RadsportNoah Fries startet heute seine ganz persönliche Flèche du Sud

Radsport / Noah Fries startet heute seine ganz persönliche Flèche du Sud
Noah Fries (vorne im Bild) wird die Flèche du Sud fahren – alleine Archivbild: Luis Mangorrinha/Le Quotidien

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Flèche du Sud 2020 wurde wie so viele andere Veranstaltungen abgesagt – für Noah Fries eine große Enttäuschung. Der 22-jährige Student hatte sich akribisch auf die Rundfahrt in diesem Jahr vorbereitet. Doch der Luxemburger ließ sich von Belgiern inspirieren und wird heute, wie ursprünglich vorgesehen, in Kayl starten und im besten Fall am Sonntag in Esch/Alzette ankommen.  

Es gehört fast zum Alltag von Profi- und Hobbyradsportlern, einige Stunden alleine unterwegs zu sein, um zu trainieren. Schwieriger wird es dann, wenn man über mehrere Tage fünf bis sechs Stunden unterwegs ist und dabei auch sportlich gefordert wird. „Ich glaube, dass es mental sehr schwierig wird“, sagt Noah Fries. „Zwei bis drei Stunden bekommt man noch hin, aber bei fast sechs Stunden muss man auch fit im Kopf sein.“ Der 22-Jährige startet heute bei der Flèche du Sud – die auch normalerweise heute hätte beginnen sollen, wäre da nicht die Corona-bedingte Zwangsabsage erfolgt.

Fries war besonders motiviert, das Rennen 2020 zu bestreiten, weil seine erste Vorstellung bei der Rundfahrt im letzten Jahr nicht zufriedenstellend war. „Ich wurde auf der ersten Etappe abgehängt und musste dann alleine weiterfahren. Ich wusste nicht, wie weit die nächste Gruppe hinter mir ist und ich hatte Angst, dass ich aus dem Rennen genommen werde.“ Aus diesem Grund holte Fries gleich alles aus sich heraus, um das Ziel überhaupt vor dem Ablaufen des Zeitlimits zu sehen – mit Erfolg. Doch die Körner, die er auf der ersten Etappe liegen ließ, machten sich am nächsten Tag bemerkbar. „Als ich auf der zweiten Etappe dann zum letzten Mal Bourscheid hinauffuhr, gingen bei mir alle Lichter aus“, erklärt Fries. „Das Niveau war viel höher, als ich dachte.“

Deswegen hieß es für den Geografie-Studenten in diesem Jahr, in puncto Training etwas draufzulegen. Er ist früher in die Vorbereitung zur Flèche du Sud gestartet, um längere Distanzen zu bewältigen, und er ist auch Rennen in Belgien gefahren, um ein Feeling für Wettkämpfe bekommen. Ein Feeling, das ihm eigentlich bekannt ist, in den letzten Jahren aber etwas verloren ging: Erfahrungen im Radsport hat er bereits einige gemacht – seine besten Zeiten waren, wie er selbst erzählt, seine Jahre bei den Junioren. Im Mountainbike wurde er bei den Junioren zweimal Landesmeister und fuhr international auch vorne mit, im Cyclocross nahm er 2017 bei den U23 an der heimischen Weltmeisterschaft in Beles teil – dort stürzte er gleich zweifach und wurde als 45. drei Runden vor Schluss aus dem Rennen genommen. Die Heim-WM war zugleich sein letztes großes Rennen – Fries entschied sich, Geografie in Freiburg zu studieren und sich darauf zu konzentrieren. 

Alleine auf 675,8 Kilometern 

Dass die Flèche du Sud dann aber abgesagt wird, ahnte Fries bereits. Die Enttäuschung sei dennoch groß gewesen, habe er sich doch mehrere Wochen darauf vorbereitet. „Die Form hat gestimmt“, sagt Fries – der die Rundfahrt nicht so einfach aufgeben wollte. „Ich habe gesehen, dass viele Sportler in ihren Sportarten Challenges entwickelten. Und dann habe ich gesehen, dass einige Belgier Lüttich-Bastogne-Lüttich am Tag der eigentlichen Austragung fuhren, das hat mich dann inspiriert.“ Aus der Idee wurde schnell ein konkreter Plan. Fries wollte die Flèche du Sud trotz der Absage genau so fahren, wie sie ursprünglich geplant war. „Ich werde alle fünf Etappen angehen, wenn ich es schaffe. Ich werde dabei genau denselben Parcours fahren, wie er vorgegeben war.“ Die Strecken kennt der Student, der zwischen seinem Wohnort Esch/Alzette und seinem Studienort Freiburg pendelt, bestens. „Das Schwierigste wird die Distanz. In diesem Jahr erstrecken sich zwei Etappen fast über 170 Kilometer.“ Zudem kommt, dass der Prolog, den es im letzten Jahr noch gab, gestrichen wurde und daraus eine normale Etappe entstand. Auch die Zahlen belegen Fries’ Aussage: 2019 hatten die Radsportler 586,55 Kilometer zu bewältigen, in diesem Jahr sind es 675,8 Kilometer, die Fries absolvieren muss – und das alleine. 

„Ich mache das, weil es mein Lieblingsrennen ist und ich die Strecke toll finde“, erklärt der Radsportler. „Ich weiß aber, dass es sehr anspruchsvoll wird. Auf der Bourscheider Etappe sind fast 2.400 Höhenmeter zu absolvieren. Das Ziel ist es, alle Etappen zu schaffen und am Sonntag nicht komplett leer zu sein.“ Fries wird die Etappen allesamt alleine angehen – eine Situation, die es noch schwieriger macht, die Etappen zu überstehen. „Einen Schnitt von 35 km/h zu fahren, wäre schon schwierig, selbst wenn der Wind sehr schwach wäre. Sportlich geht es für mich darum, einen Schnitt von 29 oder 30 km/h zu fahren. Schneller zu fahren, ist alleine nicht möglich.“ Auch weil er bei seinem Großvater in Esch/Alzette wohnt, will Fries, um eine Infektion mit dem Coronavirus zu vermeiden, nicht mit anderen Menschen in Kontakt treten. Sein Großvater ist Mitglied des Vorstand des LC Tetingen und war schon öfter Directeur Sportif bei der Flèche du Sud. Noah Fries‘ Vater fuhr das Rennen bereits acht Mal. „Es ist mein Lieblingsrennen, weil ich als Kind viele Etappen gesehen habe und meinen Vater angefeuert habe. Es wird sicher ein tolles Erlebnis – aber auch eine Herausforderung.“

Der Etappenplan

1. Etappe, heute: Kayl – Kayl (73,6 Kilometer)
2. Etappe, Donnerstag: Rümelingen – Rümelingen (165,0 Kilometer)
3. Etappe, Freitag: Bourscheid – Bourscheid (126,7 Kilometer) 
4. Etappe, Samstag: Mondorf – Mondorf (167,2 Kilometer)
5. Etappe, Sonntag: Esch/Alzette – Esch/Alzette (143,3 Kilometer)