Kraft krönt sich zum Tournee-König

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Stefan Kraft hat Österreich den siebten Sieg in Serie bei der Vierschanzentournee beschert. Der 21-Jährige überraschte dabei die gesamte Weltspitze – und ein bisschen auch sich selbst.

Nein, sagt Stefan Kraft. Es habe sich nie so angefühlt, als ob er im Schatten seiner höchst erfolgreichen Teamkollegen stehe. „Ich habe immer gewusst, dass es bei mir auch mal klappen wird“, sagt Österreichs neuer Super-Adler.

Ergebnisse

4. Springen, in Bischofshofen/Österreich, Einzel, Großschanze:
1. Michael Hayböck (Österreich) 288,4 Pkt. (137,5/136,5 m); 2. Noriaki Kasai (Japan) 277,1 (132,5/137,0); 3. Stefan Kraft (Österreich) 271,3 (133,5/132,0); 4. Peter Prevc (Slowenien) 271,2 (133,0/134,5); 5. Anders Jacobsen (Norwegen) 270,6 (130,5/136,0).

Vierschanzentournee-Gesamtwertung, Endstand nach dem 4. Springen:
1. Stefan Kraft (Österreich) 1.106,7 Pkt.; 2. Michael Hayböck (Österreich) 1.100,7; 3. Peter Prevc (Slowenien) 1.077,2; 4. Noriaki Kasai (Japan) 1.074,8; 5. Anders Jacobsen (Norwegen) 1.060.

Schwerer Sturz

Der viermalige Skisprung-Olympiasieger Simon Ammann ist beim Abschluss-Springen der 63. Vierschanzentournee im zweiten Durchgang schwer gestürzt. Der 33-jährige Schweizer konnte seinen Flug nach 136,0 m zwar zunächst stehen, verlor unmittelbar nach der Landung aber die Kontrolle und krachte mit voller Wucht kopfüber in den Schnee. Der bewusstlose Ammann wurde sofort im Auslauf behandelt. Nach Informationen des Schweizer Fernsehens soll Ammann wenig später wieder ansprechbar gewesen sein, sein Zustand sei stabil.

Der Weltmeister von 2007 wurde mit blutigem Gesicht sofort zur Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht. Der Sturz geschah vor den Augen seiner Frau Yana und Söhnchen Theodore, die als Zuschauer an der Schanze waren. Der ehemalige Weltmeister war bereits beim Auftaktspringen in Oberstdorf gestürzt.

Dem 21-Jährigen genügte zum Abschluss in Bischofshofen ein dritter Rang, um seinen siegreichen Teamkollegen Michael Hayböck in Schach zu halten. Mit seinem überraschenden Gesamtsieg bei der 63. Vierschanzentournee hat der 21 Jahre alte Überflieger das eindrucksvoll unter Beweis gestellt – und seinem Heimatland ganz nebenbei noch den siebten Triumph in Serie beschert. „Von Anfang an verlief bei der Tournee alles wie im Traum“, sagte Kraft: „Es lief wie in Trance, ich konnte kaum etwas falsch machen. Diese Tage werde ich nie vergessen, für mich ist ein Kindheitstraum wahr geworden.“

„Ein echter Tournee-Held“

Gerechnet hatte damit allerdings kaum jemand. Immerhin gehören in Gregor Schlierenzauer, Andreas Kofler und Thomas Diethart gleich drei ehemalige Tourneesieger zur aktuellen österreichischen Mannschaft – doch Kraft stahl ihnen allen die Schau. „Er ist ein echter Tournee-Held“, sagte Cheftrainer Heinz Kuttin.

Mit seinem ersten Weltcupsieg zum Auftakt in Oberstdorf ebnete er sich den Weg zum Gesamtsieg, gab die Führung kein einziges Mal ab und sicherte sich schließlich ausgerechnet in Bischofshofen den goldenen Adler. Nirgendwo springt Kraft so gerne wie auf der Paul-Ausserleitner-Schanze, denn er wohnt keine fünf Minuten von der Anlage entfernt.

Doch wenn er mal zu Hause ist, hält er es dort auch nicht lange aus. „Dann wird mir langweilig“, sagt er. 24 Stunden in der Wohnung? Unmöglich. Stattdessen verbringt er viel Zeit in der Natur, macht Skitouren oder geht Bergsteigen.

Echte Freunde

„Ich bin ein aufgedrehter Junge. Ich bin von Herzen gut, lache gerne und viel“, sagt Kraft über sich selbst. Sein Fan-Herz hat der Senkrechtstarter allerdings nicht in Österreich, sondern in Deutschland verloren. „Ich bin mit Herzblut Bayern-Fan. Mein Onkel und meine Tante haben seit 15 Jahren Dauerkarten, da bin ich schon immer als kleines Kind mitgefahren und dann hineingewachsen“, sagt Kraft. So oft es geht, besucht er die Spiele in der Münchner WM-Arena und fiebert mit seinen Fußball-Helden mit. Bislang hat den schmächtigen Skispringer dort sicher kaum jemand erkannt, nach seinem Tournee-Sieg könnte sich das möglicherweise ein bisschen ändern.

Kraft gehört nun plötzlich zu den ganz Großen der Szene und tritt in die Fußstapfen seines Teamkollegen Thomas Diethart. Auch der 22-Jährige siegte im Vorjahr wie aus dem Nichts, konnte seine Leistungen in diesem Winter allerdings nicht annähernd bestätigen.

Mit den vorderen Plätzen hatte Diethart nichts zu tun. Diesen Absturz will Kraft freilich verhindern. Helfen könnte dabei sein Zimmerkollege Michael Hayböck, der bei der Tournee zugleich sein ärgster Verfolger war. Das „fliegende Doppelzimmer“ mischte die Weltspitze in den vergangenen Tagen auf. „Kraft und Hayböck nutzen ihre Freundschaft, um sich gegenseitig zu Höchstleistungen zu pushen.

Dass sie gemeinsam oben stehen, beflügelt sie sogar“, schrieb der ehemalige Tourneesieger Thomas Morgenstern in den Salzburger Nachrichten. Kraft und der zwei Jahre ältere Hayböck verstehen sich blendend, haben einzig beim Fußball unterschiedliche Vorlieben, denn Hayböck sympathisiert mit dem FC Barcelona.

„Unsere Freundschaft macht vieles einfacher“, sagte Kraft: „Wenn ein anderer siegen soll, dann ist es der Michi. Ich kann mich da voll mitfreuen mit ihm.“ Aber jetzt kann er sich erst mal selbst über den größten Erfolg seiner Karriere freuen.