Liz May: „Alles hängt vom Laufen ab“

Liz May: „Alles hängt vom Laufen ab“

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TRIATHLON - Nach einem überaus erfolgreichen Jahr 2009, mit u.a. dem Vize-Europameistertitel, war Liz May hoffnungsvoll in die Saison 2010 gestartet. Zunächst verlief alles planmäßig, bis Anfang Mai erste Probleme auftauchten. Was anfangs nach Wadenproblemen aussah, entwickelte sich zur Zyste an der Ferse, die eine OP im Sommer unumgänglich machte. Damit war das Lauftraining auf...

Marc Biwer


Zum Glück konnte May im Oktober das Radtraining wieder aufnehmen, musste aber in Kopenhagen die bittere Erfahrung eines Überfalls während des Trainings mit dem Mountainbike machen. Außer blauen Flecken an Knie und Ellbogen kaute die fünffache Sportlerin des Jahres lange am moralischen Schock.

Zwischendurch stand reichlich Schwimmtraining auf dem Programm, was sie zu einer Erkenntnis kommen ließ: „Grouss Gefor, e Fësch ze ginn“. Aber auch zur Entscheidung, am vergangenen Wochenende in Bonneweg an den Winter-Meisterschaften im Schwimmen teilzunehmen, wo sie zusammen mit dem Tageblatt zurück und nach vorne blickte.

Tageblatt: Nach zehn Jahren Abwesenheit bist du wieder mal bei Luxemburger Schwimm-Meisterschaften gestartet. Zufrieden mit dem Ergebnis?

Liz May: „Ich bin richtig zufrieden. Über 400 und 800 m Freistil konnte ich mich über vier Sekunden verbessern. Vor allem die Art und Weise hat mich zufrieden gestellt. Natürlich war es schwer, mit den SLiz May 
Schwere Verletzungen

o November 2003: Wird kurz vor der WM beim Radtraining von einem Auto angefahren. Riss im Fibula-Bein; der Bruch wird erst nach der WM diagnostiziert.

o Mai 2004: Zog sich bei der WM einen Kahnbein- und Unterarm-Bruch zu: 8 Wochen Gips.

o Februar 2005: Bricht sich bei einem Sturz das Bein: 8 Wochen Krücken.

o Dezember 2009: Muskelfaserriss in der Wade.

o Frühjahr 2010: Achillessehnen-Probleme. Später wird eine Zyste an der Ferse diagnostiziert, die eine OP unumgänglich macht: 12 Wochen Krücken.chwimmern mitzuhalten, weil die spezifischen Probleme für mich hinzukommen. Auch mit der Ausdauer musste ich mich auseinandersetzen. Ich durfte auch eine Medaille mit nach Hause nehmen, das ist doch schön. Im Vorfeld hatte ich leichtfertig mit Gold gerechnet, aber man muss einfach an sich glauben.“

„T“: Die letzten Monate hat das Schwimmtraining dominiert. Hat es auch etwas bewirkt?

L.M.: „Wenn man im Schwimmen über 20 Jahre alt ist, dann sind diese Verbesserungen keine Kleinigkeiten. Vor allem im Schmetterling hatte ich nicht damit gerechnet, je einmal so schnell zu sein. Auf die Verbesserung im Freistil hatte ich ja hingearbeitet.“

„T“: Und das wird dir jetzt beim Triathlon zugute kommen?

L.M.: „Absolut! So lautete der Plan. Es gab Wochen mit zehn Trainingseinheiten im Schwimmen plus dreimal Krafttraining. Ich hoffe, dass es mir das einbringt, was ich mir vorgestellt habe, nämlich dauerhaft nach dem Schwimmen in der vorderen Gruppe zu fahren.“

„T“: Wie sieht es jetzt mit Rad- und Lauftraining aus?

L.M.: „Auf dem Rad läuft es schon verhältnismäßig gut. Diese Disziplin durfte ich ja schon fünf Wochen nach der OP trainieren. Seit letztem Freitag habe ich von den Ärzten auch das O.k., mit dem Laufen zu beginnen. Aber zunächst sehr behutsam, d.h. 50-100 Schritte gehen. Aber ich habe schon viel Aufbauarbeit gemacht, so dass die Muskulatur bereit ist.“

„T“: Und bist du auch schon im Kopf bereit?

L.M.: „Im Kopf bin ich auch bereit! Schon lange!“ (lacht)

Erster Weltcup-Start im März

„T“: Du hast deinen ersten Weltcup-Start für März in Mooloolaba (Australien) geplant. Ist das nicht ein bisschen früh?

L.M.: „Nein, das würde ich nicht sagen. Für mich geht es darum, überhaupt wieder in den Circuit zu kommen. Die Olympia-Qualifikation geht über zwei Perioden: Die erste läuft bis zum 11. Mai und ich habe bisher erst eine Wertung. Also eine Punktezahl, und das war in Madrid, wo die Qualifikationsphase gestartet wurde. Beim Weltcup in Mooloolaba kann ich hoffentlich genug Punkte einfahren, um in Sydney starten zu dürfen. Wenn alles gut läuft, kann ich in Sydney und Yokohama noch zwei Rennen der WM-Serie bestreiten und so Punkte für die Olympia-Quali sammeln. Dann ist dieser Block abgeschlossen. Danach gibt es zum Glück noch acht Wertungen, bei denen ich Punkte sammeln kann.“

„T“: Beim COSL ist man in dieser Hinsicht etwas in Sorge, dass es mit der Olympia-Qualifikation eng werden könnte. Sind die Sorgen berechtigt?

L.M.: „Das muss sich erst herausstellen. Primäre Voraussetzung wäre zunächst einmal, dass ich wieder so schnell laufen kann wie vor meiner Verletzung. Mit im Moment 50 Schritten am Stück ist das schwer abzuschätzen. Ich wurde oft gefragt, ob ich nicht ans Aufhören gedacht habe. In Bezug auf die Verletzung kann ich das verneinen. Sollte sich aber herausstellen, dass ich nicht mehr so schnell laufen kann und keine Aussicht auf Besserung besteht, dann … Also ich werde alles versuchen, 2012 in London dabei zu sein. Danach werde ich alles noch einmal überdenken. Eine Platzierung zwischen 20 und 30 macht keinen Spaß. Aber ich bin ein optimistischer Mensch, deshalb glaube ich an meine Chance.“

„T“: Würdest du das Jahr 2010 am liebsten streichen?

L.M.: „Sportlich ja, weil nach zwei Rennen Schluss war. Ansonsten nicht unbedingt. Ich konnte meine Schwimm-Technik verbessern, zudem einige Dinge neu überdenken. Mit 27 Jahren ist man zwar eigentlich noch jung, aber ich bin mir vollauf bewusst, dass meine Jahre im Triathlon schon gezählt sind. Jetzt heißt es noch konsequenter zu sein. Ich gehe meine Aufgaben jedenfalls mit einer ganz anderen Motivation an.“

Private Zukunft

„T“: Wie sieht deine private Zukunft aus? Dein Jura-Studium neigt sich ja dem Ende zu.

L.M.: „Ja, es bleiben nur noch eine Handvoll Fächer. Mir wurde aber von der Studienberatung ans Herz gelegt, das Studium hinauszuziehen. Ich will deshalb einige Extra-Fächer belegen. Der Grund ist, dass es nicht gut wäre, wenn auf dem Diplom nur 2011 stehen würde. Wenn ich weiterhin professionell Sport bis 2016 betreibe, was ich ja vorhabe, und ich das Diplom 2016 vorzeigen würde, dann wäre das alte Datum von Nachteil. Ich werde in Zukunft einige Zusatzfächer belegen und somit gibt es privat keine Veränderung für mich. Ich bin aktuell auch ganz zufrieden.“

„T“: London 2012, die Olympischen Spiele. Hast du schon daran gedacht?

L.M.: „Das ist wieder abhängig vom Laufpotenzial. Im Moment will ich an London keine Gedanken verschwenden. Dieser Fehler wurde schon einmal gemacht – dass wir uns zu sehr auf Olympia fokussiert haben.“

„T“: Wie sieht dein Trainingsprogramm für 2011 aus?

L.M.: „Nach der Zwangspause ist es mit dem Schwimmtraining noch lange nicht getan. Gemeinsam mit meinem Klub habe ich ein paar harte Schwimm-Wochen eingeplant. Auf dem Rad habe ich weniger Probleme, da verlasse ich mich auf mein Talent. Wenn es im Schwimmen gut läuft, dann klappt es auch auf der Radstrecke. Im Januar folgt dann ein Lehrgang mit Skilanglauf. Und fast direkt im Anschluss geht es mit der Schwimmermannschaft ins Höhentraining. In Font Romeu steht ganz viel Schwimm- und Langlauftraining auf dem Programm. Anschließend werde ich zwei Wochen zu Hause verbringen, um dann für sechs Wochen nach ‚Down Under‘ aufzubrechen.“

„T“: Was bedeutet für dich eigentlich „zu Hause“?

L.M.: (lacht) „Eine knifflige Frage. Zu Hause heißt für mich Luxemburg und Dänemark. Wegen der besseren Trainingsbedingungen und -partnerschaften habe ich mich in Dänemark niedergelassen. Unsere Nationalmannschaft ist einfach zu jung, das bringt mir sportlich und vor allem sozial nicht die richtigen Rahmenbedingungen. Deshalb Dänemark, was auch mit dem Verband abgeklärt ist. Aber meine Heimat ist und bleibt Luxemburg.“

„T“: Das Kapitel Steffen Große wurde von der FLTri als beendet erklärt. Wie siehst du diese Entwicklung?

L.M.: „Die finde ich wunderbar.“

„T“: Hast du schon Kontakt zu den beiden neuen Trainern und wirst du mit ihnen arbeiten?

L.M.: „Ich kommuniziere regelmäßig mit Cyrille Eple und Sander Berk und wir hatten auch schon Treffen. Das läuft super gut. Sie haben ein Auge auf mein Trainingsprogramm geworfen und sie wollen mich bei meinen Lehrgängen unterstützen und bei Rennen betreuen. Dabei lassen sie mir die Freiräume, die ich benötige. Mit den beiden Trainern sind genau die richtigen Männer am richtigen Platz, insbesondere beim Aufbau einer neuen Mannschaft.“