Tennis / Gilles Muller: „Die Entscheidung war richtig“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Am 22. Juni 2009 bestritt Gilles Muller in Wimbledon (Erstrundenniederlage gegen Robin Söderling) sein letztes Match: Danach trat der 26-Jährige wegen Beschwerden an beiden Knien in den „chômage technique“. Nach fast vier Monaten kann die derzeitige Nummer 262 der Welt wieder langsam mit dem Tennis-Training beginnen. / David Thinnes (Texte), Marcel Nickels (Fotos)

Zu Beginn war erst mal Ruhe für die entzündeten Knie angesagt: „Die Pause hat gut getan. Es war das erste Mal seit ich 14 bin, dass ich über solch einen langen Zeitraum in Luxemburg war.“ Danach standen viel Radfahren und Schwimmen auf dem Programm.
Dazu kamen dann noch die Einheiten – dreimal pro Woche drei Stunden – im Kraftraum in der Coque, jeweils gefolgt von den Terminen beim Physiotherapeuten. Nur die direkte Belastung, wie Joggen, gehörte nicht zur Rehabilitation. Vor allem mussten die Sehnen in den Knien wieder stark genug sein, ehe mit dem Muskelaufbau begonnen werden konnte. Dennoch ist Muller „im Plan und fit“, „Protected Ranking“ 

Im neunten Kapitel des „ATP Rule Book 2009“ wird die „entry protection“ oder „protected ranking“ – das geschützte Klassement für einen verletzten Spieler – dargelegt. Ein Spieler, der mindestens sechs Monate verletzt ist, kann seine Anfrage an die ATP (Association of Tennis Professionals) richten. Diese muss spätestens sechs Monate nach dem letzten Turnier eingegangen sein.
Das geschützte Klassement ist ein Durchschnitt des Rankings der ersten drei Monate nach der Verletzung. Die „eingefrorene Platzierung“ kann für den Einzug in Hauptfelder oder Qualifikationen benutzt werden, nicht aber für Setzlisten oder bei Lucky-Loser-Entscheidungen. Das „protected ranking“ ist gültig, entweder für die ersten acht Turniere (ausgeschlossen sind Wildcards oder die direkte Aufnahme in ein Turnier mit dem aktuellen Ranking) oder für die ersten neun Monate, nachdem der Spieler wieder im Einsatz ist. Die Herren können – im Gegensatz zu den Damen – bei einem Grand Slam keinen Gebrauch von ihrer „entry protection“ machen.  auch wenn es „körperlich schwer“ war.
In ein Loch gefallen ist der Profi während der Pause nicht: „Es war von der Moral her einfacher, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich bin überzeugt, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Auch wenn meine Kondition abgenommen hat, habe ich sie nicht komplett verloren. In den vergangenen Monaten habe ich auf jeden Fall mehr gearbeitet, als ich selbst von mir erwartet hatte.“
Den genauen Zeitpunkt und Ort des Comebacks festzulegen ist noch zu früh: „Ich mache mir keinen Druck. Auf eine Woche mehr oder weniger kommt es jetzt nicht an.“
Fest steht, dass „ich zu 80 Prozent nicht beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres in Australien dabei sein werde.“ Die ersten Wochen im neuen Jahr wird der FLT-Spieler wohl nur in Europa verbringen. „Die ersten Matches werden nicht einfach werden.“
Am vergangenen Dienstag stand Muller zum ersten Mal wieder „richtig“ auf dem Trainingsplatz. Zu Beginn soll es nur eine Stunde pro Tag sein, um die Knie nicht sofort wieder zu überfordern.
Die Vorbereitung beginnt dann Anfang November. Am 30. Oktober geht die Reise für Gilles Muller nach Bradenton/Florida (USA): In der Akademie seines Trainers Jean-Luc Fontanot sind die Bedingungen optimal, um die Rückkehr anzugehen.
Mit welcher Weltranglisten-Position Muller wieder auf der ATP-Tour startet, ist noch nicht bekannt. Anfang Oktober hat er der ATP – der Vereinigung der professionellen Tennisspieler – in einer E-Mail mitgeteilt, dass er ein geschütztes Ranking (siehe auch Kader) beantragt. „Sie wissen selbst nicht genau, wie sie es berechnen. Mein ‚protected ranking‘ wird dadurch variieren: Das ist abhängig davon, ob sie Wimbledon noch mit einbeziehen oder nicht.“

Abschalten

In die Rehabilitationsphase fiel auch das Grand-Slam-Turnier in New York: Bei den US Open 2008 war dem Schifflinger die große Sensation gelungen, als er als Qualifikant bis ins Viertelfinale vorstieß. „Ich habe mir überhaupt keine Spiele angesehen, weder von den US Open, noch von anderen Turnieren. Ich konnte so am besten abschalten. Übrigens mache ich es seit einiger Zeit auch bei Turnieren auf diese Weise: Ich ziehe mich lieber zurück und konzentriere mich, als noch zusätzlich Tennis zu gucken. Zu Beginn meiner Karriere habe ich das getan“, erklärt der ehemalige Junioren-Weltmeister.
Ganz ohne Tennis ist er natürlich nicht ausgekommen. Bei den Jugend-Turnieren des Sommers im Großherzogtum war er regelmäßiger Gast. „Ich war überrascht. Sonst hat man nicht viel Positives gehört. Viele Spieler haben das Niveau, den meisten fehlt es aber an Vertrauen und Spielpraxis. Von den Junioren können es zwei oder drei bis in den erweiterten Kader des Davis Cups schaffen“, so die Analyse zu der FLT-Jugend.
Während seiner Rehabilitation konnte er sich auch „hautnah“ vom Niveau der Spieler überzeugen. Er half im „Centre national de tennis“ in Esch/Alzette beim Training aus: „Ich war nicht da, um ihnen Technik beizubringen. Aber ich sollte ihnen taktisch weiterhelfen, Vertrauen geben. Das hat mir sehr viel Spaß bereitet. Sonst war ich nicht so heiß drauf, Trainer zu werden. Jetzt bin ich in diesem Punkt aber positiver gestimmt für die Zukunft.“