Fußball / Nationaltrainer Guy Hellers zieht Bilanz der WM-Kampagne: Die Gegner respektieren uns noch mehr

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75 lange Minuten nahm sich Nationaltrainer Guy Hellers gestern über die Mittagsstunde Zeit, um der Luxemburger Presse Rede und Antwort zu stehen. 75', in denen natürlich die am Mittwochabend in Griechenland zu Ende gegangene WM-Qualifikation im Mittelpunkt stand. / Aus Athen berichtet „T“-Redakteur Christophe Junker

Zehn Spiele, die es in sich hatten, mit einem Sieg in der Schweiz, zwei Unentschieden gegen Moldawien, fünf Punkten und dem vorletzten Tabellenplatz in der Gruppe 2. Eine WM-Kampagne, die aber auch zwei herbe Enttäuschungen (0:4 gegen Lettland und 0:7 in Israel) brachte. Hier zieht der Nationaltrainer Bilanz:

Taktik:
Das 5-4-1-System wie gegen Griechenland kann wieder öfters eingesetzt werden. Eric Hoffmann ist nämlich ein Spieler mit vielen Qualitäten. Griechenland war ein dicker Brocken, wie die Niederlande oder Rumänien, und deshalb sind wir das Risiko gegangen, Eric mit in die Zentrale zu setzen. Die Idee ist, nicht unbedingt zu fünft hinten zu spielen, sondern über die Außen die gegnerische MitteWM-QUALI AM RANDE

o Rekord: Jeff Strasser wurde während der WM-Qualifikation neuer Rekord-Nationalspieler. Inzwischen sind es bereits 94 Länderspiele.

o Achter Sieg: Mit dem 2:1 in der Schweiz gelang der achte Sieg in einer Qualifikation (WM und EM).

o Platzverweis: Guy Hellers war nach seinem Platzverweis in Moldawien für das Auswärtsspiel in Israel gesperrt. Es war der einzige Platzverweis bis zu Ben Payals Gelb-Roten Karte in Athen.

o Volles Haus: Das Spiel gegen die Schweiz war das einzige ausverkaufte Heimspiel. Zudem machte Luxemburg in diesem Spiel erstmals Bekanntschaft mit einem Flitzer. zu suchen. Ein 4-4-1-1 ist mit Gilles Bettmer zwischen Mittelfeld und Angriff denkbar. Dann darf das Mittelfeld mit den vier Spielern aber nicht löchrig wie ein Sieb sein. Noch sind wir nicht so weit.

Die schönsten Komplimente:
In einer Hinsicht war die Kritik der griechischen Journalisten, die sich über die Härte im Luxemburger Spiel beschwerten, sicher das schönste Kompliment. Das beweist, dass die Griechen nicht in der Lage waren, sich kontinuierlich aus dem Spiel heraus gute Chancen herauszuspielen. Seit ein paar Spielen respektieren uns die Gegner noch mehr, das sieht man auch daran, dass die Gegner alles auf Standards setzen. Ottmar Hitzfeld sagte, dass die Luxemburger Spieler, anders als Moldawien, nie aufgeben.

Individuelle Stärken:
Das Gesamtgebilde muss im Vordergrund stehen. Es gab keinen Spieler in dieser Kampagne, der herausragte. Individuell sind wir nicht stark genug, um mit den Gegnern rivalisieren zu können.

29 eingesetzte Spieler:
Enorm viele. Ich will, noch nicht in der nächsten Qualifikation, sondern in der übernächsten, ein wirklich wettbewerbsfähiges Team haben. Bis dahin werden noch einige Spieler gehen und andere kommen. Das soll ein Team sein wo wir sagen können, jetzt arbeiten wir an anderen Automatismen als bislang. Wenn es gefunden ist, hoffentlich mit mehreren Profis, können wir vielleicht daran denken, mal Dritter oder Vierter zu werden.

Zukünftige Nationalspieler:
Die Spieler müssen eine gesunde Lebenshygiene haben. Wenn ich sehe, dass ein Spieler sich nicht mehr voll reinhängt, wird es für den schwer.

Tor:
Hinter Joubert klafft eine große Lücke. Marc Oberweis hat Probleme mit dem Druck auf internationalem Plan. Ich erkenne ihn nicht wieder, wenn ich ihn mir bei Jeunesse anschaue und dann bei Länderspielen. Wenn er die mentale Stärke findet, ist er die Nummer zwei. Fabiano Castellani haben wir erklärt, wie die Situation ist. Er weiß, dass z.B. gegen Island eine andere Nummer zwei dabei sein wird. Das kann Yan Heil sein, Lex Menster oder Oberweis. Was mich bei Marc am meisten enttäuscht hat, war, dass er nach Bekanntgabe des Kaders für Eindhoven nicht zu mir gekommen ist und gefragt hat, warum er nicht dabei war.

Abwehr:
Da steht ein Junge wie Kevin Malget bereit. Guy Blaise, Eric Hoffmann und Jeff Strasser sind aber noch einen Tick besser. Mit seiner Erfahrung ist Jeff Strasser immer noch ein Plus. Ich hoffe, dass er minimum noch zwei Kampagnen spielt. Warum nicht, wenn er körperlich fit bleibt? Die erste Bilanz von Guy Blaise ist sehr positiv. Mario Mutsch würde gerne höher spielen. Hinten links ist aber derzeit keiner da, der sich anbietet.

Mittelfeld:
Gilles Bettmer spielt manchmal Alibi-Zweikämpfe. Was das Technische anbelangt, verdient er absolut seinen Platz. Er könnte aber noch mehr zeigen. Er hat Kapazitäten, um eine Chefrolle zu übernehmen. Sollte er aber nach Luxemburg zurückkehren, täte er einen Schritt zurück. René Peters ist der Spieler, den ich derzeit auf keinen Fall weglassen würde. Er hat ein enormes defensives Niveau und Stellungsspiel, das sonst kein anderer Luxemburger Spieler hat. Offensiv muss er sich steigern. Derzeit könnte ihn niemand ersetzen. Ben Payal, trotz seiner „35 kg“, schlüpft ganz automatisch in eine Leaderrolle rein. Er schöpft seine Möglichkeiten auf dem Spielfeld maximal aus, kann aber noch einen Schritt nach vorne tun. Joël Pedro ist der perfekte Ersatz im Mittelfeld, ihm fehlt nur noch die Erfahrung, und Tom Laterza war jetzt dabei, um zu lernen.

Angriff:
Dan Da Mota hat in den Jugendkategorien bestimmt jede Saison 50 Tore geschossen. Da war er bestimmt der Beste, der Schönste. Er muss endlich verschiedene Dinge kapieren, sonst gehört er nicht mehr zum Kader. An Kitenge, der im Verein nicht so glänzt, ist bei der Nationalmannschaft eigentlich nie was auszusetzen. Er hat verstanden, was wir von ihm verlangen, auch Pupovac versteht es, sich zu zerreißen. Bensi hätte jetzt dabei sein können, wenn er nicht krank gewesen wäre. Er hat aber einen Fehler gemacht, als er nach Düdelingen gewechselt ist. Joachim muss seine Examen schon wieder wiederholen, wenn er keine Lust mehr hat, hat er eben keine Lust mehr. Der junge Maurice Deville ist auch sehr interessant. 

Gegentore nach Standards:
Wir müssen noch intelligenter spielen, weniger unnötige Fehler machen und Ecken verursachen, um weniger Standardsituationen gegen uns zu haben.

Die fünf Punkte:
Das tut unendlich gut. Wir waren seit den famosen zehn Punkten lange nicht mehr in der Lage, so viele Punkte zu holen. Wobei die damalige Mannschaft wesentlich mehr Erfahrung hatte. Jetzt wissen die Spieler, dass etwas möglich ist, wenn sie an sich glauben. Platz fünf ist ein weiteres Plus. Mein langfristiges Ziel ist es, mit einem Team mal Dritter oder Vierter zu werden. Das ist momentan aber noch zu hoch gesteckt.

EM-Qualifikation 2012:
Einen Topf höher zu klettern bei der Auslosung hätte es uns ermöglicht, gegen Nationen zu spielen, gegen die noch der ein oder andere Punkt möglich gewesen wäre. Dass wir nicht höher stehen bedeutet aber auch, dass die anderen Mannschaften nicht schlafen. Also müssen wir noch mehr unternehmen, um zu steigen. Seit ich Trainer bin, haben wir leider noch nie eine sehr attraktive Gruppe erwischt. Eine Sechser-Gruppe bevorzuge ich, weil das zwei Spiele mehr sind. Das ist es, was die Mannschaft braucht, sie muss spielen.

Dienstag/Freitag:
Die neuen Spieltermine. Ich hoffe, dass die Verbände sich einig werden, wann gespielt wird, und nicht die UEFA entscheiden muss. Wir dürfen auf keinen Fall dorthin kommen, dass wir samstags spielen und dienstags, nur um eine Nacht im Hotel einzusparen. Sonst kriechen die Spieler beim zweiten Spiel wirklich auf den Knien herum.

Lehrgang:
Ich will den Lehrgang während der letzten Januar-Woche abhalten. Im März ist ein Datum für ein Länderspiel frei. Weiter versuchen wir für Juni, und da sind wir wirklich stark damit beschäftigt, zwei Mannschaften zu finden, die zur WM fahren. Oder eine, die nicht dorthin fährt. Eine Mini-WM wie damals gegen Portugal, die Ukraine und die Türkei.

Vertrag:
Ich würde alle Angebote, ob Profiklub oder Nationalmannschaft, ablehnen. Ich bin stolz, Luxemburger zu sein, und will mit Luxemburg etwas erreichen. Ich hatte die Gelegenheit, zu einem Profiklub zu wechseln …