OMNISPORT : Viel Bilanz, wenig Geld

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Am Samstag fand im Trifolion in Echternach die ordentliche Generalversammlung des nationalen olympischen Komitees COSL statt. In Anwesenheit von zahlreichen COSL-Ehrenmitgliedern und Flügel-Adjutant Henri Chrisnach als Vertreter von IOC-Mitglied Großherzog Henri standen der „rapport moral“ von Präsident Marc Theisen und die Replik von Sportminister Jeannot Krecké im Mittelpunkt./Claude Clemens

Theisen, nach seinem zweiten und vor seinem dritten Mandat, sowie Krecké bei seinem vorläufig letzten COSL-Kongress als Sportminister – im Juni sind Wahlen – zogen ausführlich Bilanz ihrer jeweiligen Amtsperioden und analysierten die zukünftigen Herausforderungen.
Zu diesen gehört für das COSL mit an erster Stelle die finanzielle Situation, zu der auch der für die Finanzen zuständige Vizepräsident Jean-Louis Margue das Wort ergriff. Das Budget 2009 sieht zum zweiten Mal in Folge ein Defizit vor, diesmal von rund 550.000 Euro.

Finanzen

Der wichtigste Punkt sind nach wie vor die geringer werdenden Einnahmen aus dem Glücksspiel via die „Oeuvre Grande-Duchesse Charlotte“. Die Diskussionen, damit der Sport wieder stärker begünstigt wird, laufen seit fast zwei Jahren. Die COSL-Verantwortlichen behalten nach wie vor ihren Optimismus, dass eine Besserung eintritt. „Alle Kontakte waren positiv“, so Margue, „man zeigte Verständnis für das Ansinnen des Sports.“ Das Gesetzesprojekt zur Änderung des Statuts der „Oeuvre“ sei deponiert, werde momentan avisiert und stehe auf der Prioritätenliste der Regierung, so Margue weiter. Dass der Sport zu den Nutznießern der Gelder gehöre, sei erstmals offiziell im Text festgehalten. Läuft alles nach Plan, soll das Gesetz noch vor Ende der laufenden Legislaturperiode durch das Parlament.
Da eine Lösung absehbar sei, sah sich das COSL auch in der Lage, ein solches Defizit vor dem Kongress zur Abstimmung zu bringen. Reserven sind noch vorhanden, doch allmählich werde es wirklich Zeit für eine Lösung.
Zu diesem Problem kommt dann noch das allgemeine Umfeld mit der Wirtschaftskrise, die ihren Impakt auch auf den Sport habe, betonten sowohl Marc Theisen als auch Jeannot Krecké.

Potenzial ausreizen

In diesem Zusammenhang wies Theisen darauf hin, dass in Luxemburg in den letzten Jahren aus dem Vollen geschöpft werden konnte. Sehr viel Geld sei direkt oder indirekt via Staat bzw. Gemeinden dem Sport zugute gekommen. Da könnte einiges in Gefahr geraten, meinte Theisen.
Deshalb müsse man den Sport unbedingt in seiner sozialen Dimension sehen, als Pfeiler der Gesellschaft: „Das müssen wir, die Sportbewegung, nach außen klar machen.“
Allgemein sei die Bilanz seines Mandats positiv, so Theisen. Als wichtigste Herausforderungen für die Zukunft sieht der 54-Jährige die Weiterentwicklung der Förder-Richtlinien, wo der erste Schritt mit einer altersmäßig angepassten Erfassung der in Frage kommenden Sportler getan sei. Eine Baustelle sei ebenfalls die Vorbereitung auf die Top-Events: „Es gab in der Vergangenheit zu viele unterschiedliche Ergebnisse, das Potenzial wurde bei Top-Events nicht immer ausgereizt.“ Die Zeiten, in denen Luxemburg „unter ferner liefen“ fungierte, seien aber trotzdem vorbei.
Drei große zu bearbeitende Tätigkeitsfelder machte der COSL-Präsident noch aus: die Zusammenarbeit mit den Verbänden, die Trainerausbildung sowie den Bereich Medizin, Sportwissenschaft und in diesem Zusammenhang die „recherche scientifique“.
Dazu kommen mittelfristig noch zwei punktuelle Großereignisse: 100 Jahre COSL 2012 und die Spiele der kleinen Staaten Europas 2013 im Großherzogtum.
Im Zusammenhang mit dem zu bauenden nationalen Fußballstadion in Liwingen wies Theisen noch einmal auf die seiner Ansicht nach viel zu langen Prozeduren in Luxemburg hin, „auch wenn ich die Euphorie nicht bremsen will.“

Meilenstein(e)

Auch Kreckés Bilanz fiel allgemein positiv aus. Er sei hier (beim Kongress) unter Freunden, so der Sportminister. Die Zusammenarbeit mit der Sportbewegung sei exzellent gewesen – und seine Arbeit als Sportminister eine schöne Abwechslung zum Wirtschaftsressort gewesen: „Es (der Sport, d.Red.) ist eine andere Welt, aber doch eher noch meine. Ich habe mich wohlgefühlt, auch wenn nicht alles geklappt hat. Ich hoffe, dass die Geschichte zeigen wird, dass es nicht die fünf schlechtesten Jahre für den Sport waren.“
Wie auch Theisen hob Jeannot Krecké das Schaffen des Sportlycée („ohne viel Tam-Tam, durch die Hintertür“) als Meilenstein, gar als Quantensprung für den Luxemburger Sport hervor.
Einen weiteren („auch wenn viele das noch nicht glauben“) stellte er in Aussicht, dies in Zusammenhang mit den „chèques-service“. Diese Idee müsse man so anpassen, dass auch der Sport davon profitiert. Es sei eine einzigartige Chance, den Sport anzuknüpfen an eine „cause noble“, bzw. die als „nobler als der Sport“ anerkannt sei: diejenige der Kinderbetreuung. Gespräche seien am Laufen.
Ebenfalls von Theisen angeschnitten und vom zuständigen Minister konkret ausgeführt: der mangelnde Stellenwert des Sports in der Lehrer-Ausbildung. Jeannot Krecké wies ganz pragmatisch darauf hin, dass im Moment viel mehr fertig ausgebildete Sportprofessoren von den Universitäten kommen, als in den Lyzeen gebraucht werden. „Wieso dieses Potenzial nicht nutzen?“, fragte Krecké, und gab die Antwort gleich selbst. Die Schulreform gehe in Richtung einer einzigen Bezugsperson, Sportprofessoren einsetzen würde eher in die Richtung von Fachlehrern gehen. Das sei nicht gewünscht, so Krecké, eine Lösung müsse dennoch her. Anfang April soll es eine Zusammenkunft zwischen den zuständigen Ministerien geben.
Jeannot Krecké wies des Weiteren noch einmal auf die zunehmende Wichtigkeit des EU-Rechts im Sport hin. National gesehen sei er stolz darauf, dass das „Département ministériel des sports“ genau wie ein eigenständiges Ministerium funktioniere. Nachteile für den Sport habe es keine gegeben. Der Anregung Marc Theisens an die Politik, dass es nach den Wahlen im Juni wieder ein eigenständiges Sportministerium geben möge („nicht, dass es nötig wäre, aber symbolisch, um die Wichtigkeit des Sports zu unterstreichen“), verschloss er sich trotzdem nicht.
Die zusammen rund anderthalb Stunden Bilanz und Ausblick der beiden Entscheidungsträger hier wiederzugeben, würde den Rahmen bei weitem sprengen.
Fakt ist jedenfalls, dass Marc Theisen alle genannten Herausforderungen selbst angehen kann. Jeannot Krecké formulierte es für sich selbst während seiner Rede wie folgt: „Ech weess, ech si laang. Mee vläicht héiert dir mech elo laang net méi.“