Tokyo 2020 / Gold und Zweifel: Talachadse als Sinnbild der Gewichtheber-Krise

Gewichtheber Lascha Talachadse wurde mit drei Weltrekorden Olympiasieger im Superschwergewicht. Seiner Sportart tat er damit keinen Gefallen.
Bei den Klängen der Nationalhymne Tawisupleba wurde selbst Georgiens Riese ein wenig emotional. „Wir haben lange auf diese Goldmedaille gewartet“, sagte Lascha Talachadse, der stärkste Olympionike von Tokio.
Dass der 27-Jährige nach Rio auch in Japan Superschwergewichtsolympiasieger im Gewichtheben werden würde, galt schon im Vorfeld als ausgemacht. Doch die Art und Weise warf einmal mehr eine der zentralen Fragen auf, die die olympische Zukunft des Kraftsports seit längerem gefährdet: Wie sauber können Leistungen wie diese sein?
223 kg im Reißen, 265 kg im Stoßen, 488 kg im olympischen Zweikampf: Talachadse verbesserte in Tokio die von ihm gehaltenen drei Weltrekorde. Er stemmte 47 kg mehr in die Höhe als der zweitplatzierte Iraner Ali Davoudi (441), vom syrischen Bronzemedaillengewinner Man Asaad (424) trennten ihn 64 kg. Zum Vergleich: Matthias Steiner wurde 2008 in Peking mit einer Zweikampfleistung von 461 kg Olympiasieger.
500-kg-Schallmauer
Der 1,95-m-Koloss Talachadse, der 2013 wegen Stanozolol-Missbrauchs für zwei Jahre gesperrt worden war, möchte in Paris 2024 zum dritten Mal Olympiasieger werden. Spätestens dann will der starke Mann aus der 6000-Einwohner-Provinzstadt Satschchere auch eine für den menschlichen Körper als unerreichbar geltende Schallmauer durchbrechen: 500 kg im Zweikampf.
Noch sei das zu riskant für ihn, sagte Talachadse, „aber ich werde mein Äußerstes geben, um mich diesem Limit zumindest zu nähern“, sagte er. Zunächst wolle er natürlich „alles tun, was nötig ist, um zu gewinnen. Was dann passiert, wird man im Wettkampf sehen“, ergänzte Talachadse.
Alles tun, was nötig ist. Im Gewichtheben ist das viel zu oft der Griff zu Dopingsubstanzen: 110 Verstöße allein bei Olympischen Spielen sind registriert. Die Nachrichtenagentur AFP rechnete vor, dass damit mehr als ein Viertel aller jemals bei Olympia ertappten Dopingsünder aus dem Gewichtheben kommen. 49 Athletinnen und Athleten verloren im Nachgang ihre Medaillen. 15 Goldmedaillengewinner der vergangenen drei Spiele sind bislang des Dopings überführt worden.
„Vollkommen korrupt“
Dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ist das viel zu viel. Die Streichung aus dem olympischen Programm ist eine ernsthaft geprüfte Option. „Vielleicht würde es helfen, wenn wir Gewichtheben für zwei oder drei Olympiaden aus dem Programm nehmen und sie (Weltverband IWF, d. Red.) ihre Hausaufgaben machen“, hatte das dienstälteste IOC-Mitglied Richard Pound zuletzt in der ARD gesagt: „Denn das haben sie nicht, sie sind vollkommen korrupt.“
Immerhin wurden Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus Rumänien, Thailand, Ägypten und Malaysia nach wiederholten Dopingverstößen komplett von den Spielen ausgeschlossen. 17 weitere Länder bekamen Startplätze entzogen.
Lascha Talachadse durfte starten – und holte mit Weltrekorden Gold. Wie lange sein Erfolg Bestand haben wird, muss sich noch zeigen.
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