Miralem Pjanic im Interview: „0:2, das würde gehen“

Miralem Pjanic im Interview: „0:2, das würde gehen“

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FUSSBALL - Auf ihn werden die Augen im Stade Josy Barthel am Freitagabend ganz besonders gerichtet sein: Miralem Pjanic kehrt mit der bosnischen Nationalmannschaft in seine „Heimat“ zurück und spielt erstmals in seiner Karriere gegen das Land, in dem er aufwuchs, das Fußballspielen lernte (FC Schifflingen) und für das er in diversen Jugendselektionen kickte.

Philip Michel


Nach der Ankunft der bosnischen Mannschaft in Luxemburg stand der 20-jährige Mittelfeldmann von Olympique Lyon, der mittlerweile 17 Länderspiele und ein Tor für die Mannschaft Bosnien-Herzegowinas aufzuweisen hat, dem Tageblatt Rede und Antwort.

Tageblatt: Miralem, du bist seit knapp zwei Stunden mit dem Team in Luxemburg. Wie viele Autogramme musstest du schon schreiben?
Miralem Pjanic: (lacht) „Das waren schon ein paar. Auf Findel bin ich von einigen Fans und auch von einigen Freunden empfangen worden. Selbst vom Bodenpersonal wurde ich warmherzig begrüßt. Das war ein schönes Gefühl.“

„T“: Du scheinst dich richtig auf das Spiel in Luxemburg zu freuen.
M.P.: „Na klar, ich freue mich riesig auf das Spiel. Ich bin physisch gut drauf, wir haben eine gute Vorbereitung in Sarajevo hinter uns, es kann losgehen. Und natürlich ist es ein ganz spezielles Spiel für mich. In meiner Heimat zu spielen, ist etwas ganz Besonderes, darauf freue ich mich.“

„T“: Wirst du denn überhaupt zur ersten Elf gehören, bis jetzt lief es ja noch nicht so gut bei dir in dieser Saison?
M.P.: „Ja, normalerweise sollte ich gegen Luxemburg anfangen.“

„T“: Was für einen Empfang erwartest du dir morgen Abend von den Fans, vor allem den luxemburgischen?
M.P.: „Einen normalen Empfang erwarte ich.“

„T“: Auch wenn einige es dir sicher noch übel nehmen, nicht für das Land zu spielen, das deine Familie in der Not (die Pjanics kamen während des Bosnien-Kriegs nach Luxemburg, d.Red.) aufnahm und alles für deine fußballerische Förderung tat?
M.P.: „Ich musste damals eine Entscheidung treffen. Luxemburg, Bosnien oder sogar Frankreich. Ausschlaggebend waren sportliche Kriterien, also musste ich mich gegen Luxemburg entscheiden, leider.“

„T“: Es hätte nicht viel gefehlt und du wärst mit 20 Jahren zur Weltmeisterschaft gefahren (Bosnien scheiterte erst in den Play-off-Spielen an Portugal, d.Red.).
M.P.: „Ja genau, wir waren nah dran. Und nun wollen wir zur Europameisterschaft. Selbst wenn Frankreich der Favorit der Gruppe ist, so haben wir eine richtig gute Qualität im Team. Wir werden 100 Prozent geben, um unser Ziel zu erreichen. Aber noch sind wir nicht so weit, wir müssen nun erst einmal von Spiel zu Spiel schauen.“

„T“: Ist die Nationalmannschaft dabei eine gute Abwechslung vom Klub, wo es ja alles andere als rund läuft?
M.P.: „Absolut, es ist gut, auf andere Gedanken zu kommen. Denn wir sind mit Lyon wirklich schlecht gestartet. Aber wir bleiben einer der Favoriten und wollen mit aller Macht den Titel zurückholen. Zudem sind die Ambitionen nach den letzten Transfers (allen voran Joann Gourcuff, d.Red.) nicht gerade kleiner geworden. Nach der Länderspielpause geht die Saison jedenfalls so richtig los, zumal die Champions League vor der Tür steht.“

„T“: Zurück zum Nationalteam. Ist es ein Vorteil, zuerst gegen einen Underdog wie Luxemburg zu spielen?
M.P.: „Kann schon sein, denn mit einem Sieg im Rücken kann man dann mit viel Selbstvertrauen ins Spiel gegen den Gruppenfavoriten geben. Gegen die ‚Kleinen‘ haben wir eigentlich immer die Punkte geholt.“

„T“: Ein Vorteil könnte auch sein, gegen Teams zu spielen, bei denen es neue Trainer (Luc Holtz und Laurent Blanc) gibt bzw. reichlich Unruhe wie bei den Franzosen?
M.P.: „Naja, wir haben ja auch einen recht neuen Trainer. Was die Franzosen angeht, ja da könnte es schon eine Rolle spiele, dass sie mental nicht gerade in der besten Verfassung sind. Aber man muss nicht meinen, dass sie plötzlich ganz schwach sind und leicht zu schlagen wären.“

„T“: Wärst du denn mit vier Punkten aus den ersten beiden Spielen zufrieden?
M.P.: „Ja.“

„T“: Selbst wenn der Punktverlust nicht gegen Frankreich, sondern gegen Luxemburg zustande kommt?
M.P.: „Naja … “

„T“: Auf welches Spiel freust du dich denn mehr, in der „Heimat“ Luxemburg, oder „zu Hause“ gegen die „Wahlheimat“ Frankreich?
M.P.: „Na, ein bisschen mehr auf das Spiel in Luxemburg natürlich, auch wenn Frankreich ein Superspiel gegen ganz gute Fußballer wird. Aber hier ist schon ganz speziell. Ich werde viele Freunde und Bekannte wiedersehen. Wichtig ist aber, bei allen Begleiterscheinungen auf das Spiel fokussiert zu bleiben.“

„T“: Beim letzten Auftritt Bosniens in Luxemburg 2004 waren gerade einmal 2.000 Zuschauer im Stadion. Jetzt wird das Stade Josy Barthel so gut wie ausverkauft sein. Glaubst du das liegt auch an dir?
M.P.: „Vielleicht ein bisschen, das wäre jedenfalls schön. Aber wir sind es gewohnt, dass unsere Fans uns überall unterstützen. Fast überall haben wir quasi Heimspiele. 2004 war ich übrigens auch im Stadion.“

„T“: Damals warst du noch unter den Fittichen von Guy Hellers. Traurig, dass du morgen nicht auf ihn triffst?
M.P.: „Ja natürlich. Er hat viel mit mir gearbeitet und ich habe viel von ihm gelernt. Der Luxemburger Fußball hat einen guten Trainer und einen guten Menschen verloren. Hellers ist vom Charakter her ein bisschen wie unser neuer Trainer Safet Susic. Erfahren, professionell, kollegial aber auch streng, wenn es sein muss. Alles Attribute, die Susic-Vorgänger Miroslav Blazevic abgingen.“

„T“: Kennst du Hellers-Nachfolger Luc Holtz?
M.P.: „Nein, weniger. Dafür aber jede Menge der Spieler, ob sie nun Martino, Kitenge, Bensi oder Jänisch heißen. Es wird eine komische Situation sein, gegen meine früheren Mannschaftskameraden anzutreten.“

„T“: Läuft mit einem von ihnen eine Wette für das Spiel?
M.P.: „Nein, keine Wette. Aber ich habe mit Massimo (Martino) und Joël (Kitenge) telefoniert. Sie meinten, sie würden schon gut auf mich aufpassen … “

„T“: Du bist also noch relativ nah dran am Luxemburger Fußball.
M.P.: „Ja, ich bin ja auch oft genug hier. Es ist schön zu sehen, dass es mit der Nationalmannschaft bergauf geht. Ich hoffe, dass das so bleibt, denn Luxemburg bleibt immer im meinem Herzen, auch wenn ich jetzt für Bosnien spiele.“

„T“: Riskierst du trotzdem einen Tipp?
M.P.: „0:2 würde gehen.“