FußballWenn die Emotionen auf der Trainerbank hochkochen

Fußball / Wenn die Emotionen auf der Trainerbank hochkochen
Rosport-Trainer Marc Thomé schaute sich die Partie seiner Mannschaft am Sonntag von einem Sitzplatz auf den Tribünen aus an Foto: Wildson Alves

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Trainer, die auf den Tribünen Platz nehmen müssen: Seit 2019 in Luxemburg keine Seltenheit mehr. Charles Schaack, Schiedsrichter-Obmann der FLF, erklärte gegenüber dem Tageblatt, warum die neue Regelung seinen Leuten entgegenkommt und wieso man nicht unbedingt von grundlegenden Problemen auf der Trainerbank sprechen kann. 

Tageblatt: Nach drei Roten und elf Gelben für die Trainer könnte man möglicherweise nach einem 6. Spieltag der BGL Ligue von einem extremen Ausmaß an Karten sprechen. Teilen Sie diese Meinung?

Charles Schaack: Ich habe jetzt nicht so genau auf die Anzahl dieser Karten geachtet. Diese Regelung gibt es seit der vergangenen Saison. Es ist ein zusätzliches Mittel für die Schiedsrichter, einzugreifen. Vorher wurde möglicherweise etwas mehr durch die Finger geschaut. Es kann also sein, dass es gefühlt mehr Karten gibt, aber verwarnt wurden die Trainer auch schon vorher. Es handelte sich allerdings dann um eine mündliche Ermahnung statt einer Gelben Karte – nur dass es nicht unbedingt den statistischen Wert hatte, wie es jetzt der Fall ist. Das Verhalten der Trainer rückt dadurch etwas mehr in den Fokus.

Was bringt dieses Werkzeug den Schiedsrichtern?

Im Fußball wird bekanntlich viel Nervosität von außen auf das Spielfeld gebracht. Mit den Karten für Coaches haben die Schiedsrichter jetzt die Möglichkeit, einen Teil davon gleich zu unterbinden. Sie sind eigentlich sehr zufrieden, weil sie ein Zeichen setzen können. Bei einer Gelben passiert ja Spieler oder Trainer nichts weiter, aber sie sind gewarnt. 

Und wie kommt das Ganze in der Fußballwelt an?

Dass es manchmal Probleme gab, ist ja nicht neu. In der Trainerwelt hatten möglicherweise einige das Gefühl, jetzt ungerecht behandelt zu werden – denn weiß der Referee nicht, von wem eine Bemerkung kam, wird der Trainer dafür geahndet. Der Coach ist also nicht nur verantwortlich für alle, die auf dem Platz stehen, sondern auch für alle auf der Bank: Spieler, Physiotherapeuten und Assistenten inbegriffen. Das ist so in den Statuten festgehalten, was wiederum einige ungerecht finden. Aber es ist eine Regel – und sie ist zu befolgen. Die Trainer wissen auch, wie schwer der Schiedsrichterjob ist, aber manchmal kochen die Emotionen trotzdem hoch. 

Was sind die häufigsten Gründe für Gelbe Karten?

Es sind hauptsächlich Kritiken, die dann etwas zu weit gehen. Das können sowohl Bemerkungen als auch offensichtlich negative Gesten sein, wie beispielsweise ein Flaschenwurf. Wenn es zu weit geht, kann es auch glatt Rot sein. Eben genauso wie auf dem Platz.

Das bedeutet also, dass das Fingerspitzengefühl letztlich entscheidend ist?

Ja, genau. Der eine Schiedsrichter fühlt sich schneller angegriffen, während ein anderer etwas mehr Kritik wegsteckt. Es gibt kein Wörterbuch, in dem genau aufgelistet ist, wie man welches Wort oder welche Geste zu bestrafen hat. Fest steht allerdings, dass jede Aktion, die die Autorität des Unparteiischen untergräbt, untersagt ist. Da kann man dann auch nicht mehr durch die Finger schauen. Und genau deswegen wurde dieses Instrument geschaffen. Die glatt Rote gibt es für eine schwere Unsportlichkeit. Ich werde keine Beispiele nennen, denn jeder weiß, was gemeint ist. 

Inwiefern erfüllt die Sperre ihren Zweck, wenn der Trainer nur ein paar Meter von seiner eigentlichen Bank weg sitzt?

Über die Sperre entscheidet ja nicht der Schiedsrichter, sondern das Verbandsgericht. Das Regelwerk ist klar. Der Trainer ist lediglich aus seiner technischen Zone gesperrt. Es ist also laut Statuten erlaubt, ein paar Meter dahinter zu sitzen. Ob das jetzt glücklich ist oder nicht oder ob es etwas bringt … Wir können sie ja nicht einfach ausschließen. In großen ausländischen Stadien sitzen sie dann auf der Tribüne, aber hier in Luxemburg ist das nicht umsetzbar. Wir haben dafür nicht die Infrastrukturen – und so kommt es dann auch vor, dass der Coach direkt hinter dem Handlauf anzutreffen ist. Das liegt an den Begebenheiten. Es wäre auch ohnehin schwer zu überwachen und ich denke nicht, dass die Vereine etwas daran ändern wollen. Es wird immer schnell gefragt: „Was bringt das?“, aber wenn man selbst im Fall ist … Ich sage es mal so: Eine Sanktion ist schlimm genug. Kein Trainer nimmt sich vor, mit einer negativen Grundeinstellung an die Sache heranzugehen. Das entsteht eben durch hochkochende Emotionen.

Es handelt sich also um spontane Ausraster – und nicht um ein grundlegendes Problem?

Bei der Anzahl an Begegnungen, die es bisher gab, ist das wirklich nicht so schlimm. Die Trainer sind in dieser Saison nicht negativer eingestellt als früher. Bei den beiden (Carlos Fangueiro und Marc Thomé), die am Sonntag in Düdelingen in den Tribünen saßen, handelt es sich um sehr nette Menschen, die manchmal emotional reagieren. Das kommt vor und man sollte es nicht überbewerten. Die Schiedsrichter hingegen haben dadurch die Mittel, eben teilweise schon vorher die Grenzen aufzuzeigen. 

Die Karten

Gelb: Grandjean (Fola), 2x Amodio (D03), 2x Fangueiro (F91), Strasser (Swift), Brouard (RFCUL), Thomé (Rosport), Silva Costa (Torwarttrainer F91), Bossi (Hostert), Vrabec (Niederkorn), Bouzid (UT Petingen)
Rot: 2x Thomé, Fangueiro

Charles Schaack (Vizepräsident und Schiedsrichter-Obmann der FLF)
Charles Schaack (Vizepräsident und Schiedsrichter-Obmann der FLF) Foto: Tageblatt-Archiv/Julien Garroy