„Wen würden Sie denn wählen?“

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Am Freitag findet in Zürich die Wahl des FIFA-Präsidenten statt. Das Tageblatt hat sich mit dem FLF-Präsidenten Paul Philipp unterhalten.

Der Weltverband steht am Scheideweg. Philipp geht auf die Gründe dafür ein, gibt aber auch zu, dass es sich dabei eher um eine Verlegenheitslösung handelt.

Der 9. FIFA-Präsident

Am Freitag wird der neunte Präsident in der knapp 112-jährigen Geschichte des Fußball-Weltverbands FIFA gewählt. Nach 18 Jahren endet die Amtszeit des derzeit gesperrten Joseph Blatter. Beim Kongress im Zürcher Hallenstadion vertritt ihn der amtsälteste Vizepräsident Issa Hayatou aus Kamerun.
Zwei Vorgänger von Blatter waren noch länger im Amt: Jules Rimet von 1921 bis 1954 und João Havelange von 1974-1998.

Tageblatt: Am Freitag blickt die ganze Welt auf sie. Wie fühlt man sich so kurz vor dieser entscheidenden Wahl?
Paul Philipp: Man denkt an den letzten Mai zurück. Bekanntlich wurde Joseph Blatter damals als FIFA-Präsident wiedergewählt. Charles Schaack (FLF-Vizepräsident, d. Red.) und ich waren auf dem Weg nach Zürich. Als wir im großen Sitzungssaal ankamen, waren ein paar Stühle frei. Es hatte Festnahmen gegeben und später erschütterte noch eine Bombendrohung den Kongress. Diesmal geht es hoffentlich um den Sport und bis jetzt stehen noch alle fünf Kandidaten zur Wahl.

Der nationale Verband FLF und Sie als Präsident haben öffentlich Gianni Infantino ihre Unterstützung zugesichert. Warum?
Infantino ist der Einzige, den ich persönlich kenne. Auf administrativer Ebene ist er brillant, das hat er als UEFA-Generalsekretär bewiesen. Er weiß, wie das Geschäft läuft und kennt die Bedürfnisse der kleinen Staaten. Bei der UEFA hat er seine Teams stets sehr gut im Griff. Er will Kommissionen schaffen, um die Fördergelder besser zu kontrollieren. In Asien und Afrika will er Infrastruktur aufbauen, die es den Einheimischen ermöglicht, dort eine gute Ausbildung zu kommen.

Wachstum, Aufstockung, Entwicklungshilfe. Infantinos Schlagwörter im Wahlkampf klingen aber schon sehr nach Blatter.
Das klingt vor allem nach Politik. Wachstum gehört dazu, aber nicht auf irgendeine Weise. Es reicht nicht, das Geld zu überweisen. Die Kontrolle danach ist wichtig.

Welchen Eindruck hatten Sie, als Sie in den 90er-Jahren Joseph Blatter zum ersten Mal kennengelernt haben?
Er befand sich immer in einer ganz anderen Sphäre. Kontakt zu ihm aufzunehmen war sehr schwierig. In meinem Leben hab ich vielleicht drei Sätze mit ihm geredet. Allerdings hab ich ihn auch einmal abgewürgt (lacht). 2001, als ich noch Trainer der luxemburgischen Nationalmannschaft war und es ziemlich schlecht lief, kam er in der Halbzeitpause des Länderspiels gegen die Schweiz zu uns in die Kabine. Ich habe ihn rauswerfen lassen, denn er hat dort zu diesem Zeitpunkt nichts verloren.

Was sollte der künftige FIFA-Präsident anders machen?
An erster Stelle steht die finanzielle Transparenz, dann erst kommen die Details. Außerdem muss der künftige Präsident die Entscheidungsgewalt auf mehrere Leute verteilen. Wichtig wird es sein, Kontrollgremien zu schaffen.
Ist ein Neustart zu diesem Zeitpunkt und diesen Voraussetzungen überhaupt möglich?
Wer an der Spitze steht, ist schlussendlich egal, solange die Strukturen verändert werden und mehr Kontrolle entsteht. Wie kann es sein, dass ohne eine Unterschrift einfach so 1,8 Millionen Euro überwiesen werden können? Bei der FLF kann ich ohne eine Signatur nicht einmal 180 Euro auszahlen. Auch die einzelnen Landes- und Kontinentalverbände müssen transparenter werden. In verschiedenen Kulturkreisen gehört Korruption einfach mehr zum Alltag als in anderen. Dem muss Abhilfe geschaffen werden.

Alle fünf Kandidaten kommen aus dem Dunstkreis des Fußballs und stehen nicht für die dringend benötigte Frischzellenkur.
Wen würden Sie denn wählen? Alles ging viel zu schnell. Michel Platini wäre wohl gewählt worden, wenn nicht die Sperre dazwischengekommen wäre. Infantino war eigentlich als künftiger UEFA-Präsident im Gespräch. Vielleicht ist das Kostüm des FIFA-Präsidenten zu groß für ihn.

Wie schätzen Sie die Affäre um ihren langjährigen Freund Michel Platini rückblickend ein?
Sein Name wird nie wieder unbefleckt sein, egal wie die Affäre ausgehen wird. Ich bin trotzdem der Meinung, dass er in etwas mit reingezogen wurde und sich naiv verhalten hat. Wie konnte er so ungeschickt sein und nach neun Jahren im Amt dieses Geld annehmen? Wenn ich Michel Platini treffe, reden wir nicht darüber. Ich will eigentlich nichts von der ganzen Sache wissen. In der UEFA ist es jetzt wichtig zu klären, wie es weitergeht. Das ist für uns wichtiger als die FIFA-Wahl.

Wie wird die Wahl am Freitag ausgehen?
Ich gehe davon aus, dass Scheich Salman und Gianni Infantino in den zweiten Wahlgang gehen werden, weil keiner der beiden die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im ersten Durchgang erreichen wird. Prinz Ali, Jérôme Champagne und Tokyo Sexwale haben nicht genügend Unterstützer. Für mich ist derzeit Scheich Salman der Favorit. Die Asiaten und Afrikaner werden das Zünglein an der Waage sein.

Das ganze Interview finden sie in der Donnerstag-Ausgabe des Tageblatt und im E-Paper.