgesetzt seien. Amazon selbst ging entschieden gegen die Pläne vor. Der Konzern ist mittlerweile der zweitgrößte Arbeitgeber in den USA.

Henry Edward
12. April 2021 - 14.10

@florent "Unsere Busfahrer pinkeln auch in Flaschen." Und das seit 50 Jahren.

florent
8. April 2021 - 20.15

Unsere Busfahrer pinkeln auch in Flaschen.

Observer
7. April 2021 - 18.49

Besser in der Flasche als an der Hauswand!