Tokyo 2020Timanowskaja über Umweg nach Warschau – IOC untersucht den Fall

Tokyo 2020 / Timanowskaja über Umweg nach Warschau – IOC untersucht den Fall
Kristina Timanowskaja verabschiedet sich am Tokioter Flughafen Narita Foto: dpa/Kyodo News

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Die belarussische Leichtathletin Kristina Timanowskaja ist in Sicherheit. Sie sei aber auch müde, nervös und mache sich Sorgen um ihre Familie, hieß es. Unterdessen untersucht das IOC ihren Fall.

Die belarussische Leichtathletin Kristina Timanowskaja ist nach dem Olympia-Skandal um einen mutmaßlichen Entführungsversuch in ihr Heimatland unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen aus Japan abgereist. Auf dem Flug von Tokio nach Warschau wurde sie bei einem mehrstündigen Zwischenstopp in Wien von Sicherheitskräften beschützt und von Beamten des österreichischen Außenministeriums begleitet. Betreut wurde die 24-jährige Athletin im weit abgelegenen VIP-Terminal des Flughafens. Vor dem einzigen Zugang hatte ein schwerbewaffneter Polizist Stellung bezogen. 

„Sicherheit ist ein großes Thema“, so ein Sprecher des Außenamts. Zuvor hatte die Sportlerin in letzter Minute ihren ursprünglichen Direktflug nach Warschau abgesagt. Das geschah nach Angaben eines Wiener Spitzenbeamten auch aus Sicherheitsgründen. „Die Flugroute wurde geändert“, sagte Staatssekretär Magnus Brunner. Belarus hatte schon einmal ein Flugzeug über seinem Territorium zur Landung gezwungen, um einen Oppositionellen festzunehmen. 

Müde und nervös

Der 24-Jährigen gehe es nach den Strapazen der letzten Tage gut, sie sei aber müde und auch nervös. Sie mache sich Sorgen um ihre Familie, so Brunner. „Dass sie in Sicherheit ist, ist das Entscheidende.“  Timanowskaja wollte noch am Abend nach Warschau weiterfliegen und sich dort am Donnerstag vor der Presse äußern. 

Der Olympia-Skandal rund um die Sportlerin hat Folgen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat eine Disziplinarkommission zur Aufklärung des Falls eingesetzt. Diese solle die Tatsachen in der Affäre um die mutmaßlich von belarussischen Behörden versuchte Entführung der Leichtathletin aus Japan feststellen, sagte ein Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees am Mittwoch.

Die 24-Jährige hatte zuvor ein humanitäres Visum von Polen erhalten. Dort könne sie auch ihre sportliche Karriere fortsetzen, versicherte die polnische Regierung. Nach Angaben der Athletin hatten belarussische Behörden sie am Sonntag zur vorzeitigen Rückkehr nach Minsk zwingen wollen, weil sie Kritik an Sportfunktionären geübt hatte. Timanowskaja wandte sich aber am Flughafen Haneda an die japanische Polizei und verweigerte den Rückflug.

Andere Athleten wollen nicht heim

Timanowskaja hatte der Bild gesagt, es sei ihr nicht um Politik gegangen. „Ich habe nur kritisiert, dass unsere Chef-Trainer über das Staffellauf-Team entschieden haben, ohne sich mit den Sportlern zu beraten“, erklärte sie. „Dass das solche Ausmaße annehmen und zu einem politischen Skandal werden kann, hätte ich nie gedacht.“

Unterdessen wollen weitere Athleten aus Belarus nicht in ihre Heimat zurückkehren. Jana Maximowa schrieb bei Instagram, sie und ihr Ehemann, der Sportler Andrej Krawtschenko, wollten in Deutschland leben. In Belarus könne man seine Freiheit und sein Leben verlieren. Aus Belarus geflohen ist ebenfalls der Trainer der Handballmannschaft Witjas in Minsk, Konstantin Jakowlew. Dem ukrainischen Nachrichtensender Ukrajina 24 sagte er, dass er sich bereits den zweiten Tag in Kiew aufhalte. Der Aktivist der Unabhängigen Sportlerassoziation habe bereits 15 Tage im Gefängnis gesessen für die Absicht, offene Trainings abzuhalten. Diese würden von den belarussischen Behörden als „politische Versammlungen“ angesehen.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki attackierte die belarussische Spitze um Machthaber Alexander Lukaschenko scharf. Er forderte, die „Aggression der belarussischen Sicherheitsdienste auf japanischem Gebiet“ müsse auf „entschiedenen Widerspruch der internationalen Gemeinschaft stoßen“.