Rekordmeister vor der Insolvenz

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Viele Titel, viele Schulden: Der schottische Rekordmeister Glasgow Rangers steckt in der schwersten Krise seiner 139-jährigen Geschichte. Gibt es nicht noch ein Wunder, ist der Verein insolvent.

Die Glasgow Rangers sind Weltrekordhalter mit 54 Landesmeistertiteln. 1873 gegründet, spielte für den schottischen Traditionsclub seit Mitte der 90er Jahre Geld anscheinend keine Rolle mehr. Stars wie Paul Gascoigne und Brian Laudrup streiften das tiefblaue „Rangers“-Trikot über, Trainer-Ikone Dick Advocaat schmiss während seiner Amtszeit (1998-2001) mit mehr als 80 Millionen Pfund (rund 95,5 Mio. Euro) für Spielertransfers um sich. Für den Größenwahn gepaart mit einigem Missmanagement bekam der amtierende Meister nun die Quittung: als bisher größter britischer Verein stehen die Rangers vor der Insolvenz.

Am Montagabend verkündete „Rangers“-Besitzer Craig Whyte, dass der erste Schritt dafür eingeleitet wurde, der Konkurs selbst aber noch abgewendet werden solle. Wütende, besorgte „Rangers“-Fans buhten den Investor vor der Ibrox-Geschäftszentrale aus. Hintergrund des Finanz-Gaus: Der Verein steckt noch aus der Vor-Whyte-Ära in einem Steuerverfahren, in dem er astronomische Nachzahlungen und Strafen erwartet. Die schraubte Whyte am Montag von zunächst befürchteten 49 Millionen Pfund (58,5 Mio. Euro) auf bis zu 75 Millionen Pfund (90 Mio. Euro) hoch.

Zehn-Punkte-Abzug

Am Dienstag wollte die britische Steuerbehörde, der Hauptgläubiger, der BBC zufolge ihrerseits Insolvenz beantragen. Damit scheint der sofortige Zehn-Punkte-Abzug, den es für den fünften insolventen Club in der Geschichte der seit 1998 bestehenden schottischen Premier League gäbe, unabwendbar. Besonders bitter: Der Ex-Verein der Deutschen Jörg Albertz und Stefan Klos fiele auf 14 Punkte hinter den Erzrivalen Celtic zurück und kann die Meisterschaft abschreiben.

Zudem müssen die klammen „Rangers“ darum bangen, ob die UEFA sie im kommenden Jahr fürs europäische Geschäft zulässt. Ein Teufelkreis, denn darauf sind sie zum Schuldentilgen dringend angewiesen. In der einseitigen, kleinen Schotten-Liga sind die Einnahmequellen begrenzt.

„Business as usual“?

Der Spielbetrieb gehe „business as usual“ mit der Heimpartie gegen den FC Kilmarnock am Samstag weiter, versicherte Eigner Whyte. Er hatte den hochverschuldeten Verein erst im vergangenen Frühjahr von Stahl-Unternehmer David Murray übernommen: Nur für ein Pfund, weil der Club unter dem langjährigen Vorbesitzer Murray eine „Ära des Verprassens“ („Times“) erlebt hatte. Whyte betonte, die Verantwortung für die Misere liege in Entscheidungen, die „vor vielen Jahren“. getroffen worden seien.

Wie geht’s jetzt weiter? Sobald ein Insolvenzverwalter eingesetzt ist, lotet der die besten Optionen zur Sanierung aus. Möglich sind Spielerverkäufe und Mitarbeiterentlassungen. Auch Immobilien wie das Ibrox Stadium oder das Trainingsgelände Murray Park könnten laut BBC auf dem Prüfstand stehen. Paradoxerweise gab der Verein am Montag noch die Verpflichtung des Stürmer-Routiniers Daniel Cousin bekannt.

Und was denkt der Erzfeind? Immerhin begründet sich die Faszination der Liga vor allem aus „The Old Firm“, der Celtic-Rangers-Rivalität. Vereinschef Peter Lawwell sagte: „Wir brauchen die Rangers nicht.“