Hitzlsperger rüttelt am letzten Fußball -Tabu

Hitzlsperger rüttelt am letzten Fußball -Tabu

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

FUSSBALL - Ein Mann ist schwul. Was eigentlich keine Nachricht mehr sein sollte, ist bei Thomas Hitzlsperger mehr als bemerkenswert. Der ehemalige Nationalspieler Thomas Hitzlsperger weicht mit seinem Coming-out ein Tabuthema auf.

Dass der 31-Jährige diesen Schritt erst wenige Monate nach Ende seiner Profi-Laufbahn wagt, sagt dennoch einiges über die für Schwule schwierige Situation im teils immer noch homophoben Milieu der Profi-Clubs.

„Erst in den letzten Jahren dämmerte mir, dass ich lieber mit einem Mann zusammenleben möchte. Ich habe mich nie dafür geschämt, dass ich nun mal so bin“, beteuert Hitzlsperger in seinem aufsehenerregenden Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit (Donnerstag-Ausgabe).

Wie psychisch belastend seine Profizeit beim VfB Stuttgart, Lazio Rom, dem VfL Wolfsburg und in England gewesen sein könnte, lässt auch Hitzlspergers Aussage zu einigen Sprüchen seiner damaligen Teamkollegen erahnen: „Überlegen Sie doch mal: Da sitzen zwanzig junge Männer an den Tischen und trinken. Da lässt man die Mehrheit gewähren, solange die Witze halbwegs witzig sind und das Gequatsche über Homosexuelle nicht massiv beleidigend wird“, beschreibt er rückblickend, wie er manche Äußerung der unwissenden Mitspieler ertrug.

Gerüchte

Hitzlsperger hatte sich 2007 in der Meistersaison des VfB Stuttgart, dessen Kapitän er zeitweise war, kurz vor dem Hochzeitstermin von seiner damaligen Freundin getrennt. Mit daraus folgenden Gerüchten um seine sexuelle Orientierung stand Hitzlsperger im deutschen Profifußball nicht alleine da – im Gegenteil. Nicht nur in der Schwulenszene war es ein beliebter Sport, in diversen Foren des Internets munter zu spekulieren, wer schwul oder bi ist oder es zumindest sein könnte.

Nachdem der 52-malige Nationalspieler vor vier Monaten seine Karriere beendet hatte, sah er nun „einen guten Moment“ für sein Outing. „Ich äußere mich zu meiner Homosexualität, weil ich die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern voranbringen möchte“, sagte der Deutsche. Das Bewusstsein, homosexuell zu sein, sei „ein langwieriger und schwieriger Prozess“ gewesen, führte Hitzlsperger weiter aus. Homosexualität werde im Fußball „schlicht ignoriert“. Bis heute kenne er keinen Fußballer persönlich, der das zu seinem Thema gemacht habe: „In England, Deutschland oder Italien ist Homosexualität kein ernsthaftes Thema, nicht in der Kabine jedenfalls.“.

„Schwule sind Weicheier.“

Er habe sich immer wieder über die Widersprüche geärgert, die in der Fußballwelt im Umgang mit Homosexualität aufgebaut würden, sagte der frühere Mittelfeldspieler, der 2006 zum WM-Kader gehört hatte, im Zeit-Gespräch. Der Profisport sei ein absolut harter Leistungssport, „Kampf, Leidenschaft und Siegeswille sind untrennbar miteinander verknüpft“. Das passe nicht zu dem Klischee, das sich viele Leute von einem Homosexuellen machten: „Schwule sind Weicheier.“

Vor gut einem Monat hatte der britische Turmsprung-Star Tom Daley im Internet seine Liebe zu einem Mann enthüllt.

Im internationalen Fußball bekannte sich zuletzt der ehemalige US-Nationalspieler Robbie Rogers zu seiner Homosexualität. In England war Justin Fashanu der prominenteste Fall. 1998 erhängte er sich in einer Garage, nachdem ihm vorgeworfen worden war, einen 17 Jahre alten Jungen vergewaltigt zu haben.