Exklusiv-Interview mit Serbiens Co-Trainer Ljubinko Drulovic / „Luxemburg ist kein Außenseiter mehr“
Serbiens Teamchef Dragan Stojković holte Ende August Ljubinko Drulovic, den ehemaligen Flügelflitzer vom FC Porto und Benfica, als Verstärkung in seinen Trainerstab. Dafür gab es mindestens drei gute Gründe. Es gab vorher keinen ehemaligen Stürmer im Trainerstab, Drulović kennt Portugal in- und auswendig und in Serbiens Team gibt es mehrere Spieler, die 2013 mit Drulović als U19-Teamchef den EM-Titel holten. Im Gespräch für das Tageblatt sparte der ehemalige Star des FC Porto nicht mit Komplimenten für die „Roten Löwen“.
Tageblatt: Wie tief sitzt noch immer die Enttäuschung nach dem Match in Dublin, wo Serbien 3:0 hätte führen müssen und am Ende mit einem 1:1 nach Hause flog?
Ljubinko Drulovic: Natürlich waren wir alle enttäuscht, vor allem weil wir für eine ausgezeichnete Leistung nicht belohnt wurden. Aber so ist nun mal Fußball. Wir haben unsere Torchancen nicht verwertet und dann kam dieses Eigentor, eine Aktion, wie man sie vielleicht in 100 Spielen nicht einmal sieht. Aber Dublin ist nun abgehakt, wir schauen nach vorne und konzentrieren uns auf die bevorstehenden zwei Spiele. Das Wichtigste ist, dass wir nach wie vor aus eigener Kraft den Gruppensieg schaffen können.
In der Qualifikation für die EURO 2020 bot Serbien schwache Leistungen und kam nicht über den dritten Platz hinaus (hinter der Ukraine und Portugal). Damals kassierte Serbien 17 Gegentore in acht Spielen und hatte auch Mühe, gegen Luxemburg zu gewinnen. Unter dem neuen Teamchef sieht es, mit der gleichen Mannschaft, wesentlich besser aus. Was ist das Geheimnis von Dragan Stojković?
Stojković hat offensiven Fußball versprochen und so spielt die Mannschaft auch. Wir spielen „auf ein Tor mehr“, wie man bei uns sagt. Wir haben in den bisherigen fünf Spielen zwölf Tore erzielt. Unser Team spielt mit großem Selbstvertrauen und ich denke, wir sind auf einem guten Weg, unser Ziel zu erreichen.
Stojković sagte vor kurzem, die anderen Mannschaften interessierten ihn überhaupt nicht, ihn interessiere nur Serbien. Wenn man weiß, dass im modernen Fußball ein umfangreiches Scouting des Gegners ein wichtiger Faktor ist, klingt solch eine Aussage merkwürdig. War es ein Bluff?
Selbstverständlich analysieren wir jeden Gegner bis ins kleinste Detail. Als Stojković dies gesagt hat, wollte er damit niemanden unterschätzen, sondern vielmehr unsere Spieler zusätzlich motivieren und ihnen noch mehr Selbstvertrauen einflößen.
Wie beurteilen Sie die Leistung von Luxemburg beim 1:4 in Belgrad?
Trotz der Niederlage haben die Luxemburger auch in Belgrad erneut bewiesen, dass sie große Fortschritte machen. Luc Holtz ist schon mehr als zehn Jahre Teamchef und man merkt diese Kontinuität. Das ist nicht mehr das gleiche Luxemburg wie vor 20, 30 Jahren. Auch in Belgrad haben sie gezeigt, dass sie Fußball spielen können und dass sie alles andere als ein leichter Gegner sind.
Aus Ihrer Sicht, was sind die Stärken von Luxemburg?
Sie spielen kompakt, mit einem starken defensiven Block, sind taktisch diszipliniert und haben ein gutes Umschaltspiel. Sie sind wirklich eine seriöse Mannschaft, sind auch spielerisch stark. Auch gegen starke Gegner. Ich sah zum Beispiel das Match gegen die Ukraine, als Luxemburg 1:0 führte und am Ende unglücklich mit 1:2 verloren hat (in der Qualifikation für die EM 2020; Anm.d.Red.). Auch da konnte man sehen, dass man Luxemburg keinesfalls mehr als Außenseiter einstufen darf.
Gerson Rodrigues ist gesperrt. Da er der beste Spieler Luxemburgs ist, hat Serbien auf dem Papier ein Problem weniger. Sehen Sie das auch so?
Rodrigues ist einer der Schlüsselspieler und er wird seiner Mannschaft sicherlich fehlen. Er ist ein Fußballer, der den Unterschied machen kann. Andererseits wird der Spieler, der ihn vertreten wird, sicher versuchen, mit einer Topleistung zu zeigen, dass die Nationalmannschaft mit ihm rechnen kann. Man weiß ja, dass vermeintliche Reservisten manchmal über sich hinauswachsen können.
Theoretisch ist Luxemburg noch im Rennen für den zweiten Platz in der Gruppe. Sechs Punkte aus dem Heimspiel gegen Irland und dem Auswärtsspiel gegen Aserbaidschan scheinen nicht unrealistisch, aber man bräuchte auch einen Sieg gegen Serbien. Glauben Sie, dass die Luxemburger insgeheim auf einen Sieg gegen Serbien hoffen, oder denken Sie, dass dies, aufgrund des Klassenunterschieds, eher unwahrscheinlich ist?
Das ist ganz und gar nicht unwahrscheinlich. Warum sollte Luxemburg nicht auf einen Sieg hoffen und auf Sieg spielen? Es ist ja völlig normal, dass sie sich noch Chancen ausrechnen. Natürlich wollen wir gewinnen, aber ich kann Ihnen versichern, niemand wird bei uns Luxemburg unterschätzen. Keine Chance. Es mag wie eine Phrase klingen, aber im heutigen Fußball gibt es keine krassen Außenseiter mehr. Ich habe als Teamchef Mazedoniens gegen Luxemburg gespielt und 0:1 verloren. In der 85. Minute vergaben wir einen Elfmeter und in der Nachspielzeit kassierten wir das Tor (September 2015 in der EM-Qualifikation, den Treffer erzielte Sébastien Thill in seinem ersten Länderspiel; Anm.d.Red.).
Warum sollte Luxemburg nicht auf einen Sieg hoffen und auf Sieg spielen? Es ist ja völlig normal, dass sie sich noch Chancen ausrechnen.Co-Trainer Serbien
Dafür hatten Sie als Spieler bessere Erfahrungen gegen Luxemburg.
Stimmt. Ich war bei beiden Spielen damals in der Qualifikation für die WM 2002 mit dabei. In Luxemburg gewannen wir 2:0 und daheim 6:2. In Belgrad machte ich ein sehr gutes Spiel und es war gleichzeitig mein letztes Länderspiel für Jugoslawien. Leider war dieses 6:2 für uns ein bedeutungsloses Match, da wir bereits vorher unsere Chancen verspielt hatten, uns für die WM zu qualifizieren. Diesmal ist es Gott sei Dank anders und wir sind zuversichtlich, dass wir mit einem Sieg am Samstag mindestens den zweiten Platz in der Tasche haben.
Steckbrief
Name: Ljubinko Drulovic
Geboren am 11.9.1968
Nationalität: Serbe
Position als Aktiver: offensives Mittelfeld
Vereine als Aktiver: Sloboda Uzice, FK Rad (beide damaliges Jugoslawien), Gil Vicente, FC Porto, Benfica Lissabon (alle POR), Partizan Belgrad (SRB), FC Penafiel (POR)
Länderspiele als Aktiver: 38 Länderspiele, 3 Tore für Jugoslawien
Vereine als Trainer: GD Tourizense (POR), Banat Zrenjanin (SRB), NK Drava Ptuj (SLO), CD Primeiro de Agosto (ANG), Serbien U19, Serbien U20, Serbien, Mazedonien, Partizan Belgrad (SRB), Usbekistan U23, Serbien (Co-Trainer seit August)
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