Fußball„Schande von Nice“: Platzsturm, Spielabbruch und verletzte Spieler

Fußball / „Schande von Nice“: Platzsturm, Spielabbruch und verletzte Spieler
Nach heftigen Ausschreitungen wurde die Partie zwischen Nice und Marseille am Sonntagabend abgebrochen Foto: AFP/Valery Hache

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Der Eklat von Nice hat den französischen Fußball überschattet. Im Derby zwischen Nice und Marseille kam es zu heftigen Ausschreitungen, nachdem Gäste-Profi Dimitri Payet als Reaktion eine Plastikflasche zurück in Richtung Heim-Publikum geworfen hatte.

Dimitri Payet hatte genug. Genau 74 Minuten waren im hitzigen Derby zwischen OGC Nice und Olympique Marseille gespielt, als die Lage eskalierte. Der ehemalige französische Fußball-Nationalspieler wollte vor dem Sektor der Nice-Anhänger einen Eckball ausführen – doch es kam nicht mehr dazu. Von der Tribüne hagelte es Wurfgeschosse, Payet wurde an der Torlinie von einer Plastikflasche getroffen und sank zu Boden. Aber nur kurz, völlig aufgebracht schnappte sich der Routinier die Flasche und warf sie mit Karacho zurück Richtung Fans. Es folgten Tumulte, die den französischen Fußball noch Tage beschäftigen werden.

Die aufgebrachten und gewaltbereiten Anhänger der Gastgeber stürmten das Spielfeld und konnten nur unter Mithilfe einer Vielzahl an Ordnern in gelben Westen sowie schlichtenden Spielern zurückgehalten werden. Schon während der Partie waren immer wieder Gegenstände auf den Rasen geflogen. Frankreichs Sportministerin Roxana Maracineanu forderte Sanktionen für die Übeltäter. Die Vorfälle seien „eine Beleidigung für den Fußball“, sagte sie dem Fernsehsender BFM TV. Die Sporttageszeitung L’Equipe schrieb von einer „Schande“ und titelte in Großbuchstaben: „Unerträglich!“

„Eine Beleidigung für den Fußball“

Die Begegnung musste in der 75. Minute beim Stand von 1:0 für Nice abgebrochen werden, nachdem sich die Marseille-Spieler nach einer längeren Pause geweigert hatten, weiterzuspielen. Benoît Payan, Bürgermeister von Marseille, unterstützte die Entscheidung. „Verletzte Spieler, schlechte Sicherheitsvorkehrungen. Eine traurige Entscheidung, aber das Spiel durfte nicht wieder angepfiffen werden. Ich bin stolz auf mein Team, das sich nicht auf diese Scharade eingelassen hat“, schrieb er auf Twitter. Sogar die beiden Präsidenten der Klubs, Jean-Pierre Rivère von Nice und Pablo Longoria von Marseille, waren in der Loge aneinandergeraten. „Sie packten sich gegenseitig am Kragen, die Leibwächter mussten sie trennen“, sagte ein Zeuge der Szene der Nachrichtenagentur AFP. Wie Bilder auf Twitter zeigten, wurden zu allem Überfluss auch noch einige Marseille-Spieler leicht verletzt. Matteo Guendouzi sowie Luan Peres hatten Würgemale im Halsbereich, Payet erlitt Blessuren am Rücken.

Nach den Vorkommnissen habe die Liga beschlossen, das Spiel nicht wieder aufzunehmen, sagte Longoria in einem Video: „Wir haben zur Sicherheit unserer Spieler, die beim Platzsturm angegriffen wurden, beschlossen, das Spiel nicht fortzusetzen, da die Sicherheit unserer Spieler nicht gewährleistet war.“ Die Gastgeber aus Nice sahen die Situation etwas entspannter. „Das Spiel hätte fortgesetzt werden können“, sagte Rivère: „Ich bin überzeugt, dass es sehr gut gelaufen wäre. Leider wollte Marseille das Spiel nicht fortsetzen.“

Rivère machte den Gästen zudem Vorwürfe. „Die Situation ist eskaliert. Das Sicherheitspersonal von Marseille hätte nicht intervenieren sollen und vor allem nicht unsere Spieler schlagen“, sagte er. Am Tag nach dem Eklat gab die französische Liga LFP bekannt, dass beide Klubs am Mittwoch von einer Disziplinarkommission angehört werden. Es werde Sanktionen geben, hieß es in einer Mitteilung.

Die Behörden in Nice leiteten derweil eine Untersuchung der Vorfälle ein. Wie die lokale Staatsanwaltschaft mitteilte, gab es aber keine Gewahrsamnahmen. „Die Ermittlungen sind im Gange, aber es wurde noch niemand vorläufig festgenommen“, äußerte die Staatsanwaltschaft. (SID)