RadsportMichel Ries hat sich bei Trek-Segafredo eingelebt – und ist bereit für den Rest der Saison

Radsport / Michel Ries hat sich bei Trek-Segafredo eingelebt – und ist bereit für den Rest der Saison
Zu Beginn dieses Jahres nahm Michel Ries an der Tour Down Under teil und konnte Richie Porte dabei helfen, die Rundfahrt zu gewinnen  Archivbild: Brenton Edwards/AFP

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Michel Ries hat am Ende der vergangenen Saison seinen ersten Profivertrag unterschrieben. Der US-amerikanische Rennstall Trek-Segafredo, bei dem auch Alex Kirsch unter Vertrag steht, bot dem 22-Jährigen in der vergangenen Saison schon eine Chance als Stagiaire an, ehe der Luxemburger zu Beginn dieser Saison fest verpflichtet wurde und nun zu einer Mannschaft gehört, in der es von großen Namen nur so wimmelt. 

Richie Porte (35 Jahre), Vincenzo Nibali (35) oder Bauke Mollema (33) haben den größten Teil ihrer sportlichen Karriere bereits hinter sich. Zu ihrem Palmarès zählen einige große Titel: Der Australier gewann zweimal die Gesamtwertung von Paris-Nice, der Italiener einmal die Tour de France sowie zweimal den Giro d’Italia und der Niederländer konnte im letzten Jahr unter anderem die Lombardei-Rundfahrt für sich entscheiden – und damit sind nur die wichtigsten ihrer Siege aufgelistet. Zu Beginn dieser Saison tauchte auch der Name des Luxemburgers Michel Ries in den Kaderlisten von Trek-Segafredo auf – im Vergleich zu  einigen seiner Teamkollegen zählt er eher zu den „No-Names“ auf der WorldTour. Doch Trek-Segafredo hat gute Gründe, den 22-Jährigen zu verpflichten. 

2018 bekam Ries bereits die Möglichkeit, die Mannschaft kennenzulernen. Bei der Tour of Utah (2.HC) fungierte der damals 20-Jährige als Stagiaire und überzeugte die Verantwortlichen mit einem 29. Platz in der Gesamtwertung. Ries fuhr 2019 noch für das spanische Kontinental-Tour-Team Kometa Cycling, ehe er für  2020 einen Profivertrag bei Trek-Segafredo unterschrieb. Nachdem Alberto Contador zum Ende der Saison 2017 das Team verließ und seine Karriere beendete, rüsteten die Amerikaner auf: Zu Jasper Stuyven und dem amtierenden Weltmeister Mads Pedersen gesellten sich erst 2019 unter anderem Richie Porte, 2020 kam Vincenzo Nibali dazu. „Wir haben eine sehr starke Mannschaft mit vielen großen Namen“, erklärt Ries, den diese Tatsache nicht abschreckt. „Wir haben aber auch einige junge Fahrer dabei, deswegen sind wir sehr ausgeglichen. Insgesamt herrscht in der Mannschaft eine gute Stimmung, die Saison war bis jetzt auch sehr erfolgreich.“

Keine Scheu 

In der starken Saison des amerikanischen Teams sticht vor allem Jasper Stuyvens Sieg beim Omloop Het Nieuwsblad (1.UWT) hervor. Des Weiteren konnte Matteo Moschetti die Trofeo Playa de Palma – Palma und Trofeo Felanitx, Ses Salines, Campos, Porreres (beide 1.1) gewinnen, Richie Porte gewann zum Saisonauftakt die Santos Tour Down Under (1.UWT). In Australien steuerte auch Michel Ries seinen Teil zum Erfolg Portes bei. „Für mich läuft in der Mannschaft bis jetzt alles sehr positiv. Ich habe mich gut eingelebt und fühle mich sehr wohl.“ Nach seiner Zeit als Stagiaire hatte Ries im November 2019 weitere Bekanntschaften mit seinen Teamkollegen gemacht. Die Mannschaft hatte sich in Chicago getroffen, um die Fabrik ihres Radherstellers Trek Bikes zu besichtigen. „Es war eine Woche Teambuilding. Man vergisst schnell, mit wem man es da zu tun hat und welche Rennen die einzelnen Fahrer bereits gewonnen haben. Die Mannschaft war von Beginn an sehr offen.“ Mit Alex Kirsch hat Ries zudem einen Luxemburger als Mannschaftskollegen. „Es hilft sicherlich, wenn man schon jemand in der Mannschaft kennt. Ich kannte auch andere Fahrer von der Tour – insgesamt war dies aber nicht ausschlaggebend.“

Vor der Saison habe Ries zum Ziel gehabt, vor allem Erfahrung in seiner ersten Profisaison zu sammeln. „Ich möchte einen Platz im Team finden und das höchste Niveau der Welt kennenlernen.“ Zusammen mit den Sportdirektoren um den ehemaligen ukrainischen Radprofi Yaroslav Popovych hatte Ries ein Programm erarbeitet: Ziel waren Etappenrennen über mehrere Tage. Zu dem Programm hätte unter anderem die Katalonien- und Baskenland-Rundfahrt sowie die Tour de Suisse gehört (alle 2.UWT) – auch Strade Bianche (1.UWT) stand auf der Agenda des Luxemburgers. „Am Tag, an dem ich nach Italien abreisen sollte, wurde Strade Bianche abgesagt. Um zwölf Uhr ging der Flug, um zehn Uhr kam die Meldung bei mir an. Ich muss schon sagen, dass diese Zeit der Ungewissheit kompliziert war.“  

Eine Zeit der Ungewissheit, die Ries laut eigener Aussage aber bis jetzt gut überbrückte. Im Gegensatz zu seinen italienischen Teamkollegen um Nibali hatte Ries die Möglichkeit, draußen zu trainieren. Der 22-Jährige hielt sich in seinem Heimatort Olm auf und versuchte, seine Fitness zu halten. „Ich habe außerdem versucht, an Schwächen zu arbeiten oder Sachen zu trainieren, für die man sonst nicht so viel Zeit hat.“ Insgesamt habe er im Training die Intensität ein wenig herausgenommen, aber dennoch sei er zufrieden, wie er die Zeit während der Coronakrise sportlich überstanden habe.

Für den Rest der Saison hat Ries bereits eine Grobfassung seines Rennkalenders. Für das Eröffnungsrennen der neuen Saison, den Strade Bianche, sei er nicht mehr vorgesehen, dafür werde er seine Saison am 6. August mit dem Mont Ventoux Dénivelé Challenge (1.1) starten. Den weiteren August wird er beim Critérium du Dauphiné und der Tour de l’Ain in Frankreich verbringen.

Start bei der Vuelta?

Im September wird Ries dann bei den beiden WorldTour-Rennen in Kanada starten, ehe er wahrscheinlich auch die SkodaTour de Luxembourg angehen wird. Auch die Ardennen-Klassiker stehen bei Ries auf dem Programm, ehe er „wahrscheinlich“ mit der Vuelta die erste große Rundfahrt seiner Karriere absolvieren wird. „Es ist schwer zu sagen, wie ich mich über drei Wochen erholen werde, weil ich diese Erfahrung noch nicht gemacht habe. Bei Rennen über zehn Tage ging das meistens gut – ich denke aber, dass mir solche Rundfahrten eher entgegenkommen als Eintagesrennen.“ In den letzten beiden Jahren konnte der Luxemburger bei der Tour de l’Avenir, einem zehntägigen Etappenrennen für Nachwuchsfahrer, zweimal unter die Top Ten der Gesamtwertung fahren, im letzten Jahr wurde er sogar siebter. „Die Rennen haben mir gezeigt, dass ich auch in den letzten Tagen gut über die Berge komme. Meine Stärken liegen am Berg.“

Mit einer Größe von 1,84 Metern und einem Gewicht von 67 Kilogramm gehört Ries aber schon zu den schwereren Bergfahrern. „Man muss meine Entwicklung abwarten. Ob ich in Zukunft mal selbst auf eine Gesamtwertung bei einer großen Rundfahrt fahren kann, ist schwer zu sagen. Das Niveau ist dort extrem hoch.“  Ries klingt ambitioniert, aber auch realistisch. Wenn die Saison wieder beginnt, weiß der Luxemburger, was auf ihn zukommen wird. „Das Niveau wird ab Anfang August sehr hoch sein. Es gibt keine Vorbereitungsrennen mehr. Wenn es losgeht, dann wird es richtig schnell.“

Voraussichtliches Rennprogramm

6.8. Mont Ventoux Dénivelé Challenge (1.1)
7.8. – 9.8. Tour de l’Ain (2.1) 
12.8 – 16.8. Critérium du Dauphiné (2.UWT)
11.9. Grand Prix Cycliste de Québec (1.UWT)
13.9. Grand Prix Cycliste de Montréal (1.UWT)
15.9. – 19.9. Skoda-Tour de Luxembourg (2.Pro) 
30.9. Flèche Wallonne (1.UWT)
4.10. Liège-Bastogne-Liège (1.UWT)
10.10. Amstel Gold Race (1.UWT) 
20.10. – 8.11.  Vuelta ciclista a España (2.UWT)