Fussball: Guy Hellers: „Es sind nicht nur Schafe im Team“

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Am Samstag startet die Luxemburger Nationalmannschaft in die WM-Qualifikation für 2010. Auftaktgegner ist Griechenland, der mutmaßlich stärkste Gegner./Kim Hermes

Seit Montag hat Nationaltrainer Guy Hellers seine Schützlinge zum Lehrgang in Lipperscheid versammelt. Die gute Nachricht ist, dass alle Spieler fit sind und die bisherigen Trainingseindrücke den Coach auch zufrieden gestellt haben. Die Einheit von gestern Morgen wurde jedenfalls abgeblasen. Stattdessen studierte man auf Video den Gegner von morgen Samstag. Der richtige Zeitpunkt, um mit Hellers vorauszublicken, aber auch zurück, etwa auf die völlig verpatzte Generalprobe gegen Mazedonien (1:4).

Wenn die FIFA-Rangliste irgendwelche Aussagekraft hat, wird Luxemburg jedes Spiel der WM-Qualifikation haushoch verlieren. Und zu Beginn warten dann noch gleich die härtesten Brocken. Griechenland und die Schweiz: „Ich bin froh, dass wir gleich zu Beginn auf die Großen treffen“, so Hellers, „ich mag es lieber, von Beginn an mittendrin zu sein. Aber auch die anderen Teams stehen weit über uns. Wir müssen einsehen, dass wir derzeit nicht die Möglichkeit haben, unter den 100 besten Teams der Welt zu sein. Das wird wohl erst der Fall sein, wenn wir ein halbes Dutzend Profis haben. Daran arbeiten wir, aber das dauert halt.“

Kontrollierte Offensive: Dafür ist Griechen-Trainer Otto Rehhagel bekannt. Kritiker meinen: Antiquiert und nicht mehr zeitgemäß. Und Hellers: „Das ist ein sehr starkes und solides Team. Sie stehen kompakt und kennen sich gut. Außerdem haben sie einen guten Trainer und auch technisch sehr beschlagene Individualisten. Im Prinzip werden sie mit einem 1:0-Sieg zufrieden sein, da sie eher defensiv ausgelegt sind, aber wenn es mehr für sie werden kann …“

Die Generalprobe gegen Mazedonien (1:4) hätte gar nicht gründlicher daneben gehen können. Hellers aber versucht – was bleibt ihm anderes übrig – das Positive zurückzubehalten: „Das Spiel gegen Mazedonien war in meinen Augen kein totaler Reinfall. Vom Resultat her ja, aber ich wollte sehen, wo die Spieler stehen. Taktisch werden wir mit Sicherheit anders auftreten in der Qualifikation.“

Gegen Mazedonien hatte Luxemburg es mal anders versucht. 4-2-3-1, davor hatte der Trainer immer wieder vom 4-4-2 geredet, seinem „Lieblingssystem“. Gespielt hat das FLF-Team aber meistens 4-5-1 oder 5-4-1. Und morgen? „Mit Sicherheit nicht das 4-2-3-1 wie gegen Mazedonien. Das werden wir in der Qualifikation nicht spielen. Aber man kann verschiedene Elemente aus diesem Versuch übernehmen. Es wird ein 5-4-1 oder ein 4-5-1. Das entscheidet sich in den letzten Trainingseinheiten.“

Ein Stammplatz im Verein ist derzeit offenbar für die Nationalmannschaft nicht mehr zwingend verlangt. Was bei den Profis aber für Luxemburg mehr als normal ist, trifft derzeit auch auf Fortis-Ligue-Spieler zu. „Es gibt Sachen, die sich auf Vereinsebene abspielen, die ich natürlich nicht weiß und über die ich mir daher auch kein Urteil erlaube. Es geht mich auch nichts an, außer ich werde gefragt. Aber die Jungs, die ich schon als Jugendspieler hatte, brauche ich nur zwei Minuten zu sehen, um zu wissen, woran ich bin. Deshalb ist es mir auch wichtig, weiter in der Jugendarbeit tätig zu sein. Jugendspieler täuschen nämlich keinen. Da weiß man gleich, wo sie stehen.“

Aurélien Joachim oder Joël Kitenge. Ersterer schien lange Zeit gesetzt, wurde aber immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen. Kitenge hingegen zeigt eine steigende Tendenz. Er trifft in der Nationalmannschaft und im Verein. „Joël hat derzeit einen leichten Vorteil. Er ist physisch und mental top drauf, er ist pünktlich und er will wirklich. Aber auch Aurélien gibt hier alles. Vielleicht finden wir ja einen Weg, beide spielen zu lassen. Von daher ist es gut, noch ein paar Trainingseinheiten zu haben.“

Sébastien Remy hat seine Nationalmannschafts-Karriere beendet. Und damit fehlt dem Team der unumstrittene Leitwolf, denn der Düdelinger war Hellers‘ „verlängerter Arm auf dem Platz“. Froh stimmt den Coach im Moment, dass im Team jetzt mehrere Spieler sich für diese Rolle bereit fühlen. „Ich stelle keine Hierarchie auf, das muss vom Team kommen und nicht vom Trainer. Ein Spieler muss das kraft seiner Präsenz auf dem Platz und durch seine Persönlichkeit sein. Und im Training gab es kleine Reibereien, wo man merkt, dass mehrere Spieler diese Rolle annehmen wollen. Das ist gut, denn es zeigt, dass wir nicht nur Schafe im Team haben, sondern auch Jungs mit Charakter.“

Mit dem Sieg gegen Weißrussland im vergangenen Jahr hat Luxemburg nach langen mageren Jahren endlich wieder in einer Qualifikation gepunktet. Das schürt Erwartungen. Weniger als 2007 dürfte das Publikum kaum gelten lasse, aber oft hat Luxemburg vor allem gegen die Teams enttäuscht, die vermeintlich in seiner Reichweite lagen: „Gegen die kleineren Teams werden höhere Erwartungen an das Team herangetragen. Durch Presse und Publikum“, versucht Hellers Druck wegzunehmen, „aber das darf sich die Mannschaft als Verdienst anrechnen. Und vor allem gegen solche Teams wollen die Jungs auch etwas zeigen und ein Resultat machen, aber die Mannschaft ist noch zu jung, zu unreif. Diesen Schwung müssen wir besser steuern. Und nach den Resultaten 2007 ist klar, dass mehr erwartet wird, aber den Druck mache ich mir nicht. Ein Ziel zu erreichen ist eine Sache, zu bestätigen aber schwieriger.“