Radsport / Saison 2009: Frank Schleck: Veränderte Vorzeichen

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Auch für Frank Schleck geht die Saison 2009 am Wochenende in Kalifornien los. Die Ziele sind die gleichen wie 2008. Die Vorzeichen haben sich aber etwas geändert. Kim Hermes

Auch für Frank Schleck geht die Saison 2009 am Wochenende in Kalifornien los. Die Ziele sind die gleichen wie 2008. Die Vorzeichen haben sich aber etwas geändert.

Kim Hermes

„Wir haben ein ganz starkes Team“, gab er zu Protokoll. Das ist so weit nichts Neues, aber „die Mannschaft wird zu 100% für uns fahren“. Mit „uns“ meint er sich und seinen Bruder Andy, die nach dem Abgang von Toursieger Carlos Sastre die unbestrittenen Kapitäne von Saxo Bank bei den großen Rundfahrten (i.e. die Tour de France) sein werden.
Man erinnert sich an die Etappe nach Alpe d’Huez 2008. In Gelb ging Frank Schleck in den Anstieg, im Trikot des Luxemburger Meisters ging er einen Tag später an den Start. Die Teamlogik hatte gespielt. Führender der Gesamtwertung war Kollege Carlos Sastre. Offiziell war alles nach Plan gelaufen. CSC-Saxo Bank wollte den Toursieg und hatte ihn bekommen. Ein schwacher Trost für Schleck, aber immerhin. „Er hat das Gelbe Trikot nicht verloren, er hat es gegeben“, so sein jüngerer Bruder Andy Schleck im Ziel der Alpe. Sastre sollte die erste Attacke fahren. Es war die erfolgreiche und entscheidende. Frank Schleck blieben die Tage in Gelb und am Ende ein starker sechster Platz in der Gesamtwertung der Tour de France (5. Platz, wenn man den überführten Dopingsünder Bernhard Kohl rausrechnet). Aber vor allem die Tage in Gelb sind mehr als nur eine gute Erinnerung. „Es hat mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben“, so der Mondorfer, „und ich freue mich auf 2009.“
Aber 2008 war mehr als nur die Tour de France. Die Episode um eine Überweisung von knapp 7.000 Euro aus dem Jahr 2006 auf ein Konto von Doping-Arzt Eufemiano Fuentes warf einen dunklen Schatten auf das Saisonende. Nach der Weltmeisterschaft war der sportliche Teil gelaufen. Bis Dezember zog sich das Dossier hin, als die Luxemburger Antidoping-Agentur ALAD die Affäre ohne Folgen zu den Akten legte.
Sportlich lief es auch schon vor der Tour hervorragend für den Luxemburger. Bei den großen Ardennenklassikern fehlte eigentlich nur ein Wimpernschlag zu einem Sieg. Das ist fast nichts, aber doch genug, damit die andern jubelten. „Ich war zweimal eigentlich der Stärkste, aber es hat nicht gereicht.“ Die Rede geht vom Amstel Gold Race, wo er sich von Damiano Cunego übersprinten lassen musste und von Liège-Bastogne-Liège, wo er gemeinsam mit seinem Bruder Andy einer der großen Animateure war. Am Ende konnte er dem Spurt von Alejandro Valverde nicht mehr folgen und musste sich hinter Davide Rebellin mit Platz drei zufrieden geben. Es ist die altbekannte Krux, dass Schleck „nie ein Sprinter“ sein wird. Valverde und andere sind ihm gegenüber im Vorteil, wenn es zum Spurt in einer kleinen Gruppe kommt. Das wissen sie auch und bei Liège-Bastogne-Liège beschränkte man sich gegen Ende des Rennens darauf, Schleck bloß nicht ziehen zu lassen und ihm im Zielsprint das Nachsehen zu geben. Da half es dem Luxemburger nichts, der Stärkste zu sein.
Und auch gegen Saisonende stimmte die Form eigentlich, Stichwort Weltmeisterschaft, wo er 2007 auf dem vierten Platz so nah dran war. „Es fehlt nicht mehr viel, eigentlich gar nichts“, bedauert er. „Ich war auch letztes Jahr gut in Form, aber ich habe eben den guten Coup verpasst“, so Schleck.
Damit bleibt in der trockenen Bilanz nur ein Sieg festzuhalten: Der Titel des Luxemburger Meisters, der allerdings in diesen Zeiten auf extrem hohem Niveau vergeben wird. „Ich bin eine sehr schöne Saison gefahren, hatte gute Ergebnisse. Wenn ich wieder so fahren würde, wäre ich froh“, meint der Mondorfer. Verpasste Siege und Podien hin oder her. Und natürlich sind die Ziele 2009 die gleichen wie 2008. Ardennenklassiker, Tour de France und am Saisonende noch die Weltmeisterschaft und die Lombardei-Rundfahrt.
Ein erlesenes Programm. Highlight ist wie jedes Jahr die Tour de France, wo beim Team Saxo Bank eine Schleck-Doppelspitze für die vorderen Plätze im Gesamtklassement vorgesehen ist. Sein jüngerer Bruder Andy wird schon fast notorisch zum Tour-Anwärter gemacht. Frank wird hingegen eher als Außenseiter auf den Gesamtsieg gesehen. Das liegt auch und vor allem daran, dass er im Zeitfahren gegenüber den Top-Anwärtern (wie Evans, Contador, Mentschow …) auf die Gesamtwertung in der Regel an Boden verliert. Auch mehr als sein Bruder. Er weiß das und arbeitet daran. Aber diesen Nachteil wird er wohl behalten. Andererseits hätten auch die wenigsten geglaubt, dass Carlos Sastre im entscheidenden Einzelzeitfahren 2008 sein Gelbes Trikot verteidigt.
Dafür kann Schleck in den Bergen entscheidende Sekunden herausholen. Sonst wäre er nie in Gelb Alpe d’Huez hochgefahren. Und weil in diesem Jahr kein Carlos Sastre in der eigenen Mannschaft seine Karten ausspielen kann, ist sein stärkster teaminterner „Gegner“ sein größter Verbündeter: sein Bruder Andy Schleck. Und wenn er Liège-Bastogne-Liège als eine seiner schönsten Erinnerungen der abgelaufenen Saison bezeichnet, dann ist damit sicher auch der Moment gemeint, als er zu seinem Bruder aufschloss, der gerade angegriffen hatte, und ihm den Arm um die Schulter legte.
Mit Sicherheit hätte er nichts dagegen, dieses Bild noch mal nachzustellen. Am liebsten wahrscheinlich bei der Tour de France. Und diesmal ohne das kleine Nichts, das letztes Jahr manchmal zum Sieg gefehlt hat.

FRANK SCHLECK PROGRAMM DER  1. SAISONHÄLFTE  

o Februar: Kalifornien-Rundfahrt (15.-22.), Het Volk (28.)

o März: Tirreno – Adriatico (11. – 17. März), Milan – San Remo (21.) GP E3 (28.)

o April: Tour des Flandres (5.), Baskenland-Rundfahrt (6.-11.), Amstel Gold Race (19.), Flèche Wallonne (22.), Liège-Bastogne-Liège (26.)

o Mai: Keine größeren Rennen programmiert

o Juni: Tour de Luxembourg (3.-7.), Tour de Suisse (13.-21.), Landesmeisterschaften (28.)

o Juli: Tour de France (4.-26.)

STECKBRIEF FRANK SCHLECK

o Geboren: 15. April 1980

o Größe: 1,86 m

o Gewicht: 67 kg

o Profi: seit 2003

o Palmarès: 2005: Luxemburger Meister (Straße), 2. Platz Züri Metzgete, 3. Platz Lombardei-Rundfahrt, 4. Platz Tour de Suisse, 2006: 1. Platz Amstel Gold Race, 15. Etappe der Tour de France (Alpe d’Huez), 6. Platz Tour de Suisse, 10. Platz Tour de France, 2007: 1. Platz Giro dell’Emilia, 4. Etappe der Tour de Suisse, 3. Platz Liège-Bastogne-Liège, 4. Platz bei der Weltmeisterschaft, 2008: Luxemburger Meister, 2. Platz Amstel Gold Race, 3. Platz Liège-Bastogne-Liège und 10. Etappe Tour de France, 6. Platz Tour de France   

F. SCHLECK über…  

… seine beste Erinnerung 2008?
Frank Schleck: Liège – Bastogne – Liège und die Tour de France.

… seine größte Enttäuschung 2008?
F.S.: Liège – Bastogne – Liège nicht gewonnen zu haben.

… Wünsche für 2009?
F.S.: Dass alles in meinem Leben so läuft, wie es soll und dass in meiner Familie keiner krank wird. Radfahren ist meine Leidenschaft, es ist nicht mein Leben und es gibt Dinge, die wichtiger sind. Schade, dass die Leute das manchmal vergessen.