Das sagten die beiden Kandidaten

Das sagten die beiden Kandidaten
(Didier Sylvestre)

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Benoît Joachim und Camille Dahm kandidieren heute für den Präsidentenposten der FSCL. Das Tageblatt führte im Vorfeld mit beiden Kandidaten Interviews.

Benoît Joachim stand dem Tageblatt am 13. Februar Rede und Antwort, während Camille Dahm am 24. Februar zu Wort kam. Unmittelbar vor dem Kongress am Freitag in Leudelingen können nachfolgend beide Interviews noch einmal durchgelesen werden:

BENOÎT JOACHIM Der Kandidat auf den Präsidentenposten der FSCL steht zu seinem Wort

„Dr. Ferrari bleibt für mich ein Genie“

Benoît Joachim will am 18. März beim FSCL-Kongress für den Präsidentenposten kandidieren. Der ehemalige US-Postal- und Astana-Profi, der zweimal die Tour de France bestritten hat, ist in Radsportkreisen nicht unumstritten. Nach dem Dopingskandal um Lance Armstrong hat Joachim mit einigen Aussagen für Aufsehen gesorgt. Auch heute steht er zu seinem Wort und verteidigt seine Aussagen.

Haben Sie ihre Bewerbung bereits eingereicht?

Noch nicht. Ich wollte es zwar heute (gestern) tun, allerdings bin ich nicht dazu gekommen. Ich werde dies aber am Montag nachholen, damit liege ich ja noch immer in der dafür vorgesehenen Frist.

Was hat den Ausschlag für Ihre Kandidatur gegeben?

Mich treibt eine große Motivation an. Ich bin dem Radsport ja nicht ganz fremd. Ich muss aber auch sagen, dass ich nach meiner aktiven Karriere, so wie es einigen Sportlern geht, einfach die Schnauze voll hatte vom Radsport, ich habe Abstand gebraucht. Aber in den letzten Jahren ist die Lust zurückgekehrt. Ich fahre selbst wieder mehr und will mich verstärkt im Radsport engagieren.

Ist es von Vorteil, wenn man den Sport so gut kennt wie Sie?

Also ich würde es sogar absurd finden, wenn jemand, der nicht aus dem Sport kommt, den Posten übernehmen würde. Als ehemaliger Radfahrer kann ich die Athleten sehr gut verstehen, wir sprechen die gleiche Sprache. Es ist sicherlich für den Nachwuchs einfacher, sich mit einem Präsidenten zu identifizieren, der weiß, wie es ist, zehn Stunden in einem Minibus zum nächsten Rennen zu fahren. Außerdem bekommt man als Sportler ja auch mit, wie so ein Verband funktioniert. Wenn ich gewählt werden würde, wäre ich jedenfalls nicht ganz ahnungslos, was das anbelangt.

Wo sehen Sie die Prioritäten in den kommenden Jahren?

Ganz klar an der Basis. Der Radsport und sein Verband sind viel mehr als bloß die paar Profis. Das sind zwar ideale Aushängeschilder, mit denen man sich bei WMs usw. zeigen kann, aber die FSCL steht auch für die zahlreichen Hobbysportler, und hier fängt die Arbeit an. Ich will jetzt nicht alles über den Haufen werfen, denn in den vergangenen Jahren gab es sicherlich gute Ansätze. Aber es gibt immer etwas zu verbessern und auch wenn wir für ein kleines Land bereits eine beachtliche Zahl von Profis haben, ist es vielleicht möglich, noch den einen oder anderen mehr zu bekommen.

Sie waren bereits als aktiver Fahrer einer, der polarisiert hat, und haben das auch nach Ihrer Karriere beibehalten, u.a. mit Aussagen im Zusammenhang mit der Doping-Affäre um Ihren ehemaligen Rennstall US Postal. Sind Aussagen wie „ich bereue es, nicht mit Dr. Ferrari zusammengearbeitet zu haben“ und der Posten des FSCL-Präsidenten kompatibel?

Absolut! Und ich stehe auch heute noch zu dem, was ich damals gesagt habe. Ich wollte den Leuten einfach einmal die Augen öffnen und die Problematik öffentlich ansprechen. Viele Menschen laufen mit Scheuklappen durchs Leben und in den Medien wird viel Mist über das Thema Doping verbreitet, wenn ich es einmal so sagen darf. Die Dopingproblematik im Radsport ist bekannt und es bringt nichts, alte Geschichten immer und immer wieder aufzurollen. Überall, wo es um Geld oder Ruhm geht, gibt es Leute, die betrügen wollen, und das wird immer so bleiben. Das heißt nicht, dass nicht auch ich gegen Doping bin. Aber beim Radsport soll es vorrangig ums Pedalieren und nicht ums Dopen gehen. Das wird auch in den Medien manchmal vergessen.

Sie haben auch gesagt, dass Sie mehr hätten betrügen sollen, um mehr Geld zu verdienen.
Das ist ja auch so. Wenn ich betrogen hätte, hätte ich viel mehr verdient. Ich habe das ja bei anderen gesehen. Einige wurden im Nachhinein zwar pro forma sechs Monate gesperrt, sind aber weiterhin gut angesehen im Radsport. Mit Ausnahme vielleicht eines Lance Armstrong, der als Sündenbock herhalten musste.

Haben Sie in Ihrer aktiven Zeit betrogen?

Nein, das habe ich nicht.

Aber Sie haben doch auch gesagt, dass Sie Teil des Systems waren.

Ich war lange genug Teil des Teams (von 1999 bis 2006), da kann ich schlecht etwas anderes behaupten.

Sind Sie auch immer noch der Meinung, dass der Dopingarzt Michele Ferrari ein Genie ist?

Ja. Solange wie er als einzelner Mann Hunderten von Wissenschaftlern einen Schritt voraus ist, ist er in meinen Augen ein Genie.

Haben Sie nicht Angst, dass es Ihnen als ehemaligem US-Postal-Fahrer an Glaubwürdigkeit fehlen wird?

Ich bin Realist und ich weiß, dass es in den vergangenen Jahren im Radsport eine Mentalität gab, bei der Ethik und Moral nicht unbedingt groß geschrieben wurden. Es hat sich aber einiges getan. Aber wie bereits zuvor gesagt, wenn zwei Leute um den Sieg kämpfen, wird immer einer versuchen zu betrügen, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Vielleicht kann ich aber durch meine Erfahrung bereits früher als andere erkennen, wenn ein Fahrer auffällig wird.

Was würden Sie konkret im Anti-Doping-Kampf unternehmen?

Zuerst einmal muss damit aufgehört werden, den Jugendlichen im Internet oder in der Presse Gebrauchsanweisungen fürs Doping zu geben. Man braucht nur zum Beispiel Hamilton und Doping bei Google einzugeben und schon bekommt man detailliert erklärt, was er genommen hat und dass man diese Mittel auch übers Netz bestellen kann.

CAMILLE DAHM Kandidat für die Präsidentschaft der FSCL

„Priorität: Kalender-Reform“

Camille Dahm wird am 18. März beim FSCL-Kongress in Leudelingen genau wie Benoît Joachim für das Präsidentenamt kandidieren. Der Direktor der Eneps („Ecole nationale de l’éducation physique et des sports“) hat sich eher spontan zu einer Kandidatur entschlossen, kennt den Radsport allerdings seit vielen Jahren.

Camille Dahm, der Vater der beiden Radfahrer Charles und Jacques Dahm, macht sich Gedanken um die Zukunft des nationalen Radsports. Deshalb hat sich der Sportprofessor und Aufsichtsratsmitglied der ALAD dazu entschlossen, für die Nachfolge von Jean Regenwetter zu kandidieren. Was er zuerst anpacken will, weiß er auch bereits.

Was hat letztendlich den Ausschlag für Ihre doch etwas spontane Kandidatur gegeben?

Camille Dahm: Es stimmt, meine Kandidatur kam relativ spontan zustande. Wenn es einen Kandidaten gegeben hätte, der meiner Ansicht nach für den Posten geeignet wäre, hätte ich keine Bewerbung abgegeben. Jedoch war bloß die Kandidatur von Benoît Joachim bekannt. Und nach seinen letzten Äußerungen (Joachim wiederholte im Tageblatt-Interview u.a., dass Doping-Arzt Michele Ferrari ein Genie sei und dass er zu seiner aktiven Zeit mehr hätte betrügen sollen, um mehr Geld zu verdienen, d. Red.) konnte man dies nicht einfach so hinnehmen.

Dann haben Sie sich entschieden, gegen ihn anzutreten.

Ich habe mit einigen Leuten aus dem Radsportmilieu Gespräche geführt. Ich habe den Sportminister gefragt, ob meine Kandidatur in Ordnung gehen würde und als er mir grünes Licht gab, habe ich meinem Verein Velo Woolz mitgeteilt, dass ich kandidieren würde.

Sie kommen aus dem Radsport, wie waren Sie in den letzten Jahren dem Sport verbunden?

Ich hatte die ganze Zeit über eine enge Bindung zum Radsport, auch wenn ich nicht im Verband tätig war oder einem Verein vorstand. Allein schon wegen meiner Tätigkeit bei der Eneps und in der Trainerausbildung blieb ständig ein enger Kontakt zur FSCL. Und auch in Wiltz habe ich immer wieder ausgeholfen. Wenn der Radsport einen erst mal gepackt hat, lässt er einen nicht mehr los.

Sie haben Ihre Tätigkeit bei der Eneps, der Sie als Direktor vorstehen, angesprochen. Ist diese Tätigkeit mit jener des FSCL-Präsidenten vereinbar?

Als Präsident geht es doch darum, den ganzen Betrieb zusammenzuhalten. Dafür muss man nicht 24 Stunden am Tag bereitstehen. Ein Verband wie die FSCL besteht aus vielen Leuten und wenn man ein starkes Team hat, dann funktioniert auch vieles ohne den Präsidenten. Außerdem bleiben ja noch die Wochenenden und auch während der Mittagspausen oder nach der Arbeit kann ich für den Verband arbeiten. Außerdem wäre es ja bloß für rund ein Jahr, wo ich ein wenig zwischen zwei Stühlen sitze, dann gehe ich ja in Rente und habe mehr Zeit zur Verfügung.

Sie gelten als einer, der Missstände ohne Umscheife anspricht, welche Baustellen müssen beim nationalen Radsport-Verband behoben werden?

Der Kalender muss unbedingt reformiert werden. Wir fangen im März bei schlechtem Wetter an und die Saison geht schon im Juni zu Ende. In den schönsten Monaten finden keine Rennen statt, das kann doch nicht sein. Außerdem gibt es Wochenenden, wo zwei Veranstaltungen stattfinden und dann kommen wieder drei Wochenenden, wo überhaupt nichts los ist. Das ist doch auch nicht im Interesse der Vereine. Ich bin davon überzeugt, dass man, wenn man sich zusammensetzt, auch einen vernünftigen Kalender auf die Beine gestellt bekommt.

Die Zahl der Rennen nahm in den letzten Jahren ab, was kann man dagegen tun?

Auch hier ist der Dialog mit den Vereinen wichtig. Vielleicht muss der Verband den Klubs bei der Organisation von Rennen mehr zur Seite stehen. Nicht einfach, ein Radrennen zu organisieren, aber vielleicht wenn man mal in andere Dörfer ausweicht, die keinen eigenen Verein haben, kann man neue Rennen schaffen. Man würde auch ein anderes Publikum ansprechen und somit neue Jugendliche für den Radsport begeistern. So könnte man auch dafür sorgen, dass es in den Nachwuchskategorien mehr Lizenzen gibt.

Glauben Sie, dass es so einfach ist, die Zahl der Lizenzen zu erhöhen?

Einfach ist das sicher nicht. Aber man muss halt versuchen, neue Wege zu gehen. Wieso nicht mit Klubs aus anderen Sportarten zusammenarbeiten? Bei den jungen Nachwuchsathleten geht es doch vor allem darum, dass sie sich bestmöglich entwickeln. Und ein Techniktraining auf dem Fahrrad kann die motorischen Fähigkeiten eines Fußballspielers genauso verbessern wie Fußballtraining die Fähigkeiten eines Radfahrers. Bis zu einem gewissen Alter können Kinder doch auch zwei Sportarten ausüben. In diesem Sinne kann ich mir auch eine engere Kooperation mit der Lasep und der LASEL (Dahm war während zehn Jahren „directeur technique cyclisme“; d.Red.) vorstellen.

Die Jugendarbeit liegt Ihnen sehr am Herzen?

Das war schon immer so. Ich mag es, den Nachwuchstalenten die Grundwerte wie Fair-Play oder saubere Arbeit zu vermitteln. Das kommt wohl auch daher, dass ich mich auch bei der ALAD stark für Dopingprävention einsetze.

Was würden Sie als Präsident sonst noch angehen?

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Statuten. Nehmen Sie doch bloß den kommenden Kongress. Da kandidieren Leute für den Verwaltungsrat der FSCL, ohne zu wissen, wer Präsident sein wird. Vielleicht gibt es aber Kandidaten, die nicht mit jedem Präsidenten gut zusammenarbeiten können oder wollen. Das kann doch keine Grundlage für eine gute Arbeit auf Verbandsebene sein. Hier müssen die Statuten angepasst werden. Ebenso wenig kann es sein, dass Leute, die sich engagieren wollen, dies nicht können, weil bereits einer aus ihrem Klub im Verwaltungsrat sitzt. Dass man nicht fünf oder sechs Mitglieder aus dem gleichen Verein haben möchte, ist ok. Doch in Zeiten, in denen es ohnehin schwierig ist, freiwillige Helfer zu finden, ist ein Mitglied pro Verein in meinen Augen doch etwas wenig. Aber für alle Punkte, die ich jetzt angesprochen habe, gilt das Gleiche. Zuerst einmal muss man alle Beteiligte, sowohl aus dem Verband wie den einzelnen Vereinen, an einen Tisch bekommen.

Sprechen wir noch ein weiteres Thema an, das dem aktuellen FSCL-Präsidenten schwer auf dem Magen liegt: das Velodrom.

Dieses Thema liegt mir ebenfalls sehr auf dem Magen. Ich fahre sehr gerne auf der Bahn und habe sogar einen Trainerschein für die Piste. Im achten Fünfjahresplan stehen 13 Millionen Euro für den Bau eines Velodroms. Es ist also ein Gesetz. Nun haben wir den zehnten Fünfjahresplan und es ist immer noch nichts passiert. Sollte ich gewählt werden, werde ich den Sportminister auf jeden Fall noch einmal darauf ansprechen. Das Velodrom wird nicht von heute auf morgen stehen, doch es muss endlich Bewegung in dieses Dossier kommen.