/ Wie Terror beim Fußball auch Sinn stiften kann

Fußball ist die schönste Nebensache der Welt, es ist Unterhaltungssport im besten Sinne des Wortes, aber manchmal kommt es anders als man denkt. So ist es mir am 11. April abends im Westfalenstadion der Dortmunder Borussia ergangen. Eigentlich stand der Besuch des Champions League Viertelfinales gegen Monaco auf dem Programm, und mit großer Vorfreude ging es um 19 Uhr zum Stadion. Davor sangen sich Horden von Monaco-Supportern warm, drinnen füllte sich die riesige Schüssel so langsam.
Aber sehr schnell wurde klar, dass an diesem Abend alles anders verlaufen würde als gedacht. Denn bei meinen deutschen Freunden klingelte gegen 19.15 Uhr das Handy, und erste Nachrichten von einer Vollsperrung der B1 trafen ein. Kurz darauf hieß es, der Dortmunder Mannschaftsbus wurde von drei Sprengsätzen getroffen und das Spiel würde nicht pünktlich beginnen können. Bis um 20.30 Uhr die komplette Absage und Verlegung des Spiels auf Mittwoch um 18.45 Uhr erfolgte. Die Fans aus Monaco stimmten daraufhin einen ihrer Gesänge an, was mit einem gellenden Pfeifkonzert der wenigen Dortmunder Zuschauer erwidert wurde. Die Gäste aus Monaco wurden sich da erst bewusst, was genau passiert sein soll und skandierten dann: Dortmund – Dortmund, was wiederum mit dankbarem Applaus aufgenommen wurde.
Erstaunlich viele Luxemburger
Während wir das weitere Geschehen am Fernseher verfolgten, nutzte das Team aus Monaco die Zeit für eine große Trainingsstunde auf dem grünen Rasen, um sich professionell auf die heutige Begegnung vorzubereiten. Zurück in unserem Hotel am Signal Iduna Park, in dem erstaunlich viele Luxemburger Zuschauer einquartiert waren, drehte sich alles nur noch um den Sprengstoffanschlag und die daraus entstandene Situation. Etliche der Gäste an der Bar wollten nicht noch mal zur Partie gegen Monaco ins Stadion und äußerten sich dahingehend, dass sie am anderen Morgen abreisen würden. Dies bestätigte sich dann beim Frühstück, wobei vor allem ältere Menschen diesen Schritt vollzogen.
Bei mir hatte sich dagegen sogleich nach der Spielverlegung eine Art Trotzreaktion breit gemacht und es stand ganz klar fest, dass ich auch bei der Spielwiederholung dabei sein möchte. Einerseits ist es bedenklich, dass unbekannte Täter mit Sprengstoff in unmittelbarer Nähe von Fußballstadien herumhantieren und wissentlich Menschenleben in Kauf nehmen, andererseits möchte ich mir den Spaß am Sport im Allgemeinen und an Fußballspielen im Besonderen nicht nehmen lassen. Gerade solche internationale Auseinandersetzungen wie in der Champions oder Europa League und bei Nationalspielen üben eine ganz besondere Faszination aus, an der ich teilhaben möchte. Ich liebe die Atmosphäre im Stadion, ergötze mich an den Fangesängen und da nimmt die Dortmunder Spielstätte einen ganz besonderen Stellenwert ein.
Diese friedvolle Atmosphäre
Und so werde ich heute zwar mit einem mulmigen Gefühl nach Dortmund fahren, aber ich freue mich auch auf die Fangesänge, das Aufeinandertreffen der monegassischen und der Ruhrgebietskultur, die durchaus verschieden sind, die aber die Liebe zum Fußball vereint. So war es toll mit anzusehen, wie gestern Abend in ganz Dortmund nach Schlafmöglichkeiten für die angereisten Zuschauer aus Monaco gesucht wurde und wie freundlich die Polizei jedem Ratsuchenden zur Seite stand und so gut es ging weiter half. Wenn das Attentat auf den Mannschaftsbus an sich nur mit aller Deutlichkeit verurteilt werden kann, so hat dieses Unglück auch wiederum etwas zur Völkerverständigung und zum friedlichen Miteinander von unterschiedlichen Menschen beigetragen. Diese friedvolle Atmosphäre rund um das Stadion von gestern Abend bleibt mir für immer im Gedächtnis haften.
Ich hoffe, dass es heute Abend genauso weiter geht. Dass sich Fußballfans aus Frankreich und Deutschland friedlich an dem Spiel erfreuen, ihren ganzen Enthusiasmus für ihren Verein einbringen, sich meinetwegen verbal attackieren, aber sich danach und auch davor wie Menschen benehmen, sich achten und respektieren. Mehr braucht es nicht für ein gutes Spiel. Und wenn dann auch noch die Polizei und die Sicherheitskräfte wie gestern Abend richtig nett und hilfsbereit zu Werke gehen, dann hat dieses Attentat wenigstens zum Teil ein sehr positives Erlebnis für mich ganz persönlich hervorgebracht.
Wir können Bomben nicht so ohne Weiteres stoppen, aber wir können und müssen lernen, mit diesen Unglücken umzugehen und ihnen gefasst und ohne Angst entgegen zu treten. Wenn nicht, verliert unser Leben einen wesentlichen Aspekt seines Sinns und das darf nicht sein. Ich freue mich wieder auf das Spiel und die Eindrücke, die ich im Stadion heute Abend aufsaugen werde.
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