RadsportEin „fast perfekter Tag“ in Neongelb: L. Wirtgen lange vorne dabei – Evenepoel gewinnt

Radsport / Ein „fast perfekter Tag“ in Neongelb: L. Wirtgen lange vorne dabei – Evenepoel gewinnt
Luc Wirtgen (fünfter Fahrer in der Gruppe) fuhr am Sonntag mit zwei Teamkollegen in der „échappée“  Foto: Eric Lalmand/dpa

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Remco Evenepoel (Quick-Step Alpha Vinyl) hat am Sonntag die 108. Ausgabe von Liège-Bastogne-Liège gewonnen. Der Belgier setzte sich vor seinen Landsleuten Quinten Hermans (Intermarché-Wanty-Gobert Matériaux) und Wout van Aert (Jumbo-Visma) durch. Einen erfolgreichen Tag verbuchte auch Luc Wirtgen (Bingoal Pauwels Sauces WB), der nach seiner Flucht bei der Flèche Wallonne auch den Sprung in die Ausreißergruppe des Tages bei der „Doyenne“ schaffte. 

Ergebnis

108. Liège-Bastogne-Liège über 257,2 km:
1. Remco Evenepoel (Quick-Step Alpha Vinyl) 6:12:38 Stunden, 2. Quinten Hermans (Intermarché-Wanty-Gobert Matériaux), 3. Wout van Aert (alle Belgien/Jumbo-Visma), 4. Daniel Felipe Martinez (Ecuador/Ineos), 5. Sergio Higuita (Kolumbien/Bora-hansgrohe), 6. Dylan Teuns (Belgien/Bahrain Victorious), 7. Alejandro Valverde (Spanien/Movistar), 8. Neilson Powless (USA/EF Education-EasyPost), 9. Marc Hirschi (Schweiz/UAE Emirates), 10. Michael Woods (Kanada/Israel-Premier Tech) alle 0:48 Minuten zurück, … 48. Luc Wirtgen (Luxemburg/Bingoal Pauwels Sauces WB) 7:35, … 58. Bob Jungels (Luxemburg/Ag2r-Citroën), 59. Kevin Geniets (Luxemburg/Groupama-FDJ) beide gleiche Zeit 

Luc Wirtgen drehte sich in der Côte de la Redoute kurz um und sah eine blaue Rakete an sich vorbeiziehen – näher als der Luxemburger hätte man in der entscheidenden Szene der 108. Ausgabe der „Doyenne“ nicht sein können. Wirtgen verbrachte den ganzen Tag in der Spitzengruppe und musste dann in der beschriebenen Szene Remco Evenepoel, den späteren Sieger, an sich vorbeiziehen lassen. „Das war krass“, sagte L. Wirtgen. „Ich hätte die Attacke bei Kilometer null wohl nicht mitgehen können, so schnell ist der vorbeigefahren. Man muss realistisch sein, er fährt auf einem anderen Niveau. Derjenige, der hier gewinnt, gehört zu den drei Besten in der Welt.“

Zuvor erlebte der 23-jährige Luxemburger ein ähnliches Szenario wie bei der Flèche Wallonne am vergangenen Mittwoch. Nicht für die Ausreißergruppe geplant, sprang er doch wieder in die „échappée“. „Es waren fünf Mann für die Ausreißergruppe geplant. Nur wenn es lange dauern sollte, dass sich eine Gruppe bildet, sollte ich mitgehen.“ Die belgische Mannschaft von Bingoal Pauwels Sauces WB setzte den Plan um und fuhr sogar mit drei Mann in einer elfköpfigen Spitzengruppe. 

Die neongelben Shirts des Teams stachen hervor und waren den ganzen Tag über auf den TV-Bildschirmen zu sehen. „Unser Chef ist sehr zufrieden“, erklärte Wirtgen. „Unser Tag ist mehr als gelungen. Auch für mich persönlich. Ich war den ganzen Tag vorne und mit den Besten am Ende in der Spitze. Eigentlich kann es nicht viel besser laufen.“ Luc Wirtgen war als letzter der drei Bingoal-Fahrer vorne verblieben.

Alle Luxemburger im Ziel in der gleichen Gruppe

Der letzte Teil der Ardennen-Trilogie hat für das Team einen hohen Stellenwert. Von welcher Bedeutung Luc Wirtgens Leistung ist, verdeutlicht folgende Anekdote: „Als ich noch vorne unter den besten sechs und am Fuß der Côte de la Redoute war, schrie ein Sportlicher Leiter, den ich sonst nur sehr ruhig kenne: ‚Scheiße, du bist noch vorne und es sind nur noch 29 Kilometer.’ Wenn ein Sportlicher Leiter so euphorisch wird, dann weiß man, dass man gute Arbeit geleistet hat“, erzählte Wirtgen.

Liège-Bastogne-Liège ist zudem das Lieblingsrennen des Luxemburgers – „auch wenn es das härteste ist“, fügte er hinzu. „Ich hatte heute öfter Gänsehaut. Es war einfach cool.“ Am Ende des Tages zogen die besten Fahrer an der Côte de Redoute an Wirtgen vorbei – doch er schaffte es dennoch, in einer zweiten großen Gruppe über die Ziellinie zu fahren. Am Ende hatte er 7:35 Minuten Rückstand auf den belgischen Sieger und sorgte mit dem 48. Platz für das beste luxemburgische Resultat. 

Evenepoel konnte nach seinem Antritt an der Côte de la Redoute niemand folgen. „Heute war mein bester Tag auf dem Rad überhaupt. Es war fantastisch, aber schwer“, sagte der 22-jährige Sieger. „Allein im Gegenwind habe ich mich schwergetan, aber ich denke, heute haben alle gelitten, es war ein schweres Rennen. Ich habe mental und körperlich sehr gelitten nach dem Lombardei-Sturz. Aber jetzt merke ich, dass alles stabil ist und ich wieder der beste Remco werde. Heute (Sonntag) habe ich den besten Remco seit damals gezeigt. Ich bin stolz, hier gewonnen zu haben.“ 

Pure Freude: Remco Evenepoel mit seinem Vater 
Pure Freude: Remco Evenepoel mit seinem Vater  Foto: Eric Lalmand/dpa

In derselben Gruppe wie Luc Wirtgen fuhren auch Bob Jungels (Ag2r-Citroën) als 58. und Kevin Geniets (Groupama-FDJ) ins Ziel. „Es war ein sehr schneller Tag“, sagte Jungels, der das Monument 2018 gewinnen konnte. „Liège ist immer hart. Für mich persönlich lief alles gut, bis zum großen Sturz kurz vor dem Col du Rosier.“ 60 Kilometer vor dem Ziel gab es einen Massensturz – unter anderem fiel Weltmeister Julian Alaphilippe (Quick-Step-Alphy Vinyl) einen Abhang hinunter und wurde ins Krankenhaus gebracht. 

Ag2r-Citroën enttäuscht

Jungels erwischte es allerdings nicht. „Ich war zum Glück nicht involviert, wurde aber aufgehalten. Wir sind am Col du Rosier Vollgas gefahren, um zur Gruppe zurückzukommen. Wir haben es geschafft, aber danach war ich leer.“ An der Côte de la Redoute musste Jungels der Arbeit dann Tribut zollen. Am Ende steht als bestes Ergebnis für Ag2r-Citroën ein enttäuschender 24. Platz von Benoît Cosnefroy zu Buche, der am Sonntag mit seiner Pollen-Allergie kämpfte. „Wir haben einen guten Spirit im Team, das ist positiv“, sagte Jungels. „Für mich persönlich ist es eine schwierige Periode. Ich hoffe, dass ich meine Beine so schnell wie möglich wiederfinde.“ Die nächste Gelegenheit bietet sich Jungels bereits am Dienstag. Dann wird er bei der Tour de Romandie starten. 

Kevin Geniets war in der Côte de Saint-Roch gut platziert 
Kevin Geniets war in der Côte de Saint-Roch gut platziert  Foto: Eric Lalmand/AFP

Einen Platz hinter Jungels landete am Sonntag das Landesmeistertrikot von Kevin Geniets. „Ich habe nun viele Rennen hintereinander bestritten und bin froh, dass es heute (Sonntag) noch ganz okay lief.“ Geniets, der nach eigenen Angaben spürte, dass er nicht mehr so frisch gewesen sei, wollte bis zur Côte de la Redoute im Hauptfeld fahren. „Ich bin knapp nicht über die Kuppe gekommen – dann war mein Rennen gelaufen. Bei einem solchen Rennen kann man taktisch nicht viel falsch machen. Es fehlt dann einfach in den Beinen.“ Bei seiner ersten Teilnahme an „Léck-Baaschtnech-Léck“ war Geniets vor allem von der Unterstützung der luxemburgischen Fans positiv überrascht. „Ich habe noch nie so viele Luxemburger bei einem Rennen gesehen, das hat sehr geholfen“, erklärte der Landesmeister abschließend.