Pekinger Olympia-ABC: Von Wasserball bis Gigant Russland

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Olympia ohne Wasserball? Undenkbar. Kein Mannschaftssport ist in den Annalen der fünf Ringe so verwurzelt. Ab 1900 war der Sport immer vertreten. Fußball dagegen fehlte 1932 im Olympia-Programm und war 1904 nur Demonstrationssportart.

Olympia ohne Wasserball? Undenkbar. Kein Mannschaftssport ist in den Annalen der fünf Ringe so verwurzelt. Ab 1900 war der Sport immer vertreten. Fußball dagegen fehlte 1932 im Olympia-Programm und war 1904 nur Demonstrationssportart.

Lange Leitung nach Peking. Von wegen. Olympische Spiele auf ihren Mobiltelefonen möchten immer mehr Menschen verfolgen. Handy-TV mit integrierten DVB-T-Empfängern machen’s möglich. 5,6 Millionen wollen jederzeit online sein, weitere 5 Millionen sind laut einer Umfrage von Techconsult im Auftrag des Hightech-Verbands Bitkom zumindest grundsätzlich interessiert. Befragt wurden Personen ab zehn Jahren. Für Bitkom-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer ein Signal für den „Trend zum mobilen Zugriff auf TV, Radio und Internet. Länder wie Südkorea oder Italien haben es vorgemacht, Deutschland zieht nach.“ Das größte Interesse zeigten Personen bis 17 Jahre.
Yankees unter dem Korb – nicht logischerweise Goldfavoriten. Nach den Pleiten der vergangenen Jahre wird jetzt alles aufgeboten, was Rang und Namen hat. So sollen Kobe Bryant (Los Angeles Lakers) und Jason Kidd (Dallas Mavericks) ihre Routine einbringen. Selbst mit Allstars wie Chris Paul, Dwyane Wade, Dwight Howard und LeBron James reichte es bei der WM 2006 nicht zum Titel. Noch größer war die Enttäuschung (2004), als in Athen nur Bronze heraussprang.
Moderner Fünfkampf stand bei Olympia oft auf der Kippe. Bis 1996 fanden die Wettbewerbe an vier oder fünf Tagen statt, „neu erfunden“ wurde Pentathlon als Ein-Tag-Ereignis. Schon 1992 war Schluss mit der Mannschaftskonkurrenz. Dafür wurde 2000 der Fünfkampf für Frauen eingeführt. Ursprünglich lag dieser Konkurrenz der Gedanke zugrunde, dass ein Soldat eine Botschaft hinter die feindliche Front überbringen müsse. George Patton, der berühmte US-General, wurde bei Olympia 1912 Sechster. Er war gut im Reiten und Fechten, im Laufen und Schwimmen, aber er versagte ausgerechnet im Schießen.
Partner der deutschen Olympiamannschaft ist Neckermann. Sechs Medaillen in allen Farben hatte Dressurreiter Josef Neckermann bei vier Olympischen Spielen (1960 bis 1972) gewonnen. Der Versandkonzern des Sporthilfe-Gründers, der zeitweise 20.000 Menschen beschäftigte, schreibt rote Zahlen, doch die olympische Kooperation läuft bis 2012. Mit dem Ausbau des Internetgeschäfts will das Unternehmen in die Erfolgsspur zurückfinden.
Italien schickt eine Rentnercombo. Fast. Mit einem Schnitt von 28,7 Lenzen ist die Azzurri-Delegation die älteste der letzten 16 Jahre. Im Fokus Andrea Benelli (48), Titelverteidiger mit dem Skeet-Gewehr, und Josefa Idem (43). „Der Sport hat sich verändert, auch weil man durch persönliche Sponsoren länger ganz vorne bleiben kann“, so die Kanutin. Ihr Gegenpart: die 17-jährige Turnerin Vanessa Ferrari. Gewinnt sie Gold, erhält sie ein Fahrzeug wie ihr Namen.
Autofahrverbot? Gilt nicht für die 5.000 Fahrzeuge, die der VW-Konzern als exklusiver Automobilpartner der Olympischen Spiele an das Komitee in Peking übergeben hat. Die Mobile der Marken Volkswagen, Audi und Skoda dienen der logistischen Unterstützung der Organisatoren, Athleten, Medien und Gäste. Der Konzern darf auf dem Olympia-Gelände auf 2.000 m2 Fläche seine Fahrzeuge der Öffentlichkeit präsentieren, das Unternehmen erwartet insgesamt rund vier Millionen Gäste in seinem „Volkswagen Pavillon“.
Pferde ab nach Hongkong. Auf den Anlagen des Hockey Clubs wird geritten. 80 Millionen Euro hat das OK in die Umbauten investiert. Stallungen und Trainingsareale haben Weltklasseniveau. Der Hauptreitplatz liegt auf einem Fußballfeld, die Tartanbahn erhielt Tribünen für 20.000 Zuschauer. Tennisplätze wurden zum Aufwärmbereich umfunktioniert, als Reithalle dient die Badminton-Anlage. Auf dem größten Golfplatz des Stadtstaates ist der Parcours für die Vielseitigkeitsprüfung hergerichtet. Aus Deutschland stammen die Reitböden und Pferdeboxen. Wegen der Luftfeuchtigkeit und Hitze gibt es klimatisierte Stallungen. „Für die Pferde wird besser gesorgt als für die Reiter“, so ein IOC-Sprecher.
Ein Wahnsinn! so kommentiert Radprofi Stuart O’Grady (Australien) den olympischen Straßenkurs in Peking. Der Start erfolgt nahe der Verbotenen Stadt in Richtung Große Mauer; das Ziel liegt im Olympia-Stadion. Wegen der schlechten Luft (Verkehrs- und Industrie-Abgase sowie Staub aus der Wüste Gobi) würden die Fahrer „wie Kanarienvögel in einem von Schlagwetter bedrohten Kohleschacht“ auf die 245 km langen Strecke geschickt. Die Höhenmeter kumulieren sich zu einer happigen Etappe der Tour de France.
Kubas Boxer stehen plötzlich im Schatten. Ihre Staffel ist weder vollzählig noch favorisiert. Früher galt die Parole: „Zwölf Goldene wollen wir!“ In der Ära von Teofilo Stevenson & Companeros war die Beute überwältigend. Fidel Castro konnte sich die Fäuste reiben. Jetzt muss Trainer Petro Roque junge, unerfahrene Kämpfer in den Ring schicken. Vier der fünf Goldmedaillen-Gewinner von Athen begingen „Fahnenflucht“. Drei (Solís, Gamboa, Barthelemy) wechselten als Profis in den deutschen Arena-Boxstall, Guillermo Rigondeaux (zweimal Gold) ist nach gescheitertem Fluchtversuch persona non grata in Havanna.
Internationales Verwirrspiel bieten Athleten, die unter fremder Flagge bei Olympia antreten. Zum Beispiel Becky Hammon, Star der WNBA, im Basketball-Team Russlands. Sie war nicht für Team USA nominiert worden … Für Katar wollte der kenianische Hürdenläufer Stephen Cherono unter dem Namen Saif Saed Shaheen starten, eine Verletzung verhindert das aber. Das Scheichtum zahlt ihm jeden Monat 1.000 US-Dollar – lebenslang. Der Chinese Lin Ju geht für die Dominikanische Republik an die Tischtennis-Platte, während der gebürtige Neuseeländer Matt Reed im Triathlon für die USA kämpft.
No Coke …? Eine Hiobsbotschaft für Coca-Cola, einer der zwölf Hauptsponsoren der Sommerspiele: Die meisten Chinesen halten das Konkurrenzprodukt Pepsi nach einer Umfrage für das offizielle Brausegetränk. Obwohl Adidas rund 75 Millionen Euro für die Nutzung der fünf Ringe während der Spiele an das IOC zahlt, dürfen Sieger und Platzierte in ihren eigenen Marken aufs Podium. Omega, Zeitnehmer aus der Schweiz, entsendet 450 Mitarbeiter und bekam schon den Zuschlag für die Spiele 2012 in London (38 Millionen Euro).
Gigant Russland. Ex-Eishockey-Crack Wjatescheslaw Fetisow, heute Chef der staatlichen Sportförderung, beziffert die Olympia-Investitionen auf eine Milliarde US-Dollar – der größte Flächenstaat der Welt mit 140 Millionen Einwohnern will China und den USA den Spitzenplatz in der Nationenwertung streitig machen. Zum letzten Male trainierten die russischen Olympioniken im alten Sportzentrum Podolsk – und ein neuer Patriotismus entsteht: Europameister im Basketball, Weltmeister im Eishockey, St. Petersburg UEFA-Pokalsieger und die Sbornaja-Fußballer im Halbfinale der Euro 2008. Go, Russia, go!