Widerstandslos

Gegen Chelsea legen manche Teams allerdings öfter 90 Gedenkminuten ein. Wie es scheint, traut sich niemand mehr an die Jungs von Mourinho ran, auch die englischen Schiedsrichter nicht. Und schon gar nicht mehr Liverpool. Vor einem Jahr noch hatte Chelsea sich im Schützengraben eingebuddelt und 90 Minuten lang der Angriffe der „Reds“ erwehrt. Das war einmal. Gegen das jetzige Liverpool braucht sich niemand mehr zu verstecken, höchstens Manchester United, das sich demnächst sogar vor den eigenen Fans verstecken muss.

Balotelli versuchte die Sinnlosigkeit seines Stürmer-Daseins mit einem 90-minütigen Spaziergang auf dem Rasen der Anfield Road zu überbrücken, Gerrard traute sich nicht über die Mittellinie aus Angst, zu spät zum Fünf-Uhr-Tee im Altersheim zu kommen, Sterling erstarrte in Ehrfurcht vor der alten Garde in Chelseas Verteidigung und blickte hilfesuchend zur Bank, als Terry ihn fragte: „Na, du kleiner Pimmel! Soll Papi dir einen Beinschuss verabreichen?“ Ricky Lambert, bei Southampton ein Torjäger, ist bei Liverpool ein Ex-Torjäger und im Strafraum gleich erfolgreich wie auf der Ersatzbank. Gefährlichster Stürmer Liverpools war Ian Rush auf der Tribüne. Chelseas Cahill machte zwar noch ein Handspiel, aber das konnte den Schiedsrichter nicht erschüttern. Keiner pfeift heute mehr einen Elfmeter gegen Chelsea, es sei denn die Chelsea-Verteidiger und Mourinho bitten ausdrücklich darum.

In den Stadien rollten die Kriegsveteranen ihre Fahnen ein, die Trompeten verstummten, in Anfield gingen die Lichter aus und die Kneipen füllten sich mit Leben. In London schlich Manchester City mit hängendem Kopf und nur einem Punkt gegen QPR zum Bus.

Und in Old Trafford wunderte sich Van Gaal über die Geduld der United-Fans. Und ein Lulima-Fan betrachtete erstaunt das Loch in der Decke seines Wohnzimmers. Er war beim Torjubel hoch in die Luft gesprungen, hatte aber vergessen, die Pickelhaube abzusetzen.