Offene Rennen und klare Favoriten: Die Cyclocross-Meisterschaften im „Gustyland“

Offene Rennen und klare Favoriten: Die Cyclocross-Meisterschaften im „Gustyland“
Sören Nissen

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Am Sonntag, ab 12 Uhr mittags, geht es in Brouch, der Heimat von Gusty Bausch, um die nationalen Meisterschaften im Cyclocross. Die Voraussetzungen für die Rennen in den einzelnen Kategorien in der „Schankegreecht“ sind äußerst unterschiedlich. Ein Überblick.

Von unserem Korrespondenten Mario Nothum


Vincent Dias dos Santos

Männer: Dias dos Santos favorisiert

Am Sonntag könnte Vincent Dias dos Santos seine überragende Saison mit dem Gewinn des Landesmeistertitels, der ihm bislang immer verwehrt geblieben ist, krönen. In der „Schankegreecht“, auch „Gustyland“ genannt, will sich jedoch der Lokalmatador den lang gehegten Wunsch eines sechsten Titels erfüllen.

Gusty Bausch stand zuletzt 2012 in Kayl auf dem obersten Treppchen, dies nach einer epischen Schlacht mit Christian Helmig. Der 38-Jährige hat seinen Parcours im Vergleich zum Saisonauftakt noch einmal leicht abgeändert. „Die Strecke ist jetzt perfekt. Wir werden eine spektakuläre Meisterschaft erleben. Den Sieg hat man natürlich immer im Kopf. Ich muss jedoch realistisch bleiben. Mein Ziel ist ein Platz auf dem Podium. Die Strecke kommt auch Vincent (Dias dos Santos) und Scott (Thiltges) entgegen. Man darf jedoch einen Massimo (Morabito) nicht unterschätzen, der bei der Meisterschaft immer zu überzeugen weiß“, so die Einschätzung von Gusty Bausch in freudiger Erwartung des Startschusses.

Was die potenziellen Sieganwärter anbelangt, so fällt der Name Sören Nissen kaum. Vor Jahresfrist war es dem Mountainbike-Spezialisten gelungen, seine Kraft und Ausdauer perfekt umzusetzen und sämtliche Spezialisten zu verblüffen. „Meine Form ist noch besser als letztes Jahr. Allerdings fahren wir nicht auf einer ‚Powerstrecke‘. Diesmal sind die technisch versierten Fahrer im Vorteil. Wenn ich das Trikot nicht holen kann, dann hoffe ich, dass es für Vincent klappt. Er hätte den Titel wirklich verdient.“

Nach seiner Demonstration der Stärke bei der Generalprobe in Hesperingen kann sich Vincent Dias dos Santos am Sonntag eigentlich nur selbst schlagen. Dennoch bedeutet dem Beleser der Gewinn des Cross Cups mehr als der Sieg bei der Meisterschaft: „Mit 28 Jahren konnte ich den Titel noch nie holen, warum sollte ich das jetzt erwarten?“, so der Beleser, der seinen ersten von insgesamt fünf Saisonsiegen in Brouch feierte.


Felix Schreiber

Espoirs: Vier Kandidaten bitten zum Tanz

Einen spannenden Kampf um das Rot-Weiß-Blaue Trikot werden sich die besten U23-Fahrer liefern, die zusammen mit der Elite auf die Strecke geschickt werden. Mit Nicolas Kess (LC Kayl), Misch Leyder (VC Diekirch) und Felix Keiser (UC Dippach) wollen sich gleich drei Fahrer in den Weg von Titelverteidiger Félix Schreiber stellen.

In der vergangenen Saison führte kein Weg am Pratzerthaler vorbei. Nach einer überragenden ersten Saison bei der Elite mit vier Siegen belohnte sich Félix Schreiber in Kayl mit dem verdienten Titel bei den Espoirs. Dabei kam er nur vier Sekunden hinter Sören Nissen (VC Diekirch), dem Überraschungssieger bei der Elite, ins Ziel.

Zu Beginn dieser Saison hatte er mit Rückenproblemen zu kämpfen. Nachdem er diese unter Kontrolle bekam, fand er allmählich wieder den Anschluss zur Spitze. „Diese Saison hab ich, wegen des anstehenden Abiturs, insgesamt weniger trainiert. Meine Form ist aber dennoch ganz in Ordnung. Beim Weltcup in Zolder hab ich mich mit Platz 39 selbst erstaunt, nachdem ich zuvor drei Wochen kaum trainiert hatte“, sagte der 19-jährige mit vorsichtigem Optimismus.

An der Elite will er sich nicht orientieren: „Meistens sind die besten Espoirs nach dem Start sowieso vorne zu finden. Auf der kurvenreichen Runde in Brouch gilt es Fehler zu vermeiden, sonst kann man schnell den Kontakt verlieren. Auf der Strecke, die zwar nicht viel mit Cross zu tun hat, komme ich ganz gut zurecht. Sie ist aber für jeden gleich“, meinte der amtierende Meister, der nicht glaubt, dass die äußeren Bedingungen Einfluss auf den Rennausgang haben werden. Sein größter Widersacher dürfte der Kayler Nicolas Kess sein, der vor Jahresfrist als Lokalmatador noch den Titel bei den Junioren geholt hatte.

Der Silbermedaillengewinner der Olympischen Jugendspiele in Buenos Aires (ARG), zusammen mit Arthur Kluckers (VC Schengen), wartete gleich in seinem ersten Jahr bei den U23 mit konstanten Leistungen auf. „Ich konnte bereits vier oder fünf Siege bei den Espoirs herausfahren und die derzeitige Form stimmt. In Hesperingen lag ich bis Mitte des Rennens im Rad von Scott Thiltges. Danach verlor ich wegen zwei Platten und dem Absprung der Kette den Anschluss. Viel wird am Sonntag von der Tagesform abhängen. Von den vier Favoriten ragt keiner heraus. Misch Leyder geht gut vorbereitet an den Start und Felix Keiser hatte bislang sehr viel Pech“, sagt der 18-Jährige, der seine Titelsammlung nach den Erfolgen von 2016 in Dippach (Débutants) und 2018 in Kayl (Junioren) gerne vervollständigen würde.

Wie in der vergangenen Saison hat Misch Leyder (VS Diekirch), dessen Fokus auf die Straßensaison gerichtet ist, nur wenige Quers bestritten. Vor seiner Pause trumpfte er in Kayl groß auf und gewann seinen ersten Cross bei der Elite. Auch auf dem „Holleschbierg“ lieferte er letzten Sonntag den Beweis, dass mit ihm zu rechnen ist. Das Gleiche gilt für Felix Keiser, der beim letzten Kräftemessen Platz acht belegte, nur 2″ hinter Félix Schreiber. Der Dippacher hat sich gut von seinem Missgeschick von Warken erholt, wo er nach der Kollision mit einem Baum eine leichte Gehirnerschütterung erlitten hatte. Auf seiner Lieblingsstrecke in Brouch, wo er 2016 als 18-Jähriger hinter Gusty Bausch Zweiter wurde, könnte er die Topfavoriten mächtig ärgern.


Christine Majerus

Damen: Majerus vor Jubiläumssieg

Christine Majerus (SaF Zéisseng) wird am Sonntag in Brouch sonder Zweifel ihren zehnten nationalen Titel im Cyclocross feiern können. Auf dem Treppchen dürften ihre Klubkameradin Elise Maes und Suzie Godart vom CCI Differdingen sie umgeben.

Letztgenannter war es 2009 in Dippach noch knapp gelungen, die fünffache Sportlerin des Jahres von ihrem ersten Titel abzuhalten. Christine Majerus befindet sich seit zwei Wochen in bestechender Form und fährt reihenweise Topergebnisse bei internationalen Rennen heraus. In diesem Jahr gewann die 31-Jährige neben dem Neujahrsquer in Petingen (C2) auch den Cross der Kategorie C1 im französischen La Mézière. Die WM-Vierte von Valkenburg will auch in diesem Jahr bei der Weltmeisterschaft im dänischen Begense eine vordere Platzierung herausfahren, wohlwissend, dass die Leistungsdichte an der Weltspitze noch größer geworden ist.

Elise Maes, die bereits vorzeitig als Gewinnerin des Skoda Cross Cup feststeht, ist sich der Vormachtstellung von Christine Majerus natürlich bewusst: „Christine fährt auf einen ganz anderen Niveau. Sie gehört zur Weltklasse, da haben wir ’näischt ze radetten'“, so die Einschätzung der 26-Jährigen, die erst ihre zweite Cross-Saison bestreitet und dabei sechs regionale Rennen gewinnen konnte. Beim letzten Test auf dem „Holleschbierg“ war sie gleich nach dem Start gestürzt und musste der Deutschen Lisa Heckmann den Vortritt lassen.
Nathalie Lamborelle (LP Schifflingen), die 2018 Silber gewann, ist diesmal nicht dabei.
Favoritin auf den Titel bei den Espoirs ist Laetitia Maus (LC Tetingen).


Loic Bettendorff

Nachwuchs und Masters: Bettendorff und Kockelmann Favoriten

Mit Loïc Bettendorff (CT Atertdaul) und Mathieu Kockelmann (CCI Differdingen) gibt es beim Nachwuchs zwei eindeutige Favoriten auf den Titel.

Achtmal dominierte Loïc Bettendorff die Juniorenkonkurrenz in dieser Saison. „Meine ernsthaftesten Gegner sind Mik Esser und Tom Paquet, der mich beim Cross in Mamer geschlagen hat. Mit meinen Resultaten bin ich ganz zufrieden. Beim Weltcup in Zolder wurde ich 29. und hoffe beim nächsten Lauf auf einen Platz in den Top 20. Die Strecke in Brouch gefällt mir, dennoch wird es nicht einfach, den Titel zu holen“, meint der groß gewachsene Athlet, der den Radsport erst vor drei Jahren für sich entdeckt hat, nachdem er zuvor in Brouch dem runden Leder nachgejagt ist.

Noch deutlicher war die Überlegenheit von Mathieu Kockelmann bei den Débutants. Der jüngste Spross einer radsportverrückten Familie hatte bei seinem ersten Auftritt jedoch reichlich Muffensausen: „Ich hatte Angst, den anderen beim Saisonauftakt in Brouch nicht folgen zu können. Cross ist zu 80-90 Prozent Kopfsache. Die Unterstützung und die Wertschätzung durch die Familie und die Mannschaft sind extrem wichtig“, gab das Nachwuchstalent nach seinem zwölften Erfolg am vergangenen Sonntag zu verstehen.
Als haushohe Favoritin geht auch Marie Schreiber (CT Atertdaul) bei den Débutantes an den Start.

Mehr Spannung verspricht das Rennen der Masters, wo Titelverteidiger Jérôme Junker (VU Esch) sein Bestes geben muss, um Christian Weyland (CC Monnerich) in die Schranken zu weisen. Bei der Generalprobe war ihm das erst auf der Zielgeraden gelungen.