/ Fußball-Ausnahmezustand in der Römerstadt
Schon seit Tagen grassierte das Pokalfieber in Trier. Die Römerstadt war heiß auf das Achtelfinale der Eintracht gegen Köln. Stunden vor dem Spiel befand sich Luxemburgs Nachbarstadt im Ausnahmezustand. Der Weg zum Moselstadion war beschwerlich, schon zwei Stunden vor Anpfiff waren die Zuschauerränge gut gefüllt. / Christophe Junker (Text), Gerry Schmit (Fotos)
Und mittendrin viele Luxemburger, die schon vor dem Anpfiff eine kleine Enttäuschung hinnehmen mussten. Ihr 17-jähriger Landsmann Pit Hess stand nicht im Eintracht-Kader. Eintracht-Coach Mario Basler begründete diese Maßnahme nach dem Spiel wie folgt: „Das hatte damit zu tun, dass einige Stammspieler wieder zum Team gestoßen sind.“
Eine erste Überraschung gab es auch für die Gästemannschaft des 1. FC Köln. Bei der „Reise in die Provinz“ durften man nicht mit dem Mannschaftsbus bis ins Stadion einfahren. Vor den Toren war Endstation und die Spieler erlebten ihr erstes Bad in der Menge: Poldi zum Anfassen.
Dass die Stimmung im Stadion erstklassig sein würde war sicher, binnen zwei Stunden waren sämtliche Tickets vergriffen. Und dass die Trierer ein Fußballfest zelebrieren können, haben sie schon öfters unter Beweis gestellt. Da passt einfach alles, vom Einmarsch der Römer bis hin zu den Fangesängen. Das Salz in der Fußballfest-Suppe waren die Kölner Fans, die die Südkurve bevölkerten und ein Fünftel des mit 10.800 Zuschauern ausverkauften Moselstadions ausmachten. Stimmlich aber waren sie den Eintracht-Fans überlegen. Schließlich sind die Kölner bekannt für ihren Frohsinn, und außerdem bundesligaerfahren. Und die Reise nach Trier war mit 150 km quasi ein Katzensprung.
Rund um das Stadion lief alles ruhig ab. Die 120 Sicherheitskräfte hatten alles im Griff. Für die kleinen Wehwehchen am Rande halfen die Rettungsmannschaften mit 20 Leuten Personal aus. Die Trierer waren also gut gerüstet. Das große Ereignis wurde gewissenhaft vorbereitet, vor allem sollte niemand Durst oder Hunger leiden.
Selbstbewusst
Selbstbewusst trat die Eintracht an. Schließlich ist man Herr in der Römerfestung. Kölns Bundesligakonkurrent Hannover und Zweitligist Bielefeld mussten die bittere Erfahrung machen. Dementsprechend nahmen die Trier-Fans den Stimmungs-Wettkampf an. Ein erster Dämpfer wurde den Blau-Schwarzen in der 25′ mit dem 0:1 verpasst, nur 4′ später sang nur noch die Südkurve (0:2): „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin.“
Der Schock saß tief bei den Eintracht-Fans. Erst ein Doppelwechsel von Coach Mario Basler weckte die Anhänger aus der Lethargie. Als die eigene Mannschaft dann auch noch die ersten zaghaften Angriffe startete, keimte Hoffnung auf … und die Unterstützung.
Nach dem Pausentee kochte die Eintracht-Seele wieder hoch. Spätestens nach dem 0:3 von Maniche badete aber nur noch Köln in seinen Jubelgesängen, während auf der anderen Seite fast erwartungsgemäß die ersten, vereinzelten Pfiffe kamen.
Nach dem Spiel gab Kölns Trainer Zvonimir Soldo ein kurzes Statement ab: „Kompliment an meine Mannschaft, sie ist sehr professionell, konzentriert und diszipliniert aufgetreten. Zudem hat sie in den richtigen Momenten die Tore geschossen und ist daher auch verdient weitergekommen.“
Für Gelächter sorgten kurz vor Spielschluss die Kölner Fans, die mit „Basler raus“-Rufen auf sich aufmerksam machten. Das Thema sollte auch noch in der Pressekonferenz für Gelächter sorgen, als Mario Basler auf eine mögliche Entlassung angesprochen wurde. „Das haben doch die Kölner Fans gesungen, nicht die Eintracht-Fans.“ Dann meinte ein Journalist, über einen Trainer-Rauswurf sei auch auf der Tribüne gesprochen worden, woraufhin Mario Basler das Frage-Antwort-Spiel kurzerhand umdrehte. Basler zum Journalisten: „Haben Sie je Fußball gespielt?“ Journalist: „Nein.“ Basler: „Waren Sie je Trainer?“ Journalist: „Nein.“ Basler: „Ich rate Ihnen, werden Sie nie Trainer. Denn nach vier, fünf Niederlagen wird der Trainer immer in Frage gestellt.“ Im VIP-Zelt, wo die PK abgehalten wurde, sorgte jede Frage und jede Antwort natürlich für reichlich Gejohle.
Zum Spiel selbst meinte der ehemalige Bundesligastar: „Ich muss Köln gratulieren, sie haben verdient gewonnen. Nach dem 0:1 wollten sie nachlegen, das ist ihnen gelungen. Wir haben in der Kabine über das 0:2 gesprochen. Köln hat uns aber nicht den Gefallen getan wie Bielefeld, wo wir auch mit 0:2 zurücklagen. Bielefeld hat damals sieben Spieler geschont, während Köln heute seine erste Mannschaft aufgeboten hat. Wir strotzen derzeit nicht vor Selbstvertrauen. Ich hab nicht damit gerechnet, dass wir ins Endspiel nach Berlin fahren. Einige im Stadion haben das sicher gedacht. Wir haben uns in den ersten paar Minuten ordentlich verkauft. Irgendwo bin ich froh, dass diese Möglichkeit DFB-Pokal aus den Köpfen ist und wir am Samstag wieder damit anfangen, Punkte zu sammeln. Man hat gesehen, warum es eine erste Bundesliga gibt und auch warum es eine vierte Liga gibt.“
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