US EschPedro Ferreira: Nach 12 Jahren geht der Kapitän von Bord

US Esch / Pedro Ferreira: Nach 12 Jahren geht der Kapitän von Bord
Blickt stolz auf 12 Jahre US Esch zurück: Pedro Ferreira Foto: Editpress/Julien Garroy

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Sein Name steht stellvertretend für den Aufstieg der „kleinen“ US Esch: Nach zwölf Jahren an der Spitze des Vereins aus Lallingen tritt Pedro Ferreira aus gesundheitlichen und zeitlichen Gründen als Präsident zurück. Im Tageblatt-Interview beschreibt der 49-Jährige seine Gefühlslage, nachdem er seinen Rückzug am Wochenende bekannt gemacht hatte. 

Tageblatt: Pedro Ferreira, wir erreichen Sie in Portugal, wo Sie einige Tage ausspannen. Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

Pedro Ferreira: Ich bin ein wenig müde, so wie wohl jeder in diesen Zeiten. Aber es geht mir gut. Es ist der Stress, der mich zum Rücktritt bewegt hat, der hat Auswirkungen auf mein Herz. Und natürlich meine Verfügbarkeit.

Hat die verringerte Verfügbarkeit für den Verein mit Ihrem Beruf (Pedro Ferreira betreibt mehrere Fleischereien und einen Supermarkt, d.Red.) zu tun? Vielleicht sogar mit pandemiebedingten Schwierigkeiten Ihrer Geschäfte? 

Nein, mit Corona hat das nichts zu tun. Die Geschäfte funktionieren mehr oder weniger. Natürlich mit den Problemen, die so ziemlich alle Geschäftsleute jetzt haben. Und das sind Umsatzverluste bis zu 40%. Nein, ich will schon seit zwei, drei Jahren aufhören, eben wegen des Stresses.

Sie stehen sinnbildlich für den Aufstieg des Vereins. 2009 haben Sie den Klub in der 2. Division übernommen. Nun hat sich die „kleine“ US nach einem kurzen Ausflug in die BGL Ligue in der Spitzengruppe der Ehrenpromotion etabliert. Ist der Verein ohne Pedro Ferreira überhaupt überlebensfähig?

Natürlich. Der Verein existiert seit 1913. Präsidenten, Funktionäre, Trainer und Spieler kommen und gehen, der Verein bleibt immer da. Ich werde mich weiter engagieren, beim Sponsoring helfen. Von einem Tag zum anderen einfach so aufhören geht nicht, ich werde weiterhin eine Hand mit anpacken. Der harte Kern des Vereins ist ja noch da und muss nun übernehmen. Dazu gehören unsere Sekretärin Cristina Faria, die Martins-Brüder Augusto und Paulo sowie Daniel Fonte. Ich denke, dass einer der vier den Präsidentenposten übernehmen wird.

Natürlich ist es enttäuschend, wenn du die ganze Woche hart für den Verein arbeitest und dann kommt am Sonntag kaum jemand zum Spiel

 Wie viel eigenes Geld haben Sie seit 2009 in den Verein investiert?

Als ich 2009 anfing, war der Verein quasi bankrott. Da habe ich mich engagiert. Es ist aber keineswegs so, dass ich ein Alleinunterhalter gewesen wäre. Wir haben einen Sponsorenpool von ungefähr 60 kleineren und größeren Firmen. Der ist natürlich auch durch meine beruflichen Kontakte entstanden. Und trotz Pandemie bleiben sie fast alle dabei, sodass mir um den Verein nicht bange ist.

Was hat Sie damals bewogen, die US Esch zu übernehmen?

Wie gesagt, der Klub lag am Boden und ich lebe in Esch und liebe den Fußball. Und ich hatte damals mehr Zeit. Doch die ist wegen meines Betriebs immer knapper geworden. Und nach zwölf Jahren ist man einfach auch ein wenig müde. In einem kleinen Klub sind es immer die gleichen paar Leute, die sich einsetzen. 

Von der zweiten Division bis in die BGL Ligue, dazu ein Pokalhalbfinale. Auch in Sachen Infrastruktur hat sich das Spielfeld in Lallingen verändert, ähnelt inzwischen wenigstens ein wenig einem echten Stadion. Dort hängt auch eine Dankestafel mit Ihrem Konterfei. In Anbetracht dessen sind Sie doch sicherlich stolz auf das Erreichte, oder?

Natürlich bin ich stolz darauf. Aber ich habe das nicht allein geschafft. Die Dankestafel haben die Vorstandsmitglieder für mich dort angebracht. Auch das macht mich stolz. Was die Infrastruktur angeht, so wird es immer besser, auch wenn es lange noch nicht perfekt ist. Auch das ist eine Auszeichnung, denn die Gemeinde hat gesehen, dass wir seriös arbeiten.     

Was sich kaum geändert hat, ist der Zuspruch in der Öffentlichkeit. Die Zuschauerzahlen haben sich trotz der großen Erfolge nicht großartig verändert. Auch die Luxemburger haben den portugiesisch geprägten Verein scheinbar nie richtig angenommen. Wie enttäuschend ist das für Sie?  

Die Luxemburger nicht, aber genauso wenig die Portugiesen. Natürlich ist das enttäuschend, wenn du die ganze Woche hart für den Verein arbeitest und dann kommt am Sonntag kaum jemand zum Spiel. 

Kommt man in Esch nicht gegen die Jeunesse und Fola an?  

Es ist schwierig, immer in deren Schatten zu stehen. Aber das „Palmarès“ einer Jeunesse und der Erfolg einer Fola in den letzten Jahren muss man einfach respektieren. Da bleibt für den Dritten im Bunde nicht viel übrig. 

Fusion in Esch ist nicht einfach

Hat es während Ihrer Amtszeit Gespräche über eine Fusion gegeben?

Also ich finde, eine Fusion würde schon Sinn ergeben. Es gibt das Problem mit den Trainingseinrichtungen in Esch, die vielen Jugendlichen, fehlendes Geld, zu wenig Freiwillige und fehlendes Publikum. Da sollte man durchaus über eine Bündelung der Kräfte nachdenken können. Aber konkret wurde das nie, auch wenn die Gemeinde es gerne gesehen hätte. Durch die räumliche Nähe zur Fola (in Lallingen sind beide Vereine im Sportkomplex Nachbarn, d.Red.) haben wir viel mit ihnen kooperiert. Mit der Jeunesse dagegen hatten wir nie viel zu tun. Im Großen und Ganzen muss man sagen, dass das Interesse in den Vereinsspitzen für eine Fusion eher gering war. Eine Fusion in Esch ist nicht einfach.

Aufstiegsfeier 2017: Pedro Ferreira mit den Escher Lokalpolitikern André Zwally, Christian Weis und Henri Hinterscheid (v.r.n.l.)
Aufstiegsfeier 2017: Pedro Ferreira mit den Escher Lokalpolitikern André Zwally, Christian Weis und Henri Hinterscheid (v.r.n.l.) Foto: Alain Rischard/Editpress-Archiv

Nach dem Durchmarsch von der 1. Division in die BGL Ligue haben Sie mehrfach betont, dass Sie das Gefühl hätten, die US Esch wäre auf diesem Niveau nicht gerne gesehen. Woran machten Sie das fest?

Uns gegenüber gab es eine gewisse Skepsis. Das hatte aber nichts damit zu tun, dass wir ein portugiesisch geprägter Verein sind. Es ist ja auch nicht so, dass wir uns irgendwem verschlossen hätten, im Gegenteil. Die Skepsis war in erster Linie unserem Kunstrasenplatz geschuldet, dem einzigen dieser Art in der höchsten Liga. 

S’il y a un grand contre un petit, c’est toujours le petit qui se fait prendre

Sie fühlten sich ein ums andere Mal vom Verband und den Unparteiischen benachteiligt. 

Schon, das hat aber nichts mit unserem Verein im Speziellen zu tun. Das ist immer so, wenn „Kleine“ aufsteigen. „S’il y a un grand contre un petit, c’est toujours le petit qui se fait prendre.“ 

Waren Sie auch mit Rassismus konfrontiert?

Nein. Darum geht es auch wie gesagt nicht, sondern mehr um die Frage „Klein“ gegen „Groß“. 

Das Abenteuer BGL Ligue ging 2017/2018 mit vier Punkten aus 26 Spielen ziemlich schief. An so einer Saison kann ein Klub auch zerbrechen …

Es war nie unsere Ambition, auf dem höchsten Niveau zu spielen. Uns in der Ehrenpromotion zu etablieren war das Ziel bei meinem Amtseintritt 2009. Wir haben die Saison in der BGL Ligue mit einem Budget von 160.000 Euro bestritten, dabei braucht es meiner Meinung nach mindestens 300.000 Euro, um einigermaßen mithalten zu können. Wir haben nach der Saison einfach so weitergemacht wie vorher. Die handelnden Personen sind eh immer die gleichen. Und die wissen so eine Saison einzuschätzen. Und so konnten wir ein ähnliches Schicksal von Mannschaften wie z.B. Kayl/Tetingen verhindern.  

Was waren die schönsten Momente in Ihrer Präsidentschaft? 

Es gab viele tolle Momente. Ich erinnere mich gerne an die Anfänge, als wir den Aufstieg von der zweiten in die erste Division anvisierten. Da kämpften die Spieler für ihr Trikot, also für den Verein. Es so zu schaffen, war eine große Genugtuung. Aber natürlich auch der Aufstieg in die BGL Ligue und das Erreichen des Pokalhalbfinals (als Ehrenpromotionär scheiterte US Esch in der Saison 2016/17 erst in der Vorschlussrunde gegen den späteren Cupgewinner F91 Düdelingen; d.Red.) waren toll. Unter dem Strich haben wir viel erreicht.

Und die schlimmsten Momente in Ihrer Präsidentschaft?

(überlegt lange) Nur eine, und zwar jetzt von Bord gehen zu müssen. Denn wie gesagt, wir haben viel erreicht. Natürlich war das Scheitern im Relegationsspiel um den Aufstieg in die Ehrenpromotion gegen Monnerich eine riesige Enttäuschung (US Esch hatte das Spiel 2015 lange im Griff, scheiterte aber schlussendlich im Elfmeterschießen; d.Red). Aber rückblickend muss ich wirklich sagen, dass die schönen Momente bei weitem die schlechten Momente überwiegen. Ich habe also nichts zu bereuen, außer vielleicht, jetzt zu gehen. Aber so ist das Leben. Es muss weitergehen.

Pedro Ferreira

Pedro Ferreira wurde vor 49 Jahren in Coimbra geboren. Die Familie wanderte nach Amerika aus, als er 14 Jahre alt war. Vier Jahre blieb man in New Jersey, ehe es zurück nach Portugal ging. Pedro Ferreira kam 1991 nach Luxemburg, verdiente sein Brot zunächst als einfacher Arbeiter. Ein Arbeitsunfall auf dem Bau zwang ihn, sein Leben neu zu orientieren. Er wurde Metzger und baute ab 2002 mit seinem Schwager ein Netz von Filialen, vor allem im Süden des Landes, auf. Pedro Ferreira ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder (20 und 25 Jahre). Die Familie lebt in Esch.