Dienst verweigert, Karriere gefördert: Luxemburgs Gruppengegner Serbien wechselt den Trainer

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Ein Bankwechsel auf Bestellung: Die Ernennung von Montenegros bisherigem Nationalcoach Ljubisa Tumbakovic zu Serbiens neuem Fußballnationalcoach ist ein Paradebeispiel, wie Politik, Funktionärs- und Managerinteressen den Fußball auf dem Balkan dominieren.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser

Klickende Kameras, lobende Vorschusslorbeeren und das ewige Versprechen auf bessere Zeiten: Der medial inszenierte Neuanfang ist für Serbiens Fußballverband FSS erprobte Routine. Am Dienstag stellte der FSS mit dem 56-jährigen Ljubisa Tumbakovic im Belgrader „Hilton“-Hotel den zehnten Nationalcoach im letzten Jahrzehnt vor: Als Nachfolger des nach der 0:5-Pleite gegen die Ukraine im Juni geschassten Mladen Krstajic soll der Trainerveteran dem gerupften Adler zu einem neuen Höhenflug verhelfen und in der Gruppe B (mit Luxemburg) doch noch die Qualifikation für die EM 2020 schaffen.

Per Dienstverweigerung hatte sich Montenegros bisheriger Nationalcoach schon im Juni den Weg zum Karrieresprung in seinem Heimatland freigemacht: Sein Bankwechsel auf Bestellung ist ein Paradebeispiel, wie die Politik, zweifelhafte Ränkeschmiede und fragwürdige Funktionärs- und Managerinteressen den Fußball auf dem Balkan dominieren.

Spieleinsatz verweigert

Drei Jahre lang hatte der Serbe Montenegros Nationalteam geführt. Die Auslosung zur EM-Gruppe A, die den „Falken“ Kosovo als Gegner bescherte, war ihm schon seit letztem Jahr bekannt. Doch erst kurz vor Spielbeginn erklärte Tumbakovic, dass er aus Gewissensgründen sein bis dahin ganz normal vorbereitetes Team nicht betreuen könne. Gemeinsam mit ihm verweigerten mit Filip Stojkovic und Mirko Ivanic (Roter Stern Belgrad) zwei in Serbien geborene Nationalkicker gegen Kosovo ihren Spieleinsatz.

Den Druck ihres Vereins sowie Furcht vor Serbiens Geheimdiensten und Hooligans machte hernach Montenegros aufgebrachter Verbandschef Dejan Savicevic für den kurzfristigen Spielboykott der beiden Nationalkicker aus: Es sei bekannt, dass die Hooligans in Serbien „der verlängerte Arm der Machthaber“ seien. Roter-Stern-Präsident Zvezdan Terzic habe eine „Atombombe“ auf Montenegros Fußball geworfen, erregte sich der frühere Sterne-Star Savicevic: „Er war der Schlüsselmann in dieser Erpressungskampagne.“

Einflüsterungen von Spielermanagern 

Es sei nicht klar, warum ausgerechnet jemand aus Serbien für den „totalen Zerfall“ in Montenegros Fußball sorge, wunderte sich der Kommentator der Belgrader Zeitung Danas: Schließlich sei Savicevic der einzige Verbandschef der Region gewesen, der 2016 selbst zum Ärger der eigenen Staatsführung gegen die UEFA-Aufnahme Kosovos gestimmt habe. Schon beim letzten Trainerwechsel hatte sich der FSS keineswegs mit Ruhm bekleckert. Obwohl Slavoljub Muslin 2017 erstmals seit acht Jahren wieder die WM-Qualifikation geglückt war, musste der bei Fans und Spielern populäre Erfolgscoach noch vor der WM in Russland die Koffer packen.

Der Grund: Er hatte sich bei der Aufstellung den Einflüsterungen von Spielermanagern und Verbandsfunktionären resolut verweigert. Sein hernach zum Chefcoach beförderter Assistent Mladen Krstajic gönnte den von der Verbandsspitze protegierten Spielern zwar die gewünschten Einsatzzeiten. Doch ausbleibende Erfolge und das Zerwürfnis mit mehreren Leistungsträgern kosteten den Jungcoach den Job: Nach dem 0:5-Debakel gegen die Ukraine war er selbst von seinen Schutzherren nicht mehr zu halten.

Vermeintliche Gewissensnot

Ob zur Spielverweigerung gezwungen oder mit der Aussicht auf einen neuen Job gelockt: Zumindest für den in Serbiens Boulevardpresse nach seiner Entlassung in Montenegro als tapferer Kosovo-Held gefeierten Tumbakovic hat sich seine vermeintliche Gewissensnot ausbezahlt. Sein Vertrag läuft bis 2021.

Wie lange sich der einstige Meistermacher von Partizan Belgrad als Nationalcoach halten kann, hängt laut Danas aber vor allem von der Erfüllung der Wünsche des „selbstherrlichen“ FSS-Chefs Slavisa Kokeza ab: Selbst Erfolge seien „keine Garantie“ für einen längeren Verbleib auf Serbiens Trainerbank.

Marko
3. Juli 2019 - 12.55

Das Spiel Montenegro-Kosovo und Ukraine-Serbien fand zeitgleich statt, hätte Serbien in der Ukraine gewonnen, wäre Mladen K. heute noch Trainer und Tumbakovic seinen Job los. Zudem hat er auch schon weitaus vor dem Spiel signalisiert, nicht daran teil zu nehmen. Den Kosovo haben wie viele Staaten anerkannt? Ich finde es richtig, warum soll er nicht die Interssen Serbiens vertreten? Oder kann die westliche Wertegemeinschaft nur deren eigenen Werte schätzen und alle anderen nicht?