SchulsportRob Thillens, der Kommissar des Sportministeriums, geht im September in Rente

Schulsport / Rob Thillens, der Kommissar des Sportministeriums, geht im September in Rente
Kannte seinen ehemaligen Vorgesetzten wie seine Westentasche: Rob Thillens pflegte ein perfektes Verhältnis zu Ex-Sportminister Romain Schneider Foto: Alain Rischard/Editpress

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Rob Thillens hat seit einigen Wochen wieder wesentlich mehr Zeit für sein zweites Steckenpferd: Neben seinem Einsatz für den Schulsport hat der scheidende „Commissaire du gouvernement à l’Education physique et aux Sports“ nämlich ein großes Faible für die Gastronomie – das ihn fast um neun Amtsjahre innerhalb des Sportministeriums gebracht hätte. Der anstehende Ruhestand, das fußballerische Talent von Ex-Sportminister Romain Schneider sowie der politische Blick in die Zukunft waren die Themen eines bilanzierenden Gesprächs. 

Der angehende Rentner bildet keine Ausnahme: Im Ruhestand hat man alle Hände voll zu tun. Bei Rob Thillens lautete das Vorhaben bereits seit Frühling, „fit fir d’Pensioun“ zu werden. So hat der 63-Jährige innerhalb weniger Wochen zehn Kilogramm abgenommen. Dafür verzichtete er auf Alkohol, legte täglich anderthalb Kilometer im Hosinger Schwimmbad zurück oder verbrachte zwei Stunden auf dem Crosstrainer – um sich Kochsendungen anzusehen. Kein Zufall: Sport und die Vorliebe für gutes Essen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Karriere des Kommissars.

So sollte ausgerechnet 2011 die Stelle des Direktorenpostens innerhalb der Diekircher Hotelschule für eine unerwartete Wendung im Leben des Sportlehrers sorgen. „Ich hatte Romain Schneider eigentlich darum gebeten, ein gutes Wort für mich einzulegen, da ich meine Kandidatur für die Direktorenstelle einreichen wollte. Er meinte nur, ’das kannst du vergessen’, und fragte mich, ob ich es mir vorstellen könnte, zu ihm ins Sportministerium zu wechseln.“ Das klärende Gespräch, das damals in den Räumen des Landwirtschaftsministeriums stattfand, endete mit einer politischen Pointe. Thillens war für die CSV in die Gemeindewahlen gegangen, Schneider ist LSAP-Politiker. „Ich habe ihm gesagt, dass ich kein Parteisoldat sei. Da er meinte, dies sei ihm egal, habe ich das Angebot angenommen.“ Und Schneider weiß heute im Nachhinein: „Ich weiß, dass ihn das Angebot damals sehr überrascht hat. Politische Farben wurden innerhalb des Sportministeriums aber stets außen vor gelassen. Er war wie gemacht für diesen Job.“

Unzertrennlich: Rob Thillens (M.) und Ex-Sportminister Romain Schneider (2016)
Unzertrennlich: Rob Thillens (M.) und Ex-Sportminister Romain Schneider (2016) Foto: Didier Sylvestre/Editpress

Der damalige Sportminister wusste nämlich genau, worauf er sich gerade eingelassen hatte. Das Öslinger Duo kämpfte schon in jungen Jahren beim FC Wiltz für das gleiche Ziel, wenn auch zeitweise in vertauschten Rollen. „Er war Vorstopper und ich Mittelstürmer. Wer nun der bessere Spieler von uns beiden war, ist schwer zu sagen. Wir hatten beide unsere Qualitäten auf den jeweiligen Positionen“, meint Thillens – der später das Traineramt des Fusionsvereins übernahm. An seiner Seite: Co-Trainer Romain Schneider. „Er hat zudem die Funktion des Kleeschen hervorragend erfüllt“, erinnert sich der zukünftige Rentner, der besonders dessen Ansprachen mit pikanten Spitzen hervorhob.

Verschwitzter Kommissar

Damals war noch nicht abzusehen, wie oft Schneider später vor einem Rednerpult auftauchen sollte – und dass Thillens während sechs weiteren Jahren als „Commissaire du gouvernement à lEducation physique et aux Sports (von 2012 bis zu den Wahlen im Jahr 2018) erneut der erste Ansprechpartner und über alle Abläufe informiert sein würde. Dafür musste der Sportlehrer aber selbst noch sehr viel erlernen: „Ich dachte eigentlich, dass ich viel von Sport verstehen würde … Aber auf den europäischen Konferenzen wird einem jedes Mal das Gegenteil klar.“ Das Dossier der Sportwetten, eine einheitliche Betitelung des „Coach sportif“ oder die Definition des Schwimmlehrers waren drei Beispiele von Themen, mit denen sich Thillens in den letzten Jahren beschäftigte. 

Für mich war er eine Vertrauensperson. Wir wussten immer, wann Privates und Berufliches getrennt werden mussten. Und es wurde auch viel gelacht.

Romain Schneider, Ex-Sportminister

„Als Präsident der APEP (’Association des professeurs d’éducation physique’), als Fußballspieler oder Organisator der ’24 Stonnen Vëlo Wooltz’: Er wusste, auf was es beim Sport ankommt“, beschreibt Schneider seinen früheren Mitarbeiter. „Für mich war er eine Vertrauensperson. Wir wussten immer, wann Privates und Berufliches getrennt werden mussten. Und es wurde viel gelacht.“ Sogar übereinander: Der Landwirtschaftsminister kann sich das Lachen bei einer Anekdote noch immer nicht verkneifen. Es handelt sich um die Geschichte des verschwitzten Kommissars, der verspätet am Flughafen eintraf und in einer Bruthitze Jacke und braunen Aktenkoffer (den er übrigens bereits als Sportlehrer mit sich herumschleppte) ins Flugzeug hievte, während die gesamte Besatzung genüsslich zusah.

Während Thillens als Fußballtrainer an vorderster Front stand, änderte sich die Rollenverteilung mit dem Jobangebot des Ministers: „Eine eigene Errungenschaft hat der Kommissar nicht. Er ist dazu da, den Minister zu unterstützen. Romain Schneider dürfte aber wiederum sehr froh sein, dass das Fußballstadion endlich steht, die Dossiers des Velodrom und der Leichtahtletikpiste des INS in Angriff genommen wurden und viele nationale Zentren entstanden sind“, urteilt Thillens über die Erfolge der Schneider-Amtszeit. Die Infrastruktur und der Erfolg des „Subside qualité plus“, der jährlich 3,7 Millionen Euro in die Vereinskassen spült, sind die „großen Dinge, die ’Schnicki’ umgesetzt hat“.

Es verwundert nicht: Romain Schneider hebt bei seinen Erinnerungen an die gemeinsame Zeiten die identischen Punkte hervor. Das Duo hat keine Geheimnisse voreinander und verstand sich blind. „Er hatte nicht nur eine Beraterfunktion, sondern auch die Aufgabe, eigene Vorschläge zu machen und die Verbindungen zu anderen Ministerien, wie dem Bildungs- oder Innenministerium, auszubauen.“

Transparenz

Besonders der eigenständige Aufbau des „Subside qualité“ plus sowie die Planungen des Leichtathletikstadions haben sich als Projekte mit Kopfzerbrechen ins Gedächtnis eingebrannt. „Wir haben ebenfalls eine Datenbasis für Sportstätten auf die Beine gestellt“, erklärt Thillens. Über das digitale System wird nicht nur haufenweise Papier gespart, sondern ein Online-Kontrollmechanismus geführt, wodurch die Gemeinden das Geld für ihre Rechnungen schneller erhalten. „Es war der Wunsch des Ministers, für Transparenz zu sorgen. Wir sind bisher auch das einzige Ministerium, das dieses Problem elektronisch gelöst hat.“

Enkelkinder hüten, Familienhund Jamie versorgen und Rasenmähen sind nur ein paar der Aufgaben, die Rob Thillens jetzt bevorstehen
Enkelkinder hüten, Familienhund Jamie versorgen und Rasenmähen sind nur ein paar der Aufgaben, die Rob Thillens jetzt bevorstehen Foto: Alain Rischard/Editpress

Dass er seinen ehemaligen Chef wie seine Westentasche kennt, hatte in den letzten Jahren viele Vorteile: „In seiner Abwesenheit habe ich bei Versammlungen in seiner Philosophie antworten können, da ich ihn gut kenne. Ansonsten schickt man zur Absicherung einfach eine SMS. Ich erinnere mich nicht daran, dass es einmal Diskussionen gegeben haben soll. Manchmal wollte er bloß etwas abwarten, um eine Entscheidung zu treffen. Das lag aber nicht daran, dass er nicht einverstanden war. Der Minister entscheidet über das Prinzip und seine Mannschaft versucht, das umzusetzen.“ 

Dieser Mannschaftsgeist war bei den ehemaligen Fußballern besonders ausgeprägt: „Ich habe immer versucht, ein Maximum an Aufgaben zu verteilen. Eine einzelne Person kann nicht alles übernehmen. Der Minister ist einerseits abhängig von der Arbeit, die seine Verwaltung erledigt, und muss gleichzeitig für seine Mitarbeiter zugänglich sein. Schneider war in dieser Hinsicht beispielhaft.“ Und vertraute seiner Truppe: Thillens war für das Personal zuständig, verteilte Aufgabenfelder, koordinierte die Organisation und schlug Kandidaten für eventuelle Festeinstellungen vor. 

Nach einem offiziellen Nachfolger wurde bislang aber nicht gesucht. „Ich habe keinerlei Probleme mit Dan Kersch“, meint Thillens. Einen Kontakt wie mit Schneider gab es in den vergangenen beiden Jahren aber nicht. 

Die Krux mit dem Schulsport

Er wurde nicht müde, das Thema anzusprechen: Rob Thillens, als früherer Sportlehrer, plädierte jahrelang für ein Überdenken des aktuellen Sportunterrichts in den Luxemburger Schulen. Da Grundkenntnisse nicht mehr unbedingt von zu Hause aus erlernt werden, fordert der 63-Jährige neue Konzepte: „Für mich ist es dringend nötig, dass Kinder in der Grundschule das Schwimmen erlernen. Nicht unbedingt gleich in den ersten Jahren, aber mit neun oder zehn Jahren. Zudem können viele Kinder nicht Rad fahren. Es scheint, als würde dies zur Aufgabe für die Gemeinden und Schulen werden – ansonsten kann man das Konzept der grünen Mobilität gleich verbrennen.“
Oft scheitert es nicht einmal am schlechten Willen. Problematisch wird es allerdings bei der Übermittlung dieses Wissens: „Wie soll man dieses Wissen an Kinder weitergeben, wenn man das in der Ausbildung nie gesehen hat? Ich denke nicht, dass es beim Schulsport an der Organisation scheitert. Vielmehr halten die Gewerkschaftler der Grundschullehrer am alten System fest. Aber die Gesellschaft ist dabei, sich zu verändern, weshalb auch die Schule anders begleitet werden müsste.“
Sowohl qualitativ als auch quantitativ sieht Thillens Verbesserungsbedarf: „Meiner Meinung nach müsste vor allem in der Grundschule mindestens eine Stunde Sport pro Tag vorgesehen werden. Die Quantität der Stunden in der Sekundarschule ist katastrophal. Sport müsste als Programm total eingebunden sein. Die Qualifikation ist dabei das Wichtigste. Es hat keinen Sinn, jemanden zu zwingen, Sportstunden zu geben, wenn er nicht will.“

Steckbrief

Rob Thillens
Geboren am 30. März 1957
Berufliche Karriere: Nach seinem „Stage“ in den Lyzeen in Mersch und Diekirch wechselte er 1984 ins Wiltzer „Lycée du Nord“. 2011 bot ihm Sportminister Romain Schneider einen Posten in seinem Ministerium an. Ein Jahr begleitete er den Kommissar Guy Fusenig auf Schritt und Tritt, bevor er das Amt im Oktober 2012 übernahm. 
Sportliche Karriere: Dreifacher Fußball-Nationalspieler (1975-1977)