/ Fußball:Bescheiden, pragmatisch, erfolgreich
„Wir haben eine Blamage erlebt, aber ich bleibe optimistisch für die Qualifikation. Aber es ist natürlich riskant, so was zu sagen, wenn man gegen Luxemburg nicht gewinnt.“ Das waren die Worte von Ottmar Hitzfeld nach der Pleite im Letzigrund. Jener Hitzfeld, den die Schweizer bereits vor seinem Amtsantritt wie einen Heilsbringer gefeiert hatten. So sehr, dass es dem Erfolgstrainer Hitzfeld schon fast zu viel wurde.
Aber die Erwartungen in der Schweiz waren hoch. Schon an die EURO 2008 im eigenen Land hatte man große Hoffnungen geknüpft. Aber die Heim-EM geriet zur Pleite. Topstürmer Alex Frei verletzte sich im ersten Spiel schwer, die Schweiz schied in der Vorrunde aus. Mit dem neuen Trainer Hitzfeld sollte alles besser werden, aber die WM-Kampagne begann mit einem Unentschieden gegen Israel. Und dann kam die Pleite gegen Luxemburg. Hitzfeld war kaum im Amt, da drohte schon die erste Krise.
Er wählte seine Worte an jenem Abend im Letzigrund sehr genau. So wenig er nach seinen Erfolgen große Töne spuckte, so besonnen blieb er nach der Niederlage. Das Großspurige ging ihm schon immer ab. Entsprechend wenig Gefallen hatte er daher auch am Auftreten einiger seiner Spieler im Vorfeld des Luxemburg-Spiels. Das Foto von Gökhan Inler in der Blick, auf dem er Luxemburgerli (eine Züricher Gebäckspezialität) verspeist, missbilligte Hitzfeld. Dass ausgerechnet Inler, der eigentlich als bescheiden und zurückhaltend, ja sogar scheu gilt, sich zu diesem Bild hat hinreißen lassen, verstehen einige Schweizer Journalisten bis heute nicht.
Doch das alles ist Vergangenheit. Die Pleite gegen Luxemburg war für die Schweizer offenbar ein heilsamer Schock. 16 von 18 möglichen Punkten holte die Nati seither in der Qualifikation, darunter auch zwei Siege gegen den mutmaßlich schärfsten Konkurrenten Griechenland. Das Jahr nach der Pleite gegen Luxemburg war gut für die Schweiz. In Baku hatte das Team gegen Aserbaidschan vor Jahren mal einen ähnlichen Rückschlag erlebt wie gegen Luxemburg. Damals hatte es sich nicht so schnell davon erholt. Diesmal schon.
Der Faktor Hitzfeld
Das ist auch ein Verdienst Hitzfelds. Die Nati hat richtig auf das Desaster gegen Luxemburg reagiert, Hitzfeld hat offenbar die richtigen Worte gefunden, um seine Spieler wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Es war zwar nicht alles brillant, was die Schweiz abgeliefert hat. Aber der Erfolg ist da. Und er hat auch mit dem Faktor Hitzfeld zu tun, ein Glücksfall für die Schweiz. Und hinzu kommt, dass er sich nicht zu schade ist, eigene Fehler einzugestehen. Wie etwa die Nominierung von Stürmer Alexander Frei, der vor einem Jahr gegen Luxemburg sein Comeback nach langer Verletzung gefeiert hatte. Da gestand Hitzfeld ein, womöglich ein „falsches Zeichen“ gesetzt zu haben.
Er ist, so hört man von Schweizer Journalisten, ein pragmatischer Typ, der genau weiß, was er von seinen Spielern verlangen kann. Diese neigen unter ihm weniger zur Selbstüberschätzung. Aber Hitzfeld führt seine Mannschaft sehr straff und soll dem Vernehmen nach sehr streng sein. Von Überheblichkeit, wenn es das denn mal bei den Schweizern gegeben haben sollte, dürfte am Samstag nichts mehr zu merken sein.
Das könnte auch mit der Erinnerung an den „heilsamen Schock“ aus dem Letzigrund zu tun haben. Es wird auch für die Schweiz nicht darum gehen, sich für das 1:2 zurückzukaufen und die Luxemburger über den Platz zu jagen. Die Herangehensweise ist – Faktor Hitzfeld? – pragmatischer. Die Schweizer wissen, dass sie die Luxemburger ganz einfach schlagen müssen, um sich womöglich schon am Samstag das Ticket nach Südafrika zu sichern. Ein Sieg gegen Luxemburg bei einem gleichzeitigen Unentschieden zwischen Griechenland und Lettland und die Sache wäre klar. Und spätestens dann wäre die Niederlage gegen Luxemburg nicht mehr als eine schlechte Erinnerung. Zumindest für die Schweiz.
Hitzfeld hatte recht, als er an jenem Abend im Letzigrund sagte, es sei nach einer Niederlage gegen Luxemburg riskant, für die WM-Qualifikation von Optimismus zu reden. Doch er hat es gewagt. Und es sieht so aus, als sei er dabei zu gewinnen.
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