Notlüge und Haftstrafe

Notlüge und Haftstrafe
(dpa)

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Eine Gefängnisstrafe und eine Notlüge haben Michael Schumacher 1991 in Spa den Weg in seine außergewöhnliche F1-Karriere geebnet. Am Donnerstag jährte sich das erste F1-Rennen des Rekordweltmeisters zum 20. Mal.

Dieses Jubiläum feiert Schumi passenderweise wieder in seinem
„Wohnzimmer“ in Spa, wo am Sonntag (14.00 Uhr/live bei RTL, TF1, La1) der Große Preis von Belgien stattfindet. Für den 42 Jahre alten Mercedes-Piloten wird es das 281. Rennen, doch an die „ominösen Umstände“ seines Debüts – wie er selbst sagt – kann er sich noch erinnern, als ob es gestern gewesen wäre. „Erst am Donnerstagabend vor dem Spa-Rennen war mir klar, dass ich am Tag drauf das freie Training fahren und auch am Wochenende im Jordan sitzen werde, was für mich das Einstiegsticket in die Formel 1 war“, sagte Michael Schumacher in einem Video-Interview seines Mercedes-Teams.

… und speziellem Shirt mit 7 Sternen, 5 in in Rot für die 5 WM-Titel mit Ferrari.

Der Jordan-Pilot und amtierende Le-Mans-Sieger Bertrand Gachot war für sein Heimspiel in Spa ausgefallen, weil er wegen eines Reizgas-Angriffs gegen einen Londoner Taxifahrer für zwei Monate ins Gefängnis musste. Schumachers damaliger Manager Willi Weber sicherte seinem Schützling das vakante Cockpit durch zähe Verhandlungen mit Teambesitzer Eddie Jordan und eine kleine Notlüge.

Erste Runde mit dem Fahrrad

Auf Jordans Frage, ob Schumacher die Strecke in Spa kenne, antwortete Weber: „Wie seine Westentasche“ – schließlich wohne Schumacher um die Ecke. „Da habe ich ein bisschen in die Trickkiste gegriffen, das war schon ein bisschen geschummelt“, sagte Weber in einem Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID). Er musste damals mit Schumacher in einer Jugendherberge übernachten, „weil wir in der ganzen Aufregung vergessen hatten, für uns Zimmer zu buchen“.

Erst viel später beichtete Weber Jordan, dass Schumacher seine erste Runde in Spa erst am Rennwochenende mit einem Fahrrad gedreht hatte. Am Samstag vor dem Rennen belegte der junge Deutsche dann sensationell den siebten Startplatz und machte so auf Anhieb auf sich aufmerksam. „Als ich Michael 1991 in Spa sah, habe ich das Gleiche gedacht wie später bei Sebastian Vettels erstem Rennen: Das ist ein Weltmeister“, erinnert sich F1-Promoter Bernie Ecclestone. „Ich hatte mich vertan, heute ist er ein siebenmaliger Weltmeister“, sagte der Brite dem SID.

Aus nach 500 Metern

Das Rennen in Spa war für Schumacher dann allerdings schon nach wenigen Sekunden beendet, was ihn mächtig ärgerte. „Ich bin ja schon nach 500 m ausgeschieden durch einen Kupplungsdefekt, den das Team hätte vermeiden können, wenn man 500 Mark investiert und eine neue Kupplung eingebaut hätte. Denn die war schon im Warm-up kaputt gewesen“, sagte Schumacher.

Seinen kometenhaften Aufstieg zum erfolgreichsten Piloten der F1-Geschichte mit sieben WM-Titeln, 91 Grand-Prix-Siegen und 68 Pole-Positionen sollte das nicht stoppen. Schon im zweiten Rennen startete Schumacher bei Benetton durch und gewann mit dem Team 1994 und 1995 seine ersten beiden Weltmeisterschaften. Zur Legende wurde er dann durch seine fünf WM-Titel mit Ferrari zwischen 2000 und 2004, bevor er Ende 2006 zurücktrat. Nach drei Jahren Pause kam Schumacher zurück, bei Mercedes schloss sich für ihn ein Kreis.

„Michael Schumacher ist der erfolgreichste Rennfahrer aller Zeiten, er ist im Mercedes-System aufgewachsen und heute ein so überzeugter und engagierter Racer wie vor 20 Jahren“, sagt Mercedes-Sportchef Norbert Haug, für den Schumacher auch „ein großartiger Mensch“ ist. Der im Silberpfeil bislang aber hinter seinen eigenen Erwartungen und denen seiner Fans zurückgeblieben ist. Was auch seinem früheren Manager weh tut. „Ich leide bei dem, was da gerade passiert“, sagt Willi Weber: „Das Schönste für mich wäre natürlich, wenn Michael wieder aufs Podium fährt und wir den alten Michael Schumacher sehen, den siebenmaligen Weltmeister. Er hat ja das Autofahren nicht verlernt, das geht ja nicht. Er ist für mich immer noch der beste Rennfahrer der Welt.“