Spielen Schlecks Richter?

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Philippe Gilbert und Joaquin Rodriguez sind die ganz großen Favoriten der „Classique“ Liège-Bastogne-Liège, die am Sonntag zum 98. Mal ausgetragen wird.

Mit Außenseiterchancen starten Frank und Andy Schleck, die letztes Jahr die Ehrenplätze hinter dem damals nicht zu schlagenden Philippe Gilbert belegten. Liège-Bastogne-Liège ist mit Sicherheit das klassische Rennen, das den Gebrüdern Schleck am besten liegt.

Die Aushängeschilder des Luxemburger Radsports standen bereits mehrere Male auf dem Podium bei dem ältesten Rad-Klassiker der Welt. Andy gewann ihn im Jahre 2009 und beendete das Rennen 2011 als Dritter. Frank war in den Jahren 2007 und 2008 Dritter. Letztes Jahr belegte er vor seinem Bruder den zweiten Rang.

Rennen mit Anziehungskraft

Frank Schleck hat bereits fünf Top-Ten-Platzierungen bei der „Doyenne“ im Palmarès stehen, Andy war viermal unter den zehn Besten. Diese Resultate beweisen, welche Anziehungskraft Liège-Bastogne-Liège auf die Leader des RadioShack-Nissan-Teams ausübt.

Das schwere und wunderschöne Rennen durch die belgischen Ardennen aber zieht auch andere in seinen Bann, so beispielsweise den Gewinner der Flèche Wallonne vom letzten Mittwoch, Joaquin Rodriguez (2. im Jahre 2009 hinter Andy Schleck) oder den letztjährigen Liège-Sieger Philippe Gilbert.

Herzschlagfinale

Der amtierende belgische Meister gewann Ostersonntag 2011 endlich das Rennen, von dem er als Bub schon immer geträumt hatte.

In einem Herzschlagfinale bezwang Gilbert nach 257 km die Brüder Frank und Andy Schleck, die sich 21 km vor dem Ziel mit ihm im Anstieg der „Côte de la Roche-aux-Faucons“ abgesetzt hatten. Zum ersten Mal bei Liège-Bastogne-Liège standen zwei Brüder zusammen auf dem Treppchen. Die Geschichte sollte sich drei Monate später in der Tour de France wiederholen, mit dem Unterschied, dass Andy dort vor Frank war.

Alles, nur kein Sprint…

Obwohl letztes Jahr der Sieg bei Liège-Bastogne-Liège ausblieb, endeten die Ardennenklassiker für Frank und Andy doch mit einem kleinen Happyend. Erst als feststand, dass die Entscheidung in der Zielgeraden fallen musste, zweifelte niemand, der auch nur ein bisschen vom Radsport versteht, mehr am Sieg Gilberts. Frank und Andy blieb der Trost, dass es noch lange keine Schande war, von einem Besseren geschlagen worden zu sein.

Am Sonntag gibt es für die Schlecks also nur eine Devise: Gilbert nur nicht mit auf die „ligne d’arrivée“ nehmen! Die Luxemburger müssen die Entscheidung in den letzten drei Schwierigkeiten erzwingen (Côte de la Redoute – km 220, Côte de la Roche-aux-Faucons – km 236, Côte de Saint-Nicolas – km 250), ansonsten sie Gefahr laufen, im Schlusssprint erneut mit den Trostpreisen vorlieb nehmen zu müssen.

Wetter

Auf dem überaus schweren Parcours kommt es auf das Renngefühl und den richtigen Riecher an. Eine Rolle aber dürfte auch das Wetter spielen. Während vor einem Jahr die Sonne warm vom Himmel drückte, wird sie am Sonntag meist hinter den Wolken sein und nur vereinzelt hervorlugen. Die Temperaturen werden mindestens zehn Grad niedriger sein als vor zwölf Monaten, und an manch heikler Stelle wird mit einem nassen Belag gerechnet. Die Regengefahr liegt während des ganzen Tages bei 30 Prozent.

Am Fuße der „Redoute“, dort, wo Philippe Gilbert aufwuchs, will man jedenfalls nichts dem Zufall überlassen. Schon am Donnerstag und Freitag wurde das Zelt aufgebaut, das 600 Anhänger fasst und in dem das Rennen auf drei Riesenschirmen gezeigt wird. Hier soll am späten Sonntagabend wie vor 12 Monaten Philippe Gilbert empfangen werden. Vater Jeannot und der ältere Bruder Christian, die hauptverantwortlich für die „fête“ sind, zweifeln zu keinem Moment daran, dass der belgische Meister mit der Siegertrophäe ins Zelt einzieht.

Starkes Katusha-Team

Zuerst aber muss Joaquin Rodriguez, der Mann, der die „Flèche“ auf genauso überlegene Manier gewann wie Gilbert ein Jahr zuvor, bezwungen werden. Und das dürfte nicht so einfach sein, denn „Purito“ (so Rodriguez Spitzname) scheint mit Florencio, Freire, Losada, Moreno, Trofymov, Vicioso und Vorganov über eine stärkere Mannschaft zu verfügen als Philippe Gilbert.

BMC hat in der Zwischensaison zwar einen Haufen Dollar ausgegeben, um sein Team aufzustocken, doch sind morgen weder Thor Hushovd noch Cadel Evans an der Seite des Klassiker-Königs von 2011. Gilberts stärkste Stütze dürfte Greg Van Avermaet sein. BMC startet mit Bookwalter, Gilbert, Kohler, Lodewyck, Santambrogio, Schär, Van Avermaet und Van Garderen.

Bestmögliches Aufgebot

Dagegen ist RadioShack-Nissan mit dem zurzeit bestmöglichen Aufgebot für die Ardennenklassiker zur Stelle. Maxime Monfort dürfte in seinem Heimrennen (auch er kommt wie Philippe Gilbert aus diesem Teil Belgiens) eine Hauptrolle spielen. Er wird wohl der Mann sein, der Andy und Frank am längsten auf ihrem Weg über die Ardenner Koppen nach Liège begleitet.

Rekordsieger bei Liège-Bastogne-Liège ist Eddy Merckx, der das Rennen fünf Mal gewann (1969, ’71, ’72, ’73, ’75). Dreimal hintereinander trugen sich auch der Italiener Moreno Argentin (1985-87) und der Belgier Léon Houa (1892-94) in die Siegerliste ein.

Im Palmarès stehen mit dem 2003 verstorbenen Marcel Ernzer (1954) und Andy Schleck (2009) zwei Luxemburger. Vielleicht wird ja die Erfolgsquote morgen in Ans um 50 Prozent aufgebessert.