„Spanien verschwendet Geld“

„Spanien verschwendet Geld“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die spanische Justiz brauchte fast sieben Jahre, bis sie dem mutmaßlichen Dopingarzt Fuentes den Prozess machte. Zum Auftakt des Gerichtsverfahrens wurde die Vernehmung des Hauptangeklagten vertagt. Dieser demonstrierte vor Journalisten Gelassenheit.

Fehlstart beim Prozess um den größten Dopingskandal im spanischen Sport: Nachdem sich schon die Ermittlungen gegen den Mediziner Eufemiano Fuentes und dessen Helfer fast über sieben Jahre hingezogen hatten, lief auch der Auftakt des Gerichtsverfahrens am Montag alles andere als glatt. Die mit Spannung erwartete Vernehmung des mutmaßlichen Dopingarztes, der am ersten Prozesstag in Madrid Gelassenheit demonstrierte, wurde auf diesen Dienstag verschoben.

Die Staatsanwaltschaft legt Fuentes und vier Mitangeklagten eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit zur Last. Sie verlangt für alle fünf je zwei Jahre Haft und ein zweijähriges Berufsverbot.

Entspannter Angeklagter

Der 57 Jahre alte Hauptangeklagte, der an der Spitze eines Dopingrings gestanden und Sportler mit aufbereitetem Eigenblut behandelt haben soll, gab sich entspannt. „Spanien verschwendet viel Geld mit dem Verfahren gegen mich“, sagte der Mediziner am Eingang des Gerichts. „Ich arbeite als Arzt in einer Klinik, die vom Staat finanziert wird, und meine Patienten brauchen mich.“ Den wartenden Reportern hielt er entgegen: „Ich glaube, Sie sind nervöser als ich.“

In dem Prozess sind keine Radsportler unter den Angeklagten. Zur Eröffnung wurde zunächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit über die Zulassung von Beweismittel und andere Verfahrensfragen beraten. Mehrere Profis sind als Zeugen geladen, darunter der zweimalige Tour-de-France-Sieger Alberto Contador und Ivan Basso.

50 Fahrer unter Verdacht

Der im Mai 2006 aufgedeckte Skandal brachte mehr als 50 Radprofis unter Dopingverdacht, auch Stars wie Jan Ullrich und Tyler Hamilton. Der frühere US-Profi schickte den spanischen Behörden schriftliche Erklärungen über seine Bluttransfusionen in der Praxis von Fuentes. Er erklärte sich nach Informationen des US-Portals espn.com bereit, als Zeuge vor dem Madrider Gericht auszusagen.

Als Fuentes von Reportern auf Hamiltons Buch „The Secret Race“ angesprochen wurde, in dem der Ex-Profi über Dopingpraktiken berichtete, erwiderte er: „Ich lese keine Sportbücher.“

Prominente Nebenkläger

Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und der Weltradsportverband UCI sind als Nebenkläger vertreten. Die WADA erhofft sich von dem Verfahren Aufschlüsse darüber, ob auch Profis anderer Sportarten die Dienste von Fuentes in Anspruch genommen haben. In den offiziellen Akten der Ermittler sind nur die Namen von Radsportlern aufgeführt.

Ex-Profi Jörg Jaksche dämpft die Erwartungen. „Die ganze Anklage ist sehr wacklig“, sagte der Ansbacher im WDR-Radio. Weil Fuentes, dessen Schwester Yolanda und den früheren Rennstallmanagern Manolo Saiz (Once, Liberty), José Ignacio Labarta (Comunidad Valenciana) und Vicente Belda (Kelme) nur ein Verstoß gegen die Gesundheitsgesetze zur Last gelegt werden kann, spricht Jaksche von einer „juristischen Krücke“. Doping war bei der Aufdeckung des Skandals nach spanischen Recht nicht strafbar. Das Gerichtsverfahren ist bis Mitte März terminiert, die Urteile werden kaum vor April erwartet.

„Wie im Zirkus“

Die Richterin Julia Patricia Santamaría erlaubte am Montag zwei Gruppen von Fotografen, die Angeklagten im Gerichtssaal abzulichten. Dies löste auf der Anklagebank heftige Proteste aus. „Das ist nicht demokratisch“, beklagte sich Saiz. Sein Verteidiger ergänzte: „Die Angeklagten werden vorgeführt wie in einem Zirkus.“

Auch der Mainzer Anti-Doping-Forscher Perikles Simon glaubt nicht an gravierende Konsequenzen aus dem Madrider Doping-Prozess. „Ich bin so ein bisschen skeptisch“, sagte der renommierte Sportmediziner im Deutschlandradio Kultur. Er verstehe nicht, wieso der Skandal erst jetzt vor Gericht komme, ergänzte aber mit Blick auf Deutschland: „Ich sehe nicht, dass es in Deutschland zu anderen Situationen käme als jetzt hier in diesem spanischen Prozess.“