Tennis / BGL Open / Justine Henin zu Gast auf Kockelscheuer: Menschlich und sportlich ein Vorbild

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Der gestrige Mittwoch war der Tag des Ehrengastes Justine Henin auf Kockelscheuer: Die Belgierin, die 2010 in Brisbane auf die Tour zurückkehrt, traf Schüler des „Sportlycée“ und nahm an einer „Tennis Clinic“ teil. Außerdem hatten sich viele Fans im Village eingefunden, um ein Autogramm zu ergattern.

Die Schüler des „Sportlycée“ bekamen also die einmalige Gelegenheit, Justine Henin kennenzulernen und der Belgierin Fragen zu stellen. Dabei gaben sich sowohl die Schüler als auch Henin mitsamt Trainer Carlos Rodrigues sehr gelassen. Um die Atmosphäre aufzulockern, hatten sich die Jugendlichen das ein oder andere Spiel ausgedacht. Doch auch sonst gab Henin sich sehr menschlich, versuchte den Sportlern in spe ihre Lebenserfahrung, die sie im Laufe ihrer Karriere sammeln konnte, so gut es ging zu vermitteln.
Sie erzählte von den Anfängen ihrer Laufbahn, dass die Wahl zu einer Tenniskarriere familiär bedingt war, und sie auch von der Tatsache profitieren konnte, dass ganz in der Nähe ihres Domizils ein Tennisfeld lag. Eine Schwierigkeit stellte aber dann die Schule dar. Auch wenn sie ihre Studien nicht vernachlässigen wollte, kamen diese durch das intensive Training dennoch zu kurz. „Die Schule dauerte immer bis 15.00 Uhr, danach begab ich mich auf das Tennisfeld. So blieb nicht viel Zeit zum Lernen, sodass ich in Rückstand geriet“, erinnert sich Henin.
Die Belgierin wollte die Schüler vor allem auf die Schwierigkeiten aufmerksam machen, die solch eine Verpflichtung zum Sport mit sich bringt: „Das Sportlerdasein bietet viele schöne Momente, aber es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. Als Jugendlicher fällt es einem nicht leicht, da man verschieden von der restlichen Jugend leben muss. Es ist notwendig, das Gleichgewicht zwischen Sport und Privatem zu finden.“ Als Sportler sei man auch ständig von privaten Ereignissen beeinflusst, da man vor allem ein Mensch bleibt und kein Roboter ist. Der Gewinn ihres ersten Grand-Slam Titels, der French Open im Jahre 2003, bildete sicherlich einer der Höhepunkte ihrer Karriere. Mit dem Gewinn der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Athen 2004 gehört er zu ihren bedeutendsten Titeln. Um aber nach solch einem Moment kein Gefühl der Leere zu verspüren, dass man bereits alles erreicht habe, müsse man sich ständig neue Ziele setzen. Das Leben geht am folgenden Tag ja wieder seinen gewohnten Gang, somit müsse man sich bereits auf das folgende Turnier konzentrieren und dürfe sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen.
„Das Wichtigste ist aber die Leidenschaft. Sie treibt einen voran. Man wird nicht Nummer 1, wenn einem diese Motivation fehlt. Das gilt für alle großen Sportler. Es war immer mein Traum, Profi zu werden. Das erfordert aber hartes Training, man muss sich konsequent reinhängen“, so Henin. Die Schüler nahmen sich vor allem diese Leidenschaft als Vorbild: „Sie hat uns gesagt; dass man immer weiter machen muss, auch nach einem großen Erfolg. Sie ist ein Vorbild an Motivation für uns. Dies gilt auch für die menschliche Komponente“, so das Fazit auf Schülerseite.
Der Rücktritt kam zustande, weil Henin diese Leidenschaft teilweise abhanden gekommen war und sie sich vom Tennis distanzieren wollte. Ursprünglich sollte diese Entscheidung endgültig sein, doch nach und nach sei ihr bewusst geworden, dass sie noch nicht bereit sei für die nächste Etappe ihres Lebens. Henin: „Eine finanzielle Motivation gab es bei mir nicht. Man wird nicht die Nummer eins der Welt des Geldes wegen.“
Zufrieden mit ihren Trainingsfortschritten zeigte sich auch Trainer Carlos Rodrigues: „Am Sonntag fliegen wir für zwei Wochen nach Amerika, wo Justine endlich wieder an der freien Luft spielen wird. Und so langsam nähern sich ihre Werte denen von vor zwei Jahren.“ Man darf also gespannt sein auf Brisbane, wenn Justine Henin versuchen wird, ähnlich wie Landsfrau Kim Clijsters die Tenniswelt von unten aufzuwirbeln.
Y.M.