Frank Schleck will am mythischen Berg ein weiteres Kapitel schreiben

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Zum zweiten Mal fahren Frank Schleck und Kim Kirchen heute bei der Tour de France die Alpe d’Huez hinauf. Frank hat dort seinen „Titel“ zu verteidigen. Für Andy Schleck ist es der erste Anstieg des mythischen Berges in den Alpen.

L’Alpe d’Huez steht bereits zum 26. Mal im Streckenplan der Tour de France, doch selten kam dem 13,8 Kilometer langen und durchschnittlich 7,9 Prozent steilen Anstieg so enorme Bedeutung zu wie in diesem Jahr. Wegen der kompakten Spitze müssen schwächere Zeitfahrer wie Frank Schleck oder Bernhard Kohl hier entscheidende Minuten herausfahren, um ihre Chancen bis zum Zeitfahren vom Freitag intakt zu halten.
Ihre Bedeutung für den Radsport verdankt die Alpe d’Huez dem Anstieg von Le Bourg-d’Oisans hinauf. Mit seinen 21 Kehren ist er neben dem Col du Galibier, dem Col du Tourmalet und dem Mont Ventoux einer der berühmtesten Anstiege der Tour de France.

Der Mythos  Alpe d’Huez

1952 fand zum ersten Mal eine Bergankunft in der Retortensiedlung statt, die der italienische „Campionissimo“ Fausto Coppi für sich entschied. Erst 24 Jahre später – im Jahre 1976 – besuchte die Tour L’Alpe d’Huez ein zweites Mal. Seitdem stehen die rücklaufend nummerierten 21 Kehren regelmäßig im Programm der wichtigsten Radrundfahrt der Welt.
Lediglich in den Jahren 1980, 1985, 1993, 1996, 1998, 2000, 2002, 2005 und 2007 stand Alpe d‘Huez nicht im Streckenplan der Tour. Wegen der Schwere des Anstiegs und aufgrund der Tatsache, dass sich dort mit wenigen Ausnahmen die ganz Großen des Radsports durch ihre Siege verewigt haben, hat ein Etappensieg auf der Alpe d’Huez eine besondere Bedeutung sowohl für die Fahrer als auch für die Zuschauer. Deshalb ist auch oftmals vom „Mythos L’Alpe d’Huez“ oder vom „mythischen Berg“ die Rede.
Die Namen der Etappensieger sind in den 21 Kehren aufgelistet, beginnend mit dem ersten Sieger in der 21. Kehre. Da es seit Lance Armstrongs Sieg 2001 mehr Gewinner als Kehren gibt, hat man begonnen, die Schilder doppelt zu beschriften. Kehre 21 ist nun Fausto Coppi und Lance Armstrong gewidmet. Frank Schlecks Name steht zusammen mit demjenigen des Holländers Hennie Kuiper in Kehre Nummer 18.
Die Länge des Anstiegs beträgt 13,4 km. Auf einer Höhe von 760 m beginnen die 21 Kehren. Die Zielankunft liegt auf 1.850 m. Daraus ergeben sich ein zu bewältigender Höhenunterschied von 1.110 m und eine durchschnittliche Steigung von fast 8,0 Prozent. In der Spitze sind Steigungen bis zu zwölf Prozent zu bewältigen.

Tausende Luxemburger

Die Geschichte der Tour ist eng verknüpft mit den Leiden und Heldentaten der großen Stars. 2001 demütigte hier Lance Armstrong seinen Rivalen Jan Ullrich, als er den erschöpften Deutschen provozierend anschaute, dann attackierte und ihn wie einen Anfänger stehen ließ. Es war der erste von zwei Armstrong-Siegen auf der „Alpe“. Der Amerikaner sicherte sich 2004 mit dem Sieg im bisher einzigen „contre-la-montre“ seinen siebten Tour-Triumph. Der inzwischen verstorbene Marco Pantani rauschte 1997 im Jahr des Tour-Siegs von Jan Ullrich den Berg in 37:35 Minuten hoch und stellte damit den heute noch gültigen Streckenrekord auf. Armstrong war sieben Jahre später nur eine Sekunde langsamer.
Auch Kim Kirchen bestritt hier das Bergzeitfahren von 2004. Für ihn steht heute genau wie für Frank Schleck der zweite Anstieg auf dem Programm. Schleck schaffte vor zwei Jahren auf Anhieb die Sensation, als er seinen Fluchtbegleiter Damiano Cunego im Anstieg abhängte und solo im Ziel eintraf, wo seine Eltern und Freunde auf ihn warteten. Auch diesmal ist mit einem heißen Empfang für die drei Luxemburger zu rechnen, da die „Alpe“ seit zwei Tagen fest in der Hand von Schlachtenbummlern aus dem Großherzogtum ist. Überall wehen weiß-blaue Fahnen mit dem roten Löwen.
Vor über 20 Jahren war das noch anders. In den 70er und 80er Jahren nannte man den Anstieg, bei dem rund eine Million Zuschauer für Party-Stimmung sorgen, auch „Berg der Holländer“. Zwischen 1976 und 1989 siegte achtmal ein Niederländer, was die radsportbegeisterte Nation dazu brachte, den Gipfel als „höchsten Berg Hollands“ zu annektieren.
1990 leitete Gianni Bugno italienische Zeiten ein, die mit Giuseppe Guerinis Sieg neun Jahre später ihren dramatischen Höhepunkt erlebten. Der damals Führende wurde kurz vor dem Ziel von einem Zuschauer, der ein Foto von ihm machen wollte, zu Fall gebracht. Aber Guerini rappelte sich auf und wurde dennoch Erster. Der Mythos Alpe d’Huez war um ein weiteres Kapitel reicher.
P.L.


Palmarès
1952: Fausto Coppi (ITA)
1976: Joop Zoetemelk (NED)
1977: Hennie Kuiper (NED)
1978: Hennie Kuiper (NED)
1979: Joaquim Agostinho (POR) 1980: Joop Zoetemelk (NED)
1981: Peter Winnen (NED)
1982: Beat Breu (SUI)
1983: Peter Winnen (NED)
1984: Luis Herrera (COL)
1986: Bernard Hinault (FRA)
1987: Federico Echave (ESP)
1988: Steven Rooks (NED)
1989: Gert-Jan Theunisse (NED)
1990: Gianni Bugno (ITA)
1991: Gianni Bugno (ITA)
1992: Andy Hampsten (USA)
1994: Roberto Conti (ITA)
1995: Marco Pantani (ITA)
1997: Marco Pantani (ITA)
1999: Giuseppe Guerini (ITA)
2001: Lance Armstrong (USA)
2003: Iban Mayo (ESP)
2004: Lance Armstrong (USA)
2006: Frank Schleck (LUX)