/ „Ich fühle mich wohl in der Kapitänsrolle“
Tageblatt: Frank, du und dein Bruder Andy seid seit einer Woche auf Mallorca. Was ist in dieser ersten Woche Lehrgang bislang alles passiert?
Frank Schleck: Trotz Trainingsrückstand schon besser als erwartet (Bild: Tageblatt/Jeff Lahr)
FRANK SCHLECK STECKBRIEF:
Geboren am 15. April 1980
o Familienstand: Verheiratet mit Martine, Tochter Leea
o Wohnort: Mondorf
o 1,86 m groß, 67 kg schwer
o Profi seit 2003 (CSC, später Saxo Bank; seit 2011 Leopard-Trek)
o Wichtigste Erfolge:
Tour de France: 2009 Gewinner der 17. Etappe (Bourg-Saint-Maurice – Le Grand-Bornand), Gesamt-5.; 2008 Gesamt-5. (nach der Disqualifikation von Bernhard Kohl), zwei Tage im „Maillot Jaune“; 2006 Gewinner der 15. Etappe (Gap – LAlpe dHuez)Tour de Suisse: 2010 Gesamtsieger und Gewinner einer Etappe, Amstel Gold Race: Sieger 2006
Skoda Tour de Luxembourg: 2009 Gesamtsieger und Gewinner einer Etappe; 2010 Gesamt-2. und Gewinner einer Etappe
o Internet:
www.frankschleckofficial.com
Frank Schleck: „Ich bin vor allem sehr froh, dass wir nach der Team-Vorstellung in der Coque zwei, drei Tage vor den restlichen Fahrern bereits nach Mallorca gereist sind. Das waren drei Tage Radfahren. Man braucht sich nur das Wetter in Luxemburg derzeit anzuschauen, da hätte man Probleme, rauszufahren. Zudem schneite es im Dezember sehr viel. Daher hatten wir etwas Rückstand aufzuholen. Am 10. Januar fing es dann mit dem eigentlichen Programm an. Drei Tage vornehmlich ‚endurance‘. Die Zeit verging bislang sehr schnell. Neben den Ruhephasen und Massagen sind die Tage sehr voll: Interviews, Fotos usw. Das gehört dazu.“
Seit Beginn des Lehrgangs werdet ihr von der Presse „verfolgt“. War dieser ganze Rummel dem neuen Team, der Nr. 1 auf der Welt, zuzuschreiben? Oder war es das übliche „Szenario“?
F.S.„Ich würde es als Kombination aus beidem ansehen. Man kennt das natürlich. Natürlich kommt der Faktor ’neues Team‘ hinzu. Und drittens ist das auch so, weil viele sehr starke Fahrer in diesem Team sind. All diese Faktoren interessieren natürlich. Wir versuchen uns auch so offen wie nur möglich zu präsentieren und wir versuchen normalerweise auch pünktlich zu den Interviews zu erscheinen und nicht wie ich jetzt bei dir (grinst und schaut auf seine Uhr, d. Red.).“
In der Tat überrascht es, wie offen ihr euch alle präsentiert. Niemand lässt den Zampano raushängen oder hat Starallüren. Ist das eine bewusst gewählte Form des Auftretens, nachdem über den Radsport in der Vergangenheit oft negativ berichtet werden musste?
F.S.: „Die Frage ist berechtigt. Auch wir leben von der Presse und den Leuten, welche uns via die Presse verfolgen. Einer braucht den anderen. Es ist ein stetes Nehmen und Geben, ein Rad, das permanent dreht. Leider ist im Radsport immer noch viel politisch, das hat Brian (Nygaard) bei der Vorstellung in der Coque ja auch angeschnitten. Es wurde viel über den ‚bösen‘ Radsport geschrieben. Der Sport war in den Hintergrund geraten. ‚De Velo ass béis. Et muss ee ganz vill Sacrifice maachen. Dann déi ganz Chutten. Seng Famill léisst ee vill aleng doheem. Dat misst och mol méi respektéiert ginn.‘“
Spürt ihr hier in Spanien das Interesse in Luxemburg?
F.S.: „Ja, es dreht sich alles oder sehr viel wenigstens um das Team. Das freut uns alle wirklich enorm. Wir bekommen das auch hier alles mit.“
Im März letzten Jahres berichtete die italienische Sporttageszeitung „Gazzetta dello Sport“ über die ersten Gerüchte eines Luxemburger Teams. Was war an diesen Gerüchten dran?
F.S.: „Ich will nicht leugnen, dass auch wir davon gehört hatten, dass jemand ein Luxemburger Team gründen wollte. Es wurde sehr viel gesprochen. Aber all diese Gespräche waren für uns nicht interessant.“
Weshalb nicht interessant?
F.S: „Weil nichts konkret war.“
„T“: Wann wurde es konkret?
F.S.: „Wir haben auch Gespräche mit anderen Teams geführt. Es gab viele Kontakte. Wir interessierten viele Mannschaften. Das, was jetzt da steht, das war ein Traum. Ein Traum, der sich erfüllt hat. Nach der Skoda Tour de Luxembourg wurde uns ein konkretes Angebot gemacht. Wir waren natürlich mehr als froh, dieses Angebot anzunehmen. Vier Tage später sind wir in die Schweiz in ein kleines Trainingslager gefahren, wo wir Bjarne Riis trafen und ihn gleich informierten. Wir waren hundertprozentig ehrlich zu ihm und haben ihn rechtzeitig informiert. Bjarne konnte uns zu diesem Zeitpunkt eh kein Angebot machen, da er keinen Sponsor hatte.“
Wann habt ihr von den Gerüchten um Alberto Contador gehört?
F.S.: „Wie jeder Mensch während der Tour de France. Damals im März stand u.a. auch der Name von Marc Biver in der Gazzetta, und und und. Im gleichen kleinen Artikel stand auch, dass Contador zu Riis wechseln würde.“
Euer Verhältnis heute?
F.S.: „Es gibt keine Probleme. Natürlich waren wir enttäuscht, dass er (Riis) uns vor einem oder zwei Monaten als Lügner dargestellt hat. Inzwischen sind wir aber darüber hinweg. Wir wissen auch nicht, wie es die Presse gedreht hat.“
Genug zurückgeblickt. Du hast diese Woche auf dem Rad trotz des Trainingsrückstands sehr leichtfüßig gewirkt. Du warst oft in der ersten Reihe anzufinden. Wie es sich für einen Kapitän gehört.
F.S.: „Ich bin immer noch fest der Meinung, dass wir Rückstand haben. Es fehlen uns Kilometer. Ich fühle mich tatsächlich wie ein Kapitän. Wenn irgendetwas ist, kommen die Jungs auch zu mir. Man respektiert mich, und in dieser Position fühle ich mich sehr gut. Das kommt aber auch daher, dass ich mich in diesem Team sehr wohlfühle, trotz des Rückstands. Ich war selbst überrascht, wie gut der heutige Test verlief. Andy und ich, wir hatten nämlich zwischendurch etwas Panik. Ich habe im Winter allerdings auch fast keine Kilos zugenommen. Und ich kann ja auch nicht bewusst auf die Bremse treten.“
Welche Ziele hat das Team in den nächsten Wochen bei den ersten Rennen?
F.S.: „Ein Team ist ja bereits ‚down under‘. Will Clarke, der Neoprofi ist, hat letztes Jahr innerhalb von sechs Wochen in Belgien fünf Kirmesrennen gewonnen. Um die zu gewinnen, muss man wirklich was auf dem Kasten haben. Ich habe seinen Tritt gesehen und bin überzeugt, dass der eine große Zukunft vor sich hat. Bei Paris-Nice versuche ich, mit Jakob Fuglsang zusammen schnell zu fahren. Aber ohne Druck. Gelingt mir ein Resultat, umso besser. Wenn nicht, auch nicht schlimm.“
Auch von dir bitte ein Wort zu Flavio Becca, der hinter dem Projekt steht.
F.S.: „Mein Vater kennt ihn länger. Er hatte die Idee mit diesem Team. Wir haben ihm sehr viel zu verdanken.“
Wie kam es zur Teamgründung? Er hat doch wohl nicht eines Tages angerufen und gesagt, dass er ein Team gründen will?
F.S: „Ja, doch, so in etwa war es aber. Er war, wie auch sein Vater Aldo, schon immer ein großer Radsport-Fan. Das Ganze hat sich gesteigert, immer mehr und mehr, und so kam es dazu. Eines Tages gab er uns sein Wort, und da er ein ‚homme de parole‘ ist, kam es auch zustande. Dass er uns diese Chance gegeben hat, für ein Luxemburger Team zu fahren, wollen wir ihm nun in Zukunft zurückzahlen.“
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