„Ich bin ein Angreifer“Grandjean – Das Debüt des Fola-Trainers gegen seinen Ex-Klub Jeunesse

„Ich bin ein Angreifer“ / Grandjean – Das Debüt des Fola-Trainers gegen seinen Ex-Klub Jeunesse
Sébastien Grandjean (r.) und sein Co-Trainer Miguel Correia sind von ihrer Spielidee überzeugt Foto: Editpress/Julien Garroy

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Gestern vor dem Interview mit dem Tageblatt führte Sébastien Grandjean in seiner Physiotherapie-Praxis noch einer Stoßwellentherapie an einer Klientin durch, heute will der neue Fola-Trainer für den ersten Knall sorgen. Zum Auftakt der BGL Ligue trifft der Belgier ausgerechnet auf seinen Ex-Verein und Erzrivalen Jeunesse. Emotionaler kann eine Premiere wohl nicht sein.

Tageblatt: Haben Sie die Elfmeterentscheidung aus dem Champions-League-Spiel gegen Sheriff Tiraspol bereits verdaut?

Sébastien Grandjean: Ich werde diese Entscheidung niemals verdauen – nicht einmal bis zu meinem Tod. Es ist eine unglaubliche Enttäuschung, wenn man so ungerecht und unehrlich von einem Schiedsrichter behandelt wird.

Wie gehen die Spieler mit der Enttäuschung um?

Ich habe ihnen nach der Rückreise aus Moldawien einen Tag freigegeben. Es nützt nichts, dieses Thema auszudiskutieren. Bei Familien und Freunden zu sein, ist das beste Mittel, um die Enttäuschung zu überwinden.

Stimmt Sie der Auftritt Ihrer Mannschaft in Moldawien trotzdem zuversichtlich?

Ja, wir fühlen uns in unserer Idee bestärkt, wie wir in Zukunft arbeiten möchten. Unsere Philosophie hat sich auf hohem Niveau bewährt. Mein Co-Trainer Miguel Correia war nach der Partie davon überzeugt, dass wir unbedingt so weiterarbeiten müssen. Bei der Fola konnte ich eine solide Basis übernehmen. Es wurde nicht alles verändert, aber wir werden ambitionierteren Fußball spielen. 

Wollen Sie damit sagen, dass Ihr Vorgänger Jeff Strasser nicht ambitioniert genug war?

Nein, er ist mit Sicherheit ein ambitionierter Trainer, aber er ist halt ein Verteidiger. Ich bin ein Angreifer.

Am Samstag gibt es ein Rendezvous mit der Vergangenheit. Welche Emotionen weckt dieses Wiedersehen  mit Ihrem alten Verein Jeunesse?

Wenn man gut überlegt, war mein Schritt sehr kohärent. Und das haben die Leute auch verstanden. Es gab nie ein Angebot für einen Trainerjob von der Jeunesse. Als ich meine Entscheidung getroffen habe, war auch keine Rede von griechischen Investoren. Ich habe immer alles gegeben für die Jeunesse und den Verein zweimal in die Europa League geführt. Keiner kann mir vorwerfen, dass ich nicht mit Herzblut bei der Sache war. Ein Teil meines Herzens wird immer schwarz-weiß bleiben, aber jetzt bin ich Trainer der Fola. Ich habe hier ein interessantes Projekt vorgefunden und bin auf Menschen getroffen, die sich unheimlich stark für ihren Verein einsetzen. Seit 23 Jahren bin ich Adoptiv-Escher. Wenn ich am Ende meiner Karriere in dieser Stadt meine Spuren hinterlassen habe, kann ich sehr zufrieden sein.

Hat Ihre Physiotherapie-Praxis durch Ihren Wechsel zum Lokalrivalen ein paar Kunden verloren?

Nein, das denke ich nicht. Ich habe sowohl Jeunesse- als auch Fola-Fans als Kunden. In der Praxis herrscht eine folkloristische Stimmung. Das gefällt mir.

Die Jeunesse hat auf den letzten Drücker noch sieben Transfers gemacht. Wer morgen (heute) spielen wird, ist noch nicht bekannt. Wie haben Sie sich auf diese Unbekannte vorbereitet?

Da wir uns nicht auf den Gegner vorbereiten können, werden wir uns ganz alleine auf unsere Stärken konzentrieren. Während der Partie werden wir dann auf den Gegner reagieren. Vielleicht überraschen sie uns ja, aber innerhalb von vier Tagen kann man keine Mannschaft zusammenstellen, die funktioniert. In dieser Hinsicht haben wir acht Wochen Vorsprung auf die Jeunesse. 

Am ersten Spieltag wurden bereits zwei Partien wegen positiver Covid-19-Tests abgesagt. Wird es eine Saison mit vielen Spielausfällen geben?

Darauf läuft es hinaus. Ich warte noch immer auf eine Studie, die beweist, dass man sich während eines Fußballspiels anstecken kann. Kein Spieler ist länger als ein paar Sekunden in der Nähe seines Gegenspielers. Es nicht die richtige Methode, eine ganze Mannschaft unter Quarantäne zu stellen, nur weil ein Spieler positiv auf das Virus getestet wurde. Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben. Bei dieser Methode haben wir Angst vor Covid-19.