Fußball / WM-Play-off: Scham statt Freude in Frankreich

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„Die Hand Gottes“ war im Spiel – und Frankreich versinkt vor Scham im Boden: Die Grande Nation schämt sich für die erschlichene Qualifikation für die Fußball-WM 2010 in Südafrika durch das schmeichelhafte 1:1 (0:1, 0:1) nach Verlängerung im Play-off-Rückspiel im Stade de France von St. Denis gegen Irland (Hinspiel 1:0). Otto Rehhagel brachte die Kritiker...

„Die Hand Gottes“ titelte L’Equipe nach dem 1:1 nach Verlängerung im Rückspiel gegen die von Maestro Giovanni Trapattoni betreuten Iren und stellte damit einen Bezug zu Diego Maradona her, der bei der WM 1986 in Mexiko im Viertelfinale gegen England ein Tor mit der Faust statt mit dem Kopf erzielt hatte. Maradonas späterer Ausspruch, es sei die „Hand Gottes“ gewesen, fand Eingang in die Fußball-Geschichte.
Im „Stade de France“ war es Kapitän Thierry Henry, der in der 13. Minute der Verlängerung den Ball mit der Hand mitführte und zu William Gallas passte. Gallas köpfte zum 1:1-Ausgleich und löste das WM-Ticket für die Grande Nation. Henry redete erst gar nicht um den heißen Brei herum und sagte: „Ja, es war ein Handspiel, aber ich bin doch nicht der Schiedsrichter.“
Nach dem irischen Justizminister Dermot Ahern forderte gestern auch der irische Verband (FAI) ein Wiederholungsspiel. „Die offensichtliche Fehlentscheidung des Schiedsrichters hat die Gesetze des Sports verletzt. Deshalb fordern wir den Weltverband unseres Sports auf, ein Wiederholungsspiel anzusetzen“, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes.
Trotz der WM-Qualifikation stellt L’Equipe in einem Leitartikel schon die Frage, ob Raymond Domenech der richtige Trainer für die WM sei, nachdem er schon bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz als Coach jämmerlich versagt habe. Verbandspräsident Jean-Pierre Escalettes gab zu: „Es waren zwei Jahre Hängen und Würgen. Wir waren heute wie gelähmt. Aber Hauptsache wir sind qualifiziert.“
Nicht schön, aber effektiv ebnete sich auch Griechenland das Ticket für die WM durch das 1:0 von Dimitrios Salpingidis (31.) in der Ukraine. Rehhagel verwirklichte durch den Erfolg im Jubiläumsspiel nicht nur seinen persönlichen WM-Traum und wischte Spekulationen um einen bevorstehenden Ruhestand vom Tisch, sondern nutzte den Triumph für einen Seitenhieb gegen seine Kritiker. „Die Leute haben schon eine Menge Blödsinn über mich erzählt. Wer sagt, dass wir immer nur mit einer Spitze gespielt haben, hat es einfach nicht verstanden. Wenn wir irgendwann Messi, Kaka, Iniesta und Xavi in unserer Mannschaft haben, werden wir auch attraktiven Fußball spielen“, polterte der 71-Jährige, lobte aber seine Spieler: „Ich bin stolz auf meine Jungs, sie haben Herz und Leidenschaft gezeigt und die Götter auf unsere Seite gebracht.“
Portugal feierte die fünfte WM-Teilnahme, doch beim 1:0-Sieg in Bosnien-Herzegowina stand die Partie im Hexenkessel von Zenica kurz vor dem Abbruch. Nachdem Sejad Salihovic in 76. Minute wegen Schiedsrichter-Beleidigung vom italienischen Referee Roberto Rosetti die Gelb-Rote Karte gezeigt bekam, eskalierte die Situation. Bosnische Fans warfen Gegenstände, dabei wurde ein Schiedsrichter-Assistent getroffen. Dennoch setzte Rosetti die Partie nach kurzer Unterbrechung fort.
In Maribor machte Premierminister Pahor sein Versprechen wahr und putzte den Spielern nach dem 1:0-Sieg gegen Russland durch das goldene Tor des Bochumers Zlatko Dedic (44.) die Schuhe. „Ich habe es getan, aber ich muss zugeben, nicht gründlich“, berichtete Pahor, während Staatsoberhaupt Danilo Turk mit einer Champagner-Dusche die rauschende WM-Party eröffnete.

Verlierer Hiddink

Großer Verlierer des dramatischen Play-off-Abends war Russlands Coach Guus Hiddink, der einen der schwärzesten Augenblicke in seiner Trainerlaufbahn erlebte.
„Der Schlüssel zum Scheitern lag im Gegentor zum 2:1 im Hinspiel“, analysierte Hiddink nüchtern. 1998 hatte der Niederländer sein Heimatland zur WM geführt, 2002 Südkorea und 2006 Australien, diesmal bleibt die Tür für den Erfolgstrainer Hiddink endgültig verschlossen.